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Niedertracht. Alpenkrimi

Niedertracht. Alpenkrimi

Titel: Niedertracht. Alpenkrimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Maurer
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sei.
     
    Jennerwein schloss die Augen. Er fror und ihn schwindelte, doch bald begannen seine Gedanken in Richtung Fall zu schlingern. Der Täter musste Maria und ihn betäubt und hierher verschleppt haben, wann, wusste er nicht, auch an den Überfall selbst erinnerte er sich nicht. Der Täter hatte sie hierhergebracht. Hatte er sie heraufgefahren? Er hatte sie in eine leicht zugängliche Felsnische gesteckt. Eine Warnung? Oder war es eher eine Aufforderung, sich in die Opfer hineinzuversetzen? Viele Serientäter halfen der Polizei sozusagen bei ihren Ermittlungen. Da wusste Maria besser Bescheid. Maria! Rasch sprang er auf, ging ein paar Meter von der Wand weg und schaute hoch. Seine Beine gaben unter ihm nach. Ein paar Teilnehmer stützten ihn und führten ihn sanft zu seinem Sitzplatz zurück. Eine Dame zog ihren Strickmantel aus und gab ihn Jennerwein als Beinkleid. Jennerwein lehnte sich an die Felswand, eine wohlige Wärme überkam ihn, er schlief ein. Er erwachte erst wieder, als ein Jeep scharf bremste.
     
    Sofort war Jennerwein auf den Beinen.
    »Wo ist sie?«, rief Stengele und sprang aus dem Jeep. Nicole tat es ihm nach. Auf dem Rücksitz saß Milkrodt, der gemächlich aus dem Jeep kletterte.
    »Da oben, die Trittleiter hoch, in etwa zwölf Metern Höhe, linker Hand, ist eine Nische.«
     
    Ludwig Stengele, der Allgäuer Cliffhanger war schon auf dem Weg nach oben.
    »Wie haben Sie uns gefunden?«, fragte Jennerwein Nicole.
    »Ich habe bei Ihrer Pension angerufen. Die Wirtin sagte, Sie wären nicht da, sondern zusammen mit Maria nochmals Richtung Köhlerbichl losgefahren. Dann sind weder Sie noch Maria ans Telefon gegangen. Das sieht Ihnen beiden nicht ähnlich. Selbst wenn –«
    »Selbst wenn was?«
    »Selbst wenn Sie privat unterwegs gewesen wären.«
    »Ist schon gut.«
    »Dann bin ich mit Stengele zum Parkplatz unten am Köhlerbichl gefahren – dort stand Marias Auto. Wir hatten ein ungutes Gefühl, haben Becker und seine Spurensicherer geholt, die haben den Wagen gleich untersucht. Das alarmierende Ergebnis: Das Lenkrad war abgewischt, genauso die Türgriffe. Wir sind den Weg mit dem Jeep langsam raufgefahren, bis wir auf Herrn Milkrodt gestoßen sind.«
    Die Hände der Exkursionsteilnehmer zeigten plötzlich mit einem Ah! und Oh! nach oben. In luftiger Dreistockwerkshöhe erschien Ludwig Stengele. Auf dem Rücken hatte er Maria übergeschnallt, mit einem improvisierten Tragegurt, den er aus den Kleidungsstücken geflochten hatte. Er stieg erstaunlich rasch herunter. Als er die untersten Sprossen erreichte, flogen ihm helfende Hände entgegen. Sanft wurde Maria auf den Boden gelegt. Sie war ohnmächtig.
     
    In rasender Fahrt ging es mit dem Jeep nach unten. Stengele saß am Steuer und fuhr wie der Henker. Maria und Jennerwein waren in warme Decken gehüllt, Maria lag flach auf dem Rücksitz, Jennerwein hielt sie fest. Nicole orderte über Funk einen Krankenwagen. Dann telefonierte sie mit Hansjochen Becker.
    »Sie fahren einfach den Köhlerweg hinauf, bis sie auf eine Gruppe von Wanderern stoßen. Ein netter Herr erklärt Ihnen alles weitere.«
    Gut, dass Maria ohnmächtig war, dachte Jennerwein. Wenn sie gesehen hätte, wie Stengele den Weg hinunterknüppelte, das hätte ihr nicht gefallen.
    »Gut gemacht, Nicole«, rief Jennerwein nach vorn in Richtung Beifahrersitz.
    Nicole errötete, das konnte man trotz der rasanten Fahrt sehen.
    »Eines noch. Weswegen haben Sie mich gestern Abend noch angerufen?«
    »Gestern Abend? Ich habe Sie heute Nachmittag angerufen.«
    »Was?«
    Der Motor heulte dieselig auf. Nicole beugte sich zu Jennerwein und brüllte ihm die Worte ins Ohr:
    »Ich habe leider noch eine schlechte Nachricht. Die Bergwacht hat eine weitere Leiche entdeckt. Hinten in den Gwölbgängen. Ein Hamburger Seemann. Wir konnten ihn bereits identifizieren – der hatte endlich mal ein ordentliches Tattoo! Eine Vermisstenanzeige liegt nicht vor. Gleiches Schema wie immer. Seit vier Wochen tot.«

40
    Gebraillter Jodler
    »Na, da schau her. Das wird den Padrone Spalanzani aber freuen.«
    Karl Swoboda warf Schratzenstaller die Zeitung hin. Gleich auf der Titelseite des Lokalteils war ein Bild von Rocco ›Joe‹ Manzini aus dem Geschäftsbereich
Drugs & Arms Trade
zu sehen. Der Killer saß aufrecht im Bett des örtlichen Krankenhauses, durch das Fenster sah man die nahe Skischanze, die steil und in vollem Schwung bergab führte. Manzini trug ein schlabbriges Nachthemd, die übliche Sonnenbrille

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