Niels Holgersens wunderbare Reise mit den Wildgaensen - Zweiter Teil
das zur Wahrheit zu machen, was er notgedrungen gesagt hatte. Er
gab den Bergbau auf und baute sich einen Hof weit von Falun entfernt. Und dann hatte die, die er lieb hatte, nichts dagegen,
zu ihm zu ziehen.«
Hiermit endete der Rabe seine Geschichte. Der Junge hatte sich wirklich die ganze Zeit wachgehalten, aber er hatte das Werkzeug
nicht sonderlich fleißig gebraucht.
»Und wie ging es denn später?« fragte er, als der Rabe zu sprechen aufhörte. »Ja, seit der Zeit ging es mit dem Kupferwerk
zurück. Die Stadt Falun ist ja noch da, aber alle die alten Schmelzofen sind weg. Die ganze Gegend ist übersät mit alten Bergmannshüten,
aber die Bewohner sind gezwungen, Landleute oder Waldbesitzer zu werden. In der Grube Falun ist fast kein Erz mehr. Es ist
wirklich dringender denn je nötig, daß man das Bruderteil findet.«
»Ich möchte wohl wissen, ob jener Bergmann der letzte war, der es gesehen hat,« sagte der Junge.
»Sobald du ein Loch in die Wand gehauen und mich hinausgelassen hast, will ich dir erzählen, wer es zuletzt gesehen hat,«
sagte Bataki.
Das versetzte dem Jungen einen Anstoß und sofort ging er eifriger an die Arbeit. Es war ihm, als habe Bataki es in einem wunderlichen,
bedeutungsvollen Ton gesagt. Es klang fast, als wenn er dem Jungen zu verstehen geben wollte, daß er, der Rabe, den großen
Kupferberg gesehen habe. Sollte es eine Bedeutung haben, daß er ihm die Geschichte erzählt hatte?
»Du bist gewiß viel hier in der Gegend umhergereist,« sagte der Junge, um Klarheit über die Sache zu erlangen. »Du hast sicher
allerlei gefunden, wenn du hier so über die Wälder und Berge dahingeschwebt bist.«
»Ja, ich könnte dir merkwürdige Dinge zeigen, sobald du mit deiner Arbeit fertig bist,« antwortete der Rabe.
Der Junge begann so eifrig zu hauen, daß die Späne um ihn herumflogen. Jetzt war er ganz sicher, daß der Rabe das Bruderteil
gefunden hatte. »Es ist wirklich ein Jammer, daß ein Rabe wie du keine Freude von dem Reichtum haben kann, den du gefunden
hast,« sagte er.
»Ich will nicht mehr über die Sache reden, bis ich sehe, daß du ein Loch in die Wand hauen und mir hinaus helfen kannst,«
sagte der Rabe.
Der Junge arbeitete, so daß das Eisen brennend heiß wurde. Batakis Worte waren nicht mißzuverstehen. Der Rabe konnte ja nicht
selbst Erz brechen, und daher war es gewiß seine Absicht, Niels Holgersen die Entdeckungzu überlassen. Das war ja das Wahrscheinlichste wie auch das Vernünftigste. Aber wenn er nun das Geheimnis erfuhr, so wollte
er, sobald er wieder Mensch wurde, hierher zurückkehren und den großen Schatz heben. Und wenn er Geld genug verdient hatte,
wollte er ganz Vestre Vemmenhöy kaufen und dort ein Schloß, so groß wie Vittskövle erbauen, und dann wollte er eines Tages
dem Häusler Holger Nielsen und seiner Frau eine Einladung senden, zu kommen, und das Schloß zu besehen. Und wenn sie dann
dahergegangen kamen, wollte er auf der Treppe stehen und sagen: »Bitte schön! Tretet näher und tut, als wenn ihr zu Hause
seid!« Und sie erkannten ihn natürlich nicht und wunderten sich, was für ein feiner Herr das sein könne, der sie eingeladen
hatte. »Möchtet ihr nicht gern in so einem Hause wohnen?« wollte er dann sagen. – »Ja, natürlich, aber das ist nichts für
uns,« würden sie antworten. »Freilich ist es etwas für euch; ihr sollt ja dies Gute haben als Zahlung für den weißen Gänserich,
der euch im vergangenen Jahr weggeflogen ist,« würde er dann sagen. – Der Junge gebrauchte das Eisen schneller und schneller.
Das nächste, wozu er sein Geld gebrauchen würde, war, ein neues Haus auf der Heide in Sunnerbo für das Gänsemädchen Aase und
den kleinen Mads zu bauen. Viel schöner und größer als das alte, natürlich. Und dann würde er den ganzen Tåkern kaufen und
ihn den Enten geben, und dann...
»Jetzt muß ich sagen, daß es dir schnell von der Hand geht,« sagte der Rabe. »Ich glaube, das Loch ist schon groß genug.«
Es gelang dem Raben wirklich, sich hindurchzuklemmen.Der Junge folgte ihm und sah Bataki in einer Entfernung von wenigen Schritten auf einem Stein sitzen.
»Nun will ich mein Versprechen dir gegenüber einlösen, Däumling,« sagte Bataki sehr feierlich, »indem ich dir erzähle, daß
ich das Bruderteil gesehen habe. Aber ich will dir nicht raten, danach zu suchen, denn es hat mir jahrelange Arbeit gekostet,
ehe ich es entdeckte.«
»Ich glaubte, du
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