Niederschlag - ein Wyatt-Roman
gehortet hatte. Wyatt, ein Tyrann und Feigling, genau wie sein Bruder, Raymonds Vater.
»Sie bekommen Ihr Geld«, sagte Raymond.
Es gab noch eine Variante â Vallance mit Bildern im Wert von einer Million zu bezahlen.
Vallance musterte ihn skeptisch, dann aber lächelte er und packte die Prospekte zusammen. »Ich weiÃ. Ich habe vollstes Vertrauen zu Ihnen.«
»Ein Teil meines Kapitals ist gebunden«, sagte Raymond. »Ein GroÃteil davon ist in Kunst angelegt.«
Vallance blickte zweifelnd an Raymonds Wände: ein Formel-1-Bolide, ein Ken-Done-Druck.
»Nicht solcher Mist«, sagte Raymond. »Die richtigen Teile lagern in einem Tresor. Familienerbstücke.« Er nannte die Künstler, die Chaffey aufgezählt hatte.
Vallance schien interessiert. »Originale?«
»Mit dem, was mein Dobell einbringt«, sagte Raymond, »könnten Sie ein Schiff kaufen und erst recht mieten.«
»Nun«, sagte Vallance und stand auf, »ich bin durchaus nicht abgeneigt, doch wie ich bereits gesagt habe, brauche ich Bargeld.« Er sah auf seine Armbanduhr. »Bin in zwei Stunden zurück. Da sind noch ein paar Leute, denen ich die Prospekte zeigen möchte.«
Allie brachte ihn zur Tür, küsste ihn auf die faltige Wange, schloss die Tür, lehnte sich mit ihrem Hintern dagegen und warf Raymond ein müdes Lächeln zu. »Zwei Stunden.«
Sie löste sich von der Tür und ging mit nackten FüÃen und beschwingtem Schritt über den Teppich, nahm Raymonds Kopf in beide Hände und zog ihn zu sich heran. Dabei lachte sie hin und wieder lustvoll, ein dunkles Lachen tief aus ihrer Kehle. Sie zogen sich aus. »Was soll ich tun?«, hauchte sie, und Raymond streichelte sie, spürte ihre feuchte Erregung. »Gibâs mir mit deiner Möse«, sagte er und hörte wieder ihr Lachen, die pure Lust, die sie empfand. Er gab sich den Gefühlen hin, einer Art Dahingleiten. Sie tat ihm gut. Sie hatte die Macht, Denise Meickle aus seinem Kopf zu vertreiben.
Als es vorbei war, stützte sie sich auf einen Ellbogen und fuhr mit dem Finger über seinen Brustkorb. »Ich wünschte, ich könnte immer mit dir zusammen sein, anstatt mir hier und dort eine Stunde abzuknapsen.«
»Ich auch.«
Sie lachte schüchtern. »WeiÃt du, dass ich zum ersten Mal seit langer Zeit mehr als eine Woche vorausplane?«
»Komme ich in deinen Plänen vor?«
Sie sagte einfach: »Ja.«
»Du willst mit dem alten Brian Schluss machen?«
Sie seufzte. »Es geht sowieso alles seinen Gang.«
»Es wird ihm nicht gefallen.«
Sie zuckte mit den Achseln. »Na und? Das ist der Lauf der Welt.«
»Sieh zu, dass er mich erst auszahlt, bevor du mit ihm Schluss machst«, sagte Raymond.
Sie sah ihn an. Er versuchte, den Blick zu ergründen. »Oder es ist endgültig Schluss mit ihm am Wrack, wenn du verstehst, was ich meine.«
Raymond ertappte sich dabei, dass er sagte: »Erinnerst du dich daran, dass ich gesagt habe, ich hätte Gemälde?«
»Ja.«
Raymond erzählte ihr von der Universität, der R.J.L. Hawke School of Burmese Studies. Er erzählte ihr von Wyatt, von dem Buschbanditen und dem Gefängnisausbruch, nicht um sich zu brüsten, sondern weil er wollte, dass sie es wusste.
Ihr Gesichtsausdruck war eine Mischung aus Ehrfurcht und Erregung. »So einer bist du also?«, stieà sie hervor.
SIEBENUNDZWANZIG
»Warum einen Lieferwagen?«, wollte Raymond wissen. »Warum nicht was Schnelleres?«
»Weil wir Aufsehen erregen, wenn wir mit einem Haufen Bilder herauskommen und versuchen, sie im Kofferraum deines Jaguars zu verstauen. Obwohl sie hineinpassen würden.«
»Es geht also um Tarnung.«
»Ja.«
Sie saÃen vis-à -vis des R.J.L.-Hawke-Gebäudes, Schinkensandwiches und Dosen mit Mineralwasser zwischen sich im Gras, und gingen alles durch. Möwen lauerten auf Krumen, Studenten schlenderten vorbei, die Frauen mit Büchern vor der Brust, die Männer ohne.
Raymond biss sich auf die Unterlippe. »WeiÃt du noch, wie du den Picasso gestohlen hast?«
Wyatt nickte.
»Es wird erzählt, dass du dich die Nacht über in dem Gebäude versteckt hast und am anderen Tag einfach hinausmarschiert bist, mit dem Gemälde.«
»Ja.«
1986 hatte ein zwielichtiger Kunsthändler aus Prahran Wyatt angeheuert, die Weinende Frau aus der National Gallery in der
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