Niedertracht. Alpenkrimi
der Niesreiz übermannte auch ihn, er blieb stehen und prustete laut los. Als er weiterspurtete, lief er dem Hausmeister in die Arme. Hausmeister Mehl, eher das Darmol-Männchen mit Nachthemd und Zipfelmütze, hatte sich oben in seiner Wohnung lediglich das Stichmesser vom Nachtkästchen gegriffen und ging damit, die Kräfteverhältnisse und Bewaffnungsunterschiede nicht richtig einschätzend, auf Manzini los. Swoboda hörte von seinem luftigen Versteck aus keuchendes Gerangel, ein Splittern, das Fallen von Bildern. Manzini versetzte dem Hausmeister schließlich einen wuchtigen Schlag in die Magengegend. Dann eilte er nach unten.
Swoboda wollte das Gebäude nicht wieder betreten. Er hatte nicht vor, etwas zu riskieren. Er dachte an Hausmeistertöchter mit spitzen Scheren und heißen Bügeleisen, Kalfaktorengattinnen mit geschärften Küchenmessern und Pfefferspraydosen – Swoboda nahm lieber den Blitzableiter nach unten. Als er die zwei Stockwerke glücklich überwunden hatte, brannten seine Hände wie Feuer, aber für was brauchte er jetzt seine Hände. Seine Beine brauchte er, um schnell zu laufen. Er blickte noch einmal um, Manzini kam bereits angespurtet, in beiden Händen hielt er eine Waffe, er hatte sie hoch erhoben, er zielte auf die Jugendlichen, die Odore in der Mangel hatten. Doch die blendeten ihn mit einer Salve von Lichtstrahlen. Und in diesem Spot-Feuerwerk sah man es: In der rechten Schulter Rocco ›Joe‹ Manzinis steckte ein mittelgroßes Messer mit einem zitternden Griff aus kunstvoll geschnitztem Hirschhorn. Die Schläger ließen von Odore ab und stürmten auf den anderen Italiener zu – genau diesen Augenblick nutzte Swoboda, um ins Unterholz zu tauchen und an ihnen vorbeizuhuschen. Er kletterte die Mauer hoch, von der er vorher heruntergesprungen war. Das Hochklettern war wesentlich mühsamer, aber hinter ihm waren zehn rechtsradikale Schläger, ein Mafiakiller und ein Hausmeister, der vermutlich gerade sein Ersatzstichmesser holte – die Mischung beflügelte Swoboda. Mit letzter Kraft zog er sich auf die Mauer. Verdammt, sie hatten eine Wache abgestellt! Ein glatzköpfiges Jüngelchen mit Baseballschläger. Swoboda betrachtete seine Hände. Vom Unterarm abwärts bestanden sie nur aus Schmerz. An der rechten Hand hing die Haut in Fetzen herunter, er blutete stark. Kurz entschlossen fuhr er sich damit ein paar Mal über das Gesicht. Dann sprang er von der Mauer auf die Mülltonne, der Baseballschläger drehte sich um.
»Wir haben die Sau da drin gefasst!«, sagte Swoboda markig, jung und in seinem besten Bayrisch. »Der Chef will, dass du reinkommst. Ich halte solange Wache.«
»Was ist mit dir?«, fragte der Baseballschläger und deutete auf Swobodas Gesicht.
»Nur ein Kratzer«, sagte Swoboda. Das wollte er schon immer mal sagen. Der Baseballschläger kletterte auf die Tonne. Als er über der Mauer verschwunden war, lief Swoboda weiter, wieder Richtung Marktplatz. Am Brunnen wusch er sich Hände und Gesicht. Es dämmerte bereits, als er auf dem Schratzenstallerischen Anwesen ankam. Alois war schon auf.
»Was ist denn mit dir passiert?«, fragte Schratzenstaller.
»Nur ein Kratzer«, wiederholte Swoboda.
31
Faust Habe nun, ach!
Klassischer Jodler
(Auf dem Polizeirevier)
Polizeiobermeister Ostler (tippt in die Schreibmaschine) Nachdem der Verdächtige versucht hatte, durch das Fenster zu fliehen, blieb er in demselben stecken –
Ein Mann (tritt ein) Guten Tag.
Ostler (ohne aufzusehen) Ja, Grüß Gott, wartens’ einen Moment, ich bin gleich fertig.
Mann Ich hätte aber einen dringenden Fall.
Ostler Dieses Protokoll noch, dann sind Sie dran. – blieb er in demselben stecken – Warum stehen Sie denn so da? Setzen Sie sich bitte.
Mann Mein Fall ist wirklich dringend.
Ostler Himmelherrgottnocheinmal! Ich bin gleich fertig, hab ich gesagt. Die Schwierigkeiten kamen dadurch zustande, dass der Tatverdächtige so im Fenster steckengeblieben ist, dass er von innen nicht ansprechbar war, so dass mein Kollege, Polizeiobermeister Hölleisen, das Gebäude verlassen und außen herumgehen musste – Also, wenn da jemand dauernd zuhört, kann ich mich nicht konzentrieren.
Mann Ich hör ja gar nicht zu.
Ostler Setzen Sie sich auf den Stuhl da, bitte.
Mann Ich kann auch im Stehen nicht zuhören.
Ostler Gut, also, was wollen Sie jetzt? Sie haben gesagt, es eilt.
Mann Jetzt schreiben Sie halt Ihren Bericht in Gottes Namen noch schnell zu Ende, so eilt es mir auch wieder
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