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Niedertracht. Alpenkrimi

Niedertracht. Alpenkrimi

Titel: Niedertracht. Alpenkrimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Maurer
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geben. Wir springen zurück in dieses märchenhafte Jahr 2006. Im Endspiel hat Frankreich gegen Italien gespielt, Italien ist damals Weltmeister geworden. Vier Jahre später, bei der WM 2010 in Südafrika, sind die Katzelmacher dann auf klägliche Weise ausgeschieden. Die nächste WM ist 2014 in Brasilien. Und jetzt rate einmal, was wir für einen Auftrag haben. Wir werden dafür sorgen, dass Italien Weltmeister wird. Entweder beim nächsten Mal oder spätestens vier Jahre darauf. Und mit diesem Vorhaben, das aus einem Spiel mit unsicherem Ausgang eine voll durchgeplante Generalstabsaktion macht, lässt sich unendlich viel Geld verdienen.«
    Swoboda setzte sich wieder zu Schratzenstaller an den Küchentisch und tat verschwörerisch.
    »Die Idee zu diesem Projekt ist der Familie beim WM -Endspiel 2006 gekommen. In dem erwähnten Endspiel Italien gegen Frankreich ist in der 109. Minute eine sehr merkwürdige Sache passiert. Auch absolute Fußballmuffel haben die Bilder gesehen. Der französische Spielmacher, der absolute Fußballgott und Weltfußballer Zinédine Zidane, fliegt nach einem gezielten Kopfstoß gegen den Italiener Marco Materazzi mit Rot vom Platz. Alle fragen sich, was den Zidane jetzt so furchtbar narrisch gemacht hat. Die offizielle Version ist die, dass Materazzi den Franzosen am Leiberl festgehalten hat, der Franzose dann mit dem uralten Standardspruch gekommen ist: Wenn du willst, kannst du das Trikot nach dem Spiel haben! Materazzi gibt eine Antwort, die einen noch längeren Bart hat: Deine Schwester wäre mir lieber. Das ist zwar saugrob, sicherlich, aber ist es nicht sonderbar, dass Zidane deswegen vor hundert Millionen Zuschauern so ausrastet und sein Wahnsinns-Image und den möglichen WM -Titel mit einem unbeherrschten Kopfstoß zerstört?«
    »Ja, davon habe ich gehört.«
    »Irgendwie klingt die Geschichte zu konstruiert. Viele haben den Verdacht, dass der Materazzi ganz was anderes gesagt hat.«
    »Und was?«
    »Das weiß kein Mensch. Aber genau dieser Vorfall war der Anstoß für unser Projekt
Campioni del mondo
. Wir haben da nämlich gesehen, wie strategisch bedeutsam es ist, einen gegnerischen Spieler unbrauchbar zu machen, indem man ihm kurz vor dem Spiel oder während des Spiels etwas zuruft, was ihn völlig aus der Fassung bringt. Und jeder Mensch hat so eine Schwachstelle.«
    »Ach ja?«
    »Ganz sicher, Schratzenstaller. Ich, du, der Klomann an der Raststätte, der Bundespräsident und Jesus. Alle haben sie eine Schwachstelle. Es kann ein Geheimnis sein, eine üble Geschichte aus der Vergangenheit, die unter keinen Umständen an die Öffentlichkeit soll. Irgendetwas Ekliges, Undelikates, Charakterschwaches. Dass er in seiner Jugend Tiere gequält oder regelmäßig den Nachbarsjungen verprügelt hat. Dass er kannibalische Phantasien hat oder von der Nachbarstochter verprügelt worden ist. Es kann auch etwas ganz Normales sein, das aber im Kontext der Nationalmannschaft vollkommen tabu ist: Wenn er zum Beispiel schwul ist oder mit der Frau des Trainers ein Verhältnis angefangen hat. Es kann etwas gänzlich Harmloses sein, das aber so ins Private hineingeht, dass es schmerzt – die Erinnerung an eine alte Liebe zum Beispiel oder einen verstorbenen Freund.«
    »Irgendeine alte Wunde, die aufgerissen wird?«, sagte Schratzenstaller leise. »Mitten in einem Spiel, bei dem Hunderttausende von Leuten zuschauen. Das ist ein teuflischer Plan.«
    »Dann kann es natürlich, im Gegenteil, auch was richtig Kriminelles sein: Drogenhandel, eklige Spielarten des geschlechtlichen Verhaltens, üble finanzielle Machenschaften. Und zum Schluss kann es etwas Stinknormales sein, etwas, das zwar jeder wissen dürfte, das aber den Angesprochenen dadurch erschreckt, dass er sich fragt, woher um Gottes Willen der andere denn diese Information hat. Verstehst du: Woran Teampsychologen, Trainer und Mannschaftsberater das ganze Jahr arbeiten, nämlich dass die Sportler während dieser neunzig Minuten tunneln, abschalten, bündeln und sich voll und ganz auf ihre abzurufende Leistung konzentrieren – diese Arbeit wird mit einem völlig unerwarteten Satz über den Haufen geworfen.«
    »Du flüsterst dem Torhüter kurz vor dem Elfmeterschießen ein böses Wort ins Ohr?«
    »Du hast das Prinzip verstanden.«
    »Und wenn du bei niemandem eine Schwachstelle findest?«
    »Bisher haben wir noch bei jedem eine gefunden.«
    »Wer ruft dem gegnerischen Spieler den Satz zu?«
    »Ein Spieler der Azzurri natürlich, wer

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