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Niels Holgersens wunderbare Reise mit den Wildgaensen - Zweiter Teil

Niels Holgersens wunderbare Reise mit den Wildgaensen - Zweiter Teil

Titel: Niels Holgersens wunderbare Reise mit den Wildgaensen - Zweiter Teil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Selma Lagerloef
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hatten einsam gelebt, aber gerade deswegen hatten sie in Märchen und Sagen gelebt. Sie hatten eigengemachte Stoffe
     getragen, aber daher hatten sie auch sorgenfrei und unabhängig leben können.
    »Nirgends auf der Welt verstehen sie es, ein so gutes Leben zu führen wie auf so einem kleinen Herrenhof in meiner Jugend,«
     dachte sie. »Da war Arbeit zu seiner Zeit und Vergnügen zu seiner Zeit und Freude zu allen Zeiten. Wie gern würde ich doch
     hierher zurückkehren!« sagte sie. »Jetzt, wo ich den Hof gesehen habe, ist es schwer, wieder wegzureisen.«
    Und dann wandte sie sich an die Taubenschar und sagte zu den Vögeln, indem sie über sich selbst lachte, während sie es sagte:
     »Wollt ihr nicht zu meinem Vater zurückfliegen und ihm sagen, daß ich Heimweh habe? Jetzt bin ich lange genug an fremden Orten
     umhergereist. Fragt ihn doch, ob er nicht dafür sorgen will, daß ich bald wieder in die Heimat zurückziehen kann!«
    Kaum waren die Worte gesprochen, als der ganze Taubenschwarm sich in die Luft emporschwang und davonflog. Sie versuchte,
     den Vögeln mit den Augen zu folgen, sie verschwanden aber sofort. Es war als habe der ganze weiße Schwarm sich in der mondhellen
     Luft aufgelöst.
    Kaum waren die Tauben verschwunden, als sie laute Schreie aus dem Garten vernahm, und als sie eiligst dahinlief, sah sie etwas
     sehr Merkwürdiges. Da stand ein einzig kleiner Knirps, kaum eine Spanne groß, und kämpfte mit einer Nachteule. Anfangs war
     sie so überrascht, daß sie sich kaum rühren konnte. Als aber der Kleine immer jammervoller schrie, legte sie sich rasch ins
     Mittel und trennte die Kämpfenden. Die Eule schwang sich auf einen Baum, aber das Männlein blieb auf dem Kiesweg stehen, ohne
     sich zu verstecken oder davonzulaufen. »Haben Sie vielen Dank für Ihre Hilfe!« sagte er. »Aber es war dumm, daß Sie die Eule
     fortfliegen ließen. Ich kann nicht wegkommen, denn sie sitzt da oben auf dem Baum und lauert mir auf!«
    »Freilich, das war gedankenlos von mir, daß ich sie wegfliegen ließ. Kann ich dich aber nicht dahin begleiten, wo du zu Hause
     bist?« sagte sie, die Märchen zu dichten pflegte, und nun nicht wenig erstaunt war, so unvermutet mit einem der Männlein in
     Unterhaltung gekommen zu sein. Aber eigentlich war sie gar nicht einmal so erstaunt. Es war, als habe sie die ganze Zeit,
     während sie hier im Mondschein vor ihrer alten Heimat auf und nieder gegangen war, erwartet, daß sie etwas Merkwürdiges erleben
     würde.
    »Eigentlich hatte ich gedacht, die Nacht hier auf dem Hofe zu bleiben,« sagte der Kleine. »Wenn Sie mir nur einen sichern
     Platz zum Schlafen zeigen könnten, würde ich nicht vor Tagesanbruch nach dem Walde zurückkehren.« – »Soll ich dir einen Platz
     zum Schlafen zeigen«? Wohnst du denn nicht hier?« – »Ich kann mir denken, daß Sie mich für ein Heinzelmännchen halten!« sagte
     das Männlein jetzt. »Aber ich bin ein Mensch, so wie Sie; ich bin nur von einem Heinzelmännchen verwandelt worden.« – »Das
     ist doch das Sonderbarste, was ich je im Leben gehört habe. Kannst du mir nicht erzählen, wie sich das zugetragen hat?«
    Niels Holgersen hatte nichts dagegen, seine Abenteuer zu erzählen, und seine Zuhörerin wurde, je weiter die Erzählung fortschritt,
     immer erstaunter und erfreuter. »Nein, welch ein Glück, daß ich hier jemand treffe, der auf einem Gänserücken durch ganz Schweden
     gereist ist!« dachte sie. »Alles, was er da erzählt, kann ich ja in mein Buch schreiben. Jetzt brauche ich mir deswegen keine
     Sorge mehr zu machen. Es war wirklich gut, daß ich nach Hause gereist bin! Wenn ich bedenke, daß die Hilfe da war, sobald
     ich nach dem alten Hof kam!« sagte sie zu sich selbst.
    Im selben Augenblick durchzuckte sie ein Gedanke, den zu Ende zu denken sie kaum den Mut hatte. Sie hatte ihrem Vater durch
     die Tauben sagen lassen, daß sie Heimweh nach dem alten Hause habe, und gleich darauf war die Hilfe für das gekommen, worüber
     sie schon so lange nachgegrübelt hatte. Konnte das die Antwort ihres Vaters auf ihre Bitte sein?

XLIX. Das Gold auf der Schäre
Auf dem Wege nach dem Meer.
    Freitag, 7. Oktober.
    Die Wildgänse waren, seit sie ihre Herbstreise angetreten hatten, beständig geradeswegs gen Süden geflogen; aber als sie Fryksdalen
     verließen, schlugen sie eine andere Richtung ein und flogen über das westliche Värmland und Dalsland auf Bohuslän zu. Das
     wurde eine vergnügliche Reise. Die jungen Gänse

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