Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Niemalsland

Titel: Niemalsland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neil Gaiman
Vom Netzwerk:
Museumstüren hinaufführten, standen die Menschen Schlange, und Richard und Door reihten sich ein. Ein weißhaariger Mann in Begleitung einer Frau, die mutig einen Nerzmantel trug, stellte sich unmittelbar hinter ihnen an.
    Richard kam ein Gedanke. »Können die uns wohl sehen? « fragte er.
    Door drehte sich zu dem Herrn um. Sie blickte zu ihm hoch. »Hallo«, sagte sie.
    Der Mann sah sich mit einem fragenden Gesichtsausdruck um, als wüßte er nicht genau, was seine Aufmerksamkeit erregt hatte. Dann fiel sein Blick auf Door, die direkt vor ihm stand. »Hallo …?« sagte er.
    »Ich bin Door«, erklärte sie. »Das ist Richard.«
    »Ach … «, erwiderte er. Dann wühlte er in einer Innentasche, zog ein Zigarrenetui hervor und vergaß sie einfach wieder.
    »Na also. Verstehst du?« fragte Door.
    »Ich glaube ja«, antwortete Richard.
    Eine Zeitlang sagten sie nichts, während sich die Schlange langsam auf die einzige offene Tür des Museums zubewegte. Door schaute irgend etwas auf ihrer Schriftrolle nach. Dann sagte Richard: »Ein Verräter?«
    »Die haben uns bloß aufgezogen«, sagte Door. »Wollten uns beunruhigen.«
    »Das ist ihnen auch verdammt gut gelungen«, erwiderte Richard. Und sie gingen durch die offene Tür, und dann waren sie im British Museum.
    Da Mr. Vandemar Hunger hatte, überquerten sie auf dem Rückweg den Trafalgar Square.
    »Ihr Angst machen«, murmelte Mr. Croup angewidert. »Ihr Angst machen. Daß es so weit mit uns kommen mußte. «
    Mr. Vandemar hatte ein halbes Sandwich mit Krabben und Kopfsalat in einem Mülleimer gefunden und riß es vorsichtig in kleine Stücke, die er auf die Platten vor sich warf und damit einen kleinen Schwarm hungriger nächtlicher Tauben anlockte.
    »Hätte lieber tun sollen, was ich ursprünglich vorhatte«, sagte Mr. Vandemar. »Hätte ihr viel mehr Angst gemacht, wenn ich ihm hinter ihrem Rücken den Kopf abgerissen, meine Hand durch seine Kehle gesteckt und die Finger bewegt hätte. Gibt immer ein großes Geschrei«, verriet er, »wenn die Augäpfel rausfallen.«
    Zur Demonstration bohrte er die Finger in die Luft und bewegte sie hin und her.
    Mr. Croup war keineswegs einverstanden. »Warum gerade jetzt so zimperlich?« fragte er.
    »Ich bin nicht zimperlich, Mister Croup«, sagte Mr. Vandemar. »Es gefällt mir, wenn die Augäpfel herausfallen. Die lustigen kleinen Guckerchen.«
    Immer mehr graue Tauben, die eigentlich längst ins Bett gehörten, stolzierten herüber, pickten an den Brotkrumen und Krabben herum und verschmähten den Kopfsalat.
    »Nicht Sie«, sagte Mr. Croup. »Der Chef. Erst sollen wir sie töten, dann entführen, dann ihr Angst machen. Was will er denn nun?«
    Von Mr. Vandemars Sandwich war nichts mehr übrig, und so stürzte er sich auf den Schwarm Tauben, die mit ein paar klickenden Geräuschen und vereinzeltem nörgelndem Gurren aufflogen.
    »Gut gefangen, Mister Vandemar«, sagte Mr. Croup anerkennend.
    Mr. Croup hielt eine verblüffte und beunruhigte Taube in der Hand, die sich murrend in seinem Griff wand und fruchtlos auf seine Finger einpickte.
    Mr. Croup seufzte dramatisch. »Na ja, wie auch immer. Jetzt haben wir jedenfalls die Katze in den Taubenschlag gesetzt«, sagte er genüßlich.
    Mr. Vandemar hielt sich die Taube vors Gesicht. Es knirschte, als er ihr den Kopf abbiß und zu kauen begann.
    Das Wachpersonal dirigierte die Museumsgäste in einen Korridor, der offenbar als eine Art Warteraum fungierte. Door beachtete die Wärter gar nicht und marschierte mit Richard im Schlepptau schnurstracks zu den Ausstellungsräumen.
    Sie gingen durch die ägyptische Abteilung, ein paar Treppen hoch und in einen Saal, der laut Beschilderung zur frühenglischen Abteilung gehörte.
    »Dieser Schriftrolle zufolge«, sagte sie, »geht es hier durch direkt zum Angelus.«
    Door blickte auf ihre Schriftrolle. Sah sich im Raum um. Zog ein Gesicht. »Tch«, seufzte sie und lief wieder die Treppen hinunter, auf dem gleichen Weg, den sie gekommen waren. Richard war der Meinung, er habe gerade ein intensives Déjà-vu- Erlebnis, bis ihm klar wurde, daß ihm all dies natürlich vertraut war: So hatte er früher seine Wochenenden verbracht, als er noch mit Jessica zusammen war. Was ihm bereits langsam wie etwas vorkam, das vor langer, langer Zeit jemand anders erlebt hatte.
    »Dann war der Angelus also nicht da?« fragte Richard.
    »Nein, da war er nicht«, entgegnete Door, etwas schärfer, fand Richard, als es auf seine Frage angebracht war.
    »Aha«,

Weitere Kostenlose Bücher