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Niels Bohr - Physiker und Philosoph des Atomzeitalters

Niels Bohr - Physiker und Philosoph des Atomzeitalters

Titel: Niels Bohr - Physiker und Philosoph des Atomzeitalters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernst Peter Fischer
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und andere Wirklichkeiten erfahren wollten. Einige von ihnen organisierten sich im kalifornischen Berkeley als »Fundamental Fysiks Group« – das dänische Wort für »Physik« ist als Tribut an Niels Bohr und sein Kopenhagen zu verstehen. In der Tat griffen die Hippies, die sich in dieser und anderen Gruppen trafen – zu ihnen gehörte auch der bereits erwähnte Nick Herbert –, die Erweiterung der Realität, ihre Transzendierung, die Bohr Einstein vergeblich nahezubringen versucht hatte, auf und stellten dabei auch Verbindungen zu anderen Kulturen her; berühmt geworden ist Das Tao der Physik, das Fritjof Capra 1975 veröffentlichte. Capra zitiert darin zum Beispiel den indischen Philosophen Nagarjuna, der bereits im 2. Jahrhundert n. Chr. schrieb: »Dinge leiten ihre Natur und ihr Sein von gegenseitiger Abhängigkeit her und sind nichts in sich selbst.« Genau dies findet die westliche Wissenschaft, wenn sie im Rahmen der Quantenmechanik Atome oder Moleküle als offene Systeme erkennt, die dank ihrer Wechselwirkung mit der Umgebung existieren. In unserer Kultur hat es eben länger gedauert, um sich von der Verschränkung der Dinge zu überzeugen. Aber Bohr war schon früh dazu bereit, und er hat uns den Weg in die Richtung gewiesen. Schön, dass wenigstens die Hippies dies zu schätzen wussten und ihm gefolgt sind.
    Bells Idee, Einsteins Problem mit der Wirklichkeit durch eine Beobachtung zu entscheiden, musste anfangs verwirrend wirken. Ihr Ziel schien auf den ersten Blick unerreichbar, denn im Mittelpunkt
von Einsteins Argument stand doch etwas, das gerade nicht beobachtet werden soll. Wie wollte man nun feststellen, ob sein Zustand dennoch bestimmt ist? (Dies erinnert an die alte Scherzfrage, wie man herausfinden will, ob das Licht im Kühlschrank noch an ist, wenn die Tür geschlossen ist.)
    Selbstverständlich gibt es keine Möglichkeit, ein isoliertes Teilchen unbeobachtet zu beobachten. Bell empfahl deswegen, nicht nur ein einzelnes Photonenpaar zu betrachten, sondern die Korrelation zwischen vielen Paaren dieser Art zu untersuchen. Er konnte nämlich zeigen, dass sich unter verschiedenen Voraussetzungen verschiedene Formen der Korrelationen ergeben sollten. Wenn man wie Einstein annimmt, dass die Quantenobjekte wirklich zu jeder Zeit alle Eigenschaften in wohldefinierter Weise besitzen – die sogenannte Realitätsannahme –, und wenn man weiter annimmt, dass keine Information zwischen den Photonen schneller als mit Lichtgeschwindigkeit ausgetauscht wird, dann kann man eine Grenze angeben, die die Korrelation nicht überschreiten darf. Diese Schranke wird in mathematischer Form durch die Bell’sche Ungleichung festgelegt.
    Die zweite genannte Voraussetzung wird auch als Annahme der Lokalität bezeichnet, da sie einen unmittelbaren (unvermittelt zeitlosen) physikalischen Einfluss auf entfernte Objekte verbietet. Damit vermeidet man mögliche Verletzungen der Speziellen Relativitätstheorie, durch die Einstein zeigen konnte, dass sich keine physikalische Wirkung schneller als Lichtgeschwindigkeit ausbreitet. Die Lokalität braucht nicht eigens aufgeführt zu werden, wenn die Quantenmechanik an Stelle der Realitätsannahme verwendet wird, weil allgemein bewiesen werden kann, dass diese beiden Theorien der Physik, die unabhängig voneinander gefunden wurden, konsistent sind und sich nicht gegenseitig widersprechen.
    Der entscheidende Punkt ist: Wenn man annimmt, dass eine Quantenmechanik im Sinne Bohrs gilt, dann gibt es Orientierungen der Filter, bei denen die Bell’sche Ungleichung verletzt ist. Die Quantenmechanik prophezeit eine bessere Korrelation der Photonen als die Annahme einer lokalen Realität.

    Die klärenden Experimente wurden zum ersten Mal in den frühen 1980er Jahren von Alain Aspect, Jean Dalibard und Gérard Roger ausgeführt und inzwischen vielfach wiederholt. Die Ergebnisse lassen keine Zweifel zu. Die Korrelationen waren genau um den Teil höher, den die Quantentheorie vorausgesagt hat. Die Annahme einer lokalen Realität kann also in der Quantenwelt nicht zutreffen. Die atomare Wirklichkeit ist nicht lokal, sie offenbart einen Zusammenhang zwischen einzelnen Objekten, der als Ganzheit beschrieben werden kann. Quantenteilchen, die einmal in physikalischer Wechselwirkung gestanden haben, bleiben danach für immer verbunden, auch wenn keine direkte Verknüpfung mehr zwischen ihnen besteht.
    Bohr hatte auf diese besondere Art des quantenhaften Zusammenhängens schon 1935 in seiner

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