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Niedertracht. Alpenkrimi

Niedertracht. Alpenkrimi

Titel: Niedertracht. Alpenkrimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Maurer
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aussieht.«
    »Und was sagen die Skinheads?«
    »Die sagen gar nichts. Die halten dicht.«
    »Sollen wir den Italiener noch einmal vernehmen?«
    »Seine Verwandten sind gekommen und haben ihn schon abgeholt.«
     
    Maria Schmalfuß ging durch den langen, neonbeleuchteten Gang, der zur Asservatenkammer des Polizeireviers führte. Sie blickte zerstreut in die zerknitterten Blätter, die sie in der Hand hielt. Sie wollte die Inhaltslisten der beiden Rucksäcke noch einmal mit den Gegenständen drinnen vergleichen. Die beiden Rucksäcke lagen auf dem ausnehmend hässlichen Resopaltisch eines kleinen, schmucklosen Raumes. Maria schloss die Tür und setzte sich. Irgendetwas hatten sie alle übersehen. Irgendetwas war ihnen nicht aufgefallen, da war sie sich ganz sicher. Die Gegenstände in den Rucksäcken waren fotografiert und vermessen worden, gewogen, bepinselt, durchleuchtet, dann wieder aus den Beweismittelbeuteln genommen und in die Rucksäcke zurückgegeben worden. Maria legte den Kopf in den Nacken und konzentrierte sich. Das kalte Neonlicht strahlte prall von oben, sie musste blinzeln. Dann starrte sie wieder auf die beiden Rucksäcke und dachte nach. Hansjochen Becker und seine Spurensicherer hatten die Gegenstände natürlich nicht in der ursprünglichen Reihenfolge wieder hineingelegt. Es war zwar alles dokumentiert und fotografiert worden, die Reihenfolge spielte aber ohnehin keine Rolle. Die Opfer hatten den Rucksack sicherlich immer wieder durchwühlt. Maria Schmalfuß beugte sich über den Rucksack der Frau. Die Frau mit den Zöpfen, Susanne Wieczorek, 32, Lehrerin, wohnhaft in Saarlouis. Sie verglich jeden einzelnen Gegenstand im Rucksack mit der Liste.
     
    Ganz oben fand sich ein einzelner Handschuh, eine kleine Fotokamera mit aufgeschraubtem Blitz, eine Rolle Nähgarn, ein leeres Päckchen, das einmal Fruchtbonbons enthalten hatte, zwei Kugelschreiber ohne Mine und ein verbogener Kuchenlöffel. Maria schob die Gegenstände beiseite, beugte sich über den Rucksack und starrte hinein. Sie nahm jetzt beide Hände zu Hilfe. Sie förderte einen noppigen alten Tennisball ans Licht, dann eine flache, fettverschmierte Dose mit Sonnenöl, eine kleine Muschel, eine Streichholzschachtel, einen Tannenzapfen und einen zerschlissenen Plüschhasen mit einem Auge, ein Stück Plastik, das irgendwann einmal der Griffschutz von einem Fahrrad war. Sie nahm den Griffschutz fest in die Hand und zog ihn aus dem Gewühl heraus. Der Griffschutz war noch an einer Lenkstange befestigt, die Klingel darauf hatte keine Kappe mehr. Sie räumte ein Bündel getrockneter Ahornblätter beiseite, einen Stapel Zeitungspapier, ein paar Bücher, eine Kiste mit leeren Marmeladengläsern, eine zerschlagene Beethoven-Büste, schließlich wischte sie den Staub vom Sattel ab. Das Fahrrad ließ sich jetzt mühelos herausnehmen, sie schwang sich darauf und fuhr los. Es war ein altmodisches Fahrrad ohne Gangschaltung, aber abgesehen von der beschädigten Klingel war es noch gut in Schuss. Das Wetter war prächtig, sie atmete die würzige Luft ein, grüßte einige Nachbarn und kam endlich an ihrem kleinen Vorstadthäuschen an. Sie stieg ab und lehnte das Rad an den Gartenzaun. Stolz blickte sie in den gepflegten Garten, dessen Rasen frisch geschnitten worden war. Oben im ersten Stock öffnete sich das Fenster, und Hubertus Jennerwein blickte heraus.
    »Hallo Schatz«, rief er, »denkst du daran, dass wir heute die Hölleisens eingeladen haben?«
    »Ja, das Essen steht schon im Ofen«, wollte sie sagen, aber sie brachte kein Wort heraus.
    »Was gibt es denn Feines? Hallo, Maria! Maria! Was ist los?«
    »Nudelauflauf«, wollte sie sagen, aber die Stimme versagte ihr wieder.
    »Maria!«
     
    Hubertus Jennerwein war jetzt ganz nahe an ihrem Ohr.
    »Hallo, Maria, ist Ihnen nicht gut?!«
    Maria öffnete die Augen und blickte in die von Jennerwein. So nahe waren sie sich nie gewesen. Doch an ihrer Yijing-mu-Technik musste sie noch arbeiten. Schon beim autogenen Training war sie immer eingeschlafen, das fernöstliche Konzentrationszeug schien aber auch nicht viel besser zu funktionieren.
    »Kommen Sie bitte mit in den Konferenzraum«, sagte Jennerwein. »Ich möchte, dass alle bei der Besprechung dabei sind.«
     
    »Ich muss Sie leider enttäuschen«, sagte Becker. »Auf der Felsnadel, die vielen Gaffern als Beobachtungsposten gedient hat, waren keine brauchbaren Spuren mehr zu finden. Alles zertrampelt, alles voller Unrat und Abfall.«
    »Wir hätten diese

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