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Niemalsland

Titel: Niemalsland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neil Gaiman
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an der Kette und zog sie unter Doors Schichten von Seide und Baumwolle und Spitze hervor, bis ihr silberner Schlüssel zum Vorschein kam; und dann fuhr er mit den Fingern am Schlüssel entlang wie bei einem Liebesspiel.
    Da wußte Richard Bescheid. »Die Black Friars haben ihn vor Ihnen beschützt«, sagte er.
    Islington ließ den Schlüssel los. Neben Door befand sich die Tür aus Feuerstein und Silber. Dorthin ging der Engel. Er legte eine Hand darauf, weiß gegen die Schwärze der Tür.
    »Vor mir«, bestätigte er. »Ein Schlüssel. Eine Tür. Ein Türöffner. Diese drei Dinge müssen vorhanden sein, versteht ihr – ein besonders ausgeklügelter Witz. Sie hatten sich gedacht, wenn sie der Meinung seien, daß ich mir die Begnadigung und meine Freiheit verdient habe, schicken sie mir einen Öffner und geben mir den Schlüssel. Ich habe nur beschlossen, die Sache selbst in die Hand zu nehmen, und jetzt gehe ich eben ein bißchen früher.«
    Er wandte sich wieder zu Door. Noch einmal streichelte er den Schlüssel. Dann schloß er die Hand darum und zog heftig daran. Die Kette riß. Door zuckte zusammen.
    »Zuerst habe ich mit deinem Vater gesprochen, Door«, fuhr der Engel fort. »Er machte sich Sorgen um die Unterseite. Er wollte Unter-London vereinen, die Baronien und Lehnsgüter – vielleicht sogar irgendein Bündnis mit Ober-London schließen. Ich habe ihm gesagt, ich würde ihm helfen, wenn er mir helfen würde. Doch als ich ihm sagte, welche Hilfe ich benötigte, lachte er mich aus.« Er wiederholte die Worte, als könne er sie immer noch nicht glauben. »Er lachte. Mich aus.«
    Door schüttelte den Kopf. »Sie haben ihn getötet, weil er Ihnen Ihre Bitte abgeschlagen hat?«
    »Ich habe ihn nicht getötet«, sagte Islington sanft. »Ich habe ihn töten lassen.«
    »Aber er hat mir gesagt, ich könnte Ihnen trauen. Er hat mir gesagt, ich solle herkommen. In seinem Tagebuch.«
    Mr. Croup begann zu kichern. »Hat er nicht«, sagte er. »Hat er niemals. Das waren wir. Was hat er in Wirklichkeit gesagt, Mister Vandemar?«
    »Traue Islington nicht«, sagte Mr. Vandemar mit der Stimme ihres Vaters. Sie klang täuschend echt. »Hinter all dem muß Islington stecken. Er ist gefährlich, Door – halte dich von ihm fern – «
    Islington streichelte mit dem Schlüssel ihre Wange. »Ich dachte, meine Version würde dich ein bißchen schneller herbringen.«
    »Wir haben das Tagebuch geholt«, sagte Mr. Croup. »Wir haben es korrigiert, und wir haben es wieder zurückgebracht.«
    »Wohin führt die Tür?« rief Richard.
    »Nach Haus«, antwortete der Engel.
    »In den Himmel?«
    Und Islington sagte nichts, aber er lächelte, wie eine Katze, die nicht nur die Sahne und den Kanarienvogel gefressen hat, sondern auch das Huhn, das es zum Abendessen geben sollte, und die Crème brulée, die als Dessert gedacht war.
    »Und Sie glauben also, sie werden nicht merken, daß Sie wieder da sind?« feixte der Marquis. »Und es wird nur heißen: ›Ach, schaut mal, da ist ja noch ein Engel, hier, schnapp dir ’ne Harfe, und los geht’s mit den Hosiannas‹?«
    Islingtons Augen leuchteten hell. »Die süße Qual der Schmeichelei, der Hymnen und Heiligenscheine und selbstsüchtigen Gebete ist nichts für mich«, sagte er. »Ich habe … meine eigenen Pläne.«
    »Nun ja, Sie haben den Schlüssel«, sagte Door.
    »Und ich habe dich«, erwiderte der Engel. »Du bist der Öffner. Ohne dich ist der Schlüssel nutzlos. Öffne die Tür für mich.«
    »Sie haben ihre Familie umgebracht«, sagte Richard. »Sie haben sie durch ganz Unter-London gejagt. Jetzt wollen Sie, daß sie eine Tür für Sie öffnet, damit Sie einfach so in den Himmel einziehen können? Sie besitzen keine besonders gute Menschenkenntnis, was? Das macht sie nie.«
    Da sah der Engel ihn an, mit Augen, die älter waren als die Milchstraße. Dann sagte er: »Oh je«, und wandte ihm den Rücken zu, als sei er nicht bereit, sich die unschönen Dinge mit anzuschauen, die gleich geschehen würden.
    »Tun Sie ihm noch etwas mehr weh, Mister Vandemar«, sagte Mr. Croup. »Schneiden Sie ihm das Ohr ab.«
    Mr. Vandemar hob die Hand. Sie war leer. Sein Arm zuckte fast unmerklich, und jetzt hielt er ein Messer in der Hand. »Hab’ Ihnen ja gesagt, daß Sie eines Tages herausfinden würden, wie Ihre eigene Leber schmeckt«, sagte er. »Heute ist Ihr Glückstag.«
    Er ließ die Messerklinge sanft unter Richards Ohrläppchen gleiten. Richard verspürte keinen Schmerz – vielleicht,

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