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Niemalsland

Titel: Niemalsland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neil Gaiman
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Sie uns am besten. Und wir wollen Ihnen doch nicht wehtun müssen.«
    »Doch«, sagte Mr. Vandemar.
    »Nun ja, Mister Vandemar, wenn Sie es unbedingt so deutlich sagen müssen. Wir wollen Ihnen beiden wehtun. Wir wollen Ihnen außerordentlich wehtun. Aber deshalb sind wir zur Zeit nicht hier. Wir sind hier, um die Sache interessanter zu machen. Sehen Sie, wenn wir uns langweilen, werden mein Partner und ich nervös, und, so schwer das auch zu glauben sein mag, dann ist es vorbei mit unserem sonnigen Gemüt.« Mr. Vandemar zeigte ihnen die Zähne, um ihnen sein sonniges Gemüt zu demonstrieren. Es war zweifellos das Schrecklichste, was Richard je gesehen hatte.
    »Laßt uns in Ruhe«, sagte Door. Ihre Stimme war klar und fest.
    Richard drückte ihre Hand. Wenn sie mutig sein konnte, dann konnte er es auch. »Wenn ihr ihr wehtun wollt«, sagte er, »müßt ihr zuerst mich umbringen.«
    Mr. Vandemar schien angesichts dieser Aussicht überaus erfreut. »In Ordnung«, sagte er. »Danke.«
    »Wehtun werden wir Ihnen aber auch«, ergänzte Mr. Croup. »Jetzt allerdings noch nicht«, sagte Mr. Vandemar.
    »Wissen Sie«, erklärte Mr. Croup mit einer Stimme wie ranzige Butter, »im Moment sind wir nämlich nur hier, um ihr Angst zu machen.«
    Mr. Vandemars Stimme war ein Nachtwind, der über eine Wüste voller Knochen blies. »Um sie leiden zu lassen«, sagte er. »Ihnen den Tag zu verderben.«
    Mr. Croup setzte sich auf den Fuß von Mr. Vandemars Sockel. »Sie haben heute dem Earl’s Court einen Besuch abgestattet«, sagte er in einem Ton, den er, wie Richard vermutete, fälschlicherweise für heiter und beschwingt hielt.
    »Und?« fragte Door. Sie begann, von ihnen abzurücken.
    Mr. Croup lächelte. »Woher wissen wir das? Woher wußten wir, wo wir Sie finden konnten?«
    »Sie entkommen uns nicht«, sagte Mr. Vandemar beinahe im Flüsterton.
    »Man hat Sie reingelegt, kleine Lady«, sagte Mr. Croup zu Door, und zwar, wie Richard feststellte, nur zu Door. »Sie haben einen Verräter im Nest. Einen Kuckuck.«
    »Komm!« sagte sie. Und sie rannte los.
    Richard rannte mit, durch die Halle mit dem Gerümpel, auf eine Tür zu. Auf Doors Berührung hin öffnete sie sich.
    »Sagen Sie ihnen Lebwohl, Mister Vandemar«, hörten sie Mr. Croups Stimme hinter sich.
    »Bye-bye«, sagte Mr. Vandemar.
    »Nein-nein«, verbesserte Mr. Croup. »Au revoir.«
    Dann machte er ein Geräusch – ein Kuck-kuck, Kuck-kuck, wie es ein Kuckuck vielleicht machen würde, wenn er einen Meter siebzig groß wäre und eine Schwäche für Menschenfleisch hätte –, während Mr. Vandemar, was mehr seinem Charakter entsprach, seinen Ballonschädel zurückwarf und wie ein Wolf heulte, geisterhaft und wild und irr.
    Sie waren draußen im Freien, nachts, und rannten eine Straße entlang. Richard glaubte, ihm würde vor Herzklopfen die Brust zerspringen. Ein großes schwarzes Auto fuhr vorbei.
    Das British Museum lag jenseits eines hohen, schwarzlackierten Gitters. Diskretes indirektes Licht erhellte die Außenfront des hohen weißen Gebäudes, die Säulen und Stufen und Mauern.
    Sie erreichten ein Tor. Door umklammerte es mit beiden Händen und drückte dagegen. Nichts geschah.
    »Kannst du nicht machen, daß es aufgeht?« fragte Richard.
    »Was glaubst du, was ich hier versuche?« fauchte sie ihn an. Etwa hundert Meter die Straße hinunter, vor dem Haupteingang, fuhren große Wagen vor, elegant gekleidete Paare stiegen aus und gingen die Zufahrt zum Museum hinauf.
    »Da drüben«, sagte Richard. »Der Haupteingang.«
    Door nickte. Sie schaute sich um.
    »Offenbar folgen sie uns nicht«, sagte sie. Sie eilten zum Haupteingang.
    »Fehlt dir etwas?« fragte Richard. »Was ist passiert?«
    Door verkroch sich tief in ihrer Lederjacke. Sie sah blaß aus und hatte dunkle Ringe unter den Augen.
    »Ich bin müde«, sagte sie mit ausdrucksloser Stimme. »Hab’ heute zu viele Türen geöffnet. Das zehrt an meinen Kräften. Ich brauche ein wenig Zeit, um mich zu erholen. Wenn ich etwas zu essen kriege, geht’s mir wieder gut.«
    An der Tür stand ein Wachmann, der penibel die geprägten Einladungen überprüfte, die all die gutrasierten Männer im Smoking und all die parfümierten Frauen im Abendkleid vorzeigen mußten, und ihre Namen dann auf einer Liste abhakte, bevor sie eintreten durften. Ein uniformierter Polizist musterte die Gäste unbarmherzig.
    Richard und Door gingen durch das Tor, und niemand würdigte sie eines Blickes. Auf den Steinstufen, die zu den

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