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Niemand ist eine Insel (German Edition)

Niemand ist eine Insel (German Edition)

Titel: Niemand ist eine Insel (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Mario Simmel
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französischen Presse …«
    »Schluß jetzt«, sagte der Verleger. Er drückte auf einen Klingelknopf.
    »… ist es unerläßlich, daß diesem Ihrem Schmierblatt das Handwerk gelegt wird«, fuhr Lejeune ungerührt (und ungerührt nach Knoblauch duftend) fort, »und deshalb ruft mein Mandant auch den französischen Presserat an mit der Aufforderung, entsprechend harte Maßnahmen gegen das Blatt zu treffen.« Lejeune betrachtete seine Fingernägel. »Bei Ihrem Etat für dieses Blatt und dem zu erwartenden Annoncenausfall dürfte das wohl das Ende dieser Publikation sein, Monsieur.«
    Eine sehr hübsche junge Sekretärin kam herein und blieb bei der Tür stehen.
    »Bitte, rufen Sie das Hôpital Sainte-Bernadette an, Mademoiselle Henriette«, sagte der Verleger, »und verlangen Sie die Privatstation der Hals-Nasen-Ohren-Klinik, Zimmer …«
    »Sechsunddreißig«, assistierte Lejeune freundlich.
    »Wenn Sie die Verbindung haben, geben Sie sie mir herein.«
    »Sehr wohl, Monsieur.« Die Sekretärin verschwand. Ich dachte wieder, daß dies ein verflucht cleverer Anwalt war. (Das hatte ich beim Essen zum erstenmal gedacht, als er mir alles erklärte. Auf die Frage, wie er Clarissa überreden konnte, sich in die Privatstation des Hôpital Sainte-Bernadette zu legen, hatte Lejeune geantwortet: »Ich wurde noch nachts von Monsieur Bracken um Rat gebeten – die Zeitung war schon um ein Uhr auf der Straße. Ich sah Mademoiselle Clarissa und erkannte natürlich sofort, daß sie Sie liebt. Voilà, Monsieur. Meinen Glückwunsch.«
    Ich hatte gefragt: »Aber im Hospital … das ist doch nicht so einfach gewesen … da mußten doch falsche Eintragungen gemacht werden, da mußten doch Ärzte und Verwaltung mitspielen.« Er hatte geantwortet: »Es war nur eine Person, an die ich mich wandte, Monsieur Kaven. Sie hat alles arrangiert … sofort. Diese Ärztin – Sie wissen, wen ich meine? – liebt auch … nein, nicht Sie … Kinder liebt diese Ärztin … kranke Kinder … ein sehr krankes Kind … Es geht ihm wieder schlechter, Monsieur …«)
    Es geht Babs wieder schlechter, dachte ich nun, und ich muß mit ihr nach Nürnberg fliegen, heute noch. Mit Ruth. Und Joe mit seinen Bluthunden fliegt nun schon längst Paris entgegen. Und Sylvia wird nach ein paar Tagen wieder aufwachen …
    Das Telefon auf dem Schreibtisch des Verlegers läutete. Er hob ab, meldete sich, nannte seinen Namen und sprach Clarissa mit dem ihren an. Weiter kam er nicht. Ich verstand nicht klar, aber ich verstand so viel, daß Clarissa – ihre Stimme erkannte ich – sich einiges von der Seele redete. Ein bißchen Hysterischsein hat auch seine Vorteile, mein Herr Richter. Diesen Verleger brachte Clarissa so weit, daß er zuletzt nur noch stotterte: »Ich bitte tausendmal um Verzeihung … nein, nein … das waren bestimmt nicht Reporter meines Verlages, die versucht haben … Ich weiß es nicht .. ich weiß es wirklich nicht … Mein Ehrenwort, Mademoiselle … andere Reporter kann ich nicht beeinflussen, das müssen Sie verstehen … aber die meiner Zeitungen … Da ist keiner mehr, kein einziger ist da draußen bei Ihnen mehr in fünf Minuten …« Er legte auf und sah den fetten Lejeune erbittert an. »Sie«, sagte er, »Sie … Sie …«
    »Ja, Monsieur?« fragte der alte Sängerknabe liebenswürdig.
    Der Verleger sprang plötzlich auf und stürzte aus dem Zimmer.
    »Sehen Sie«, sagte Lejeune faul gähnend zu mir, »es wirkt schon.«
    »Wirkt schon«, sagte ich. »Und wie werden wir die anderen Reporter los? Da sind doch Kerle von allen Pariser Zeitungen draußen jetzt!«
    »Immer eins nach dem andern, lieber Herr Kaven«, sagte Lejeune. Er sagte ›Herr‹. Freundlich. Aber ich verstand ihn richtig. Ich sagte: »Entschuldigen Sie. Sie wissen schon, was Sie tun. Ich danke Ihnen.«
    »Sie brauchen mir nicht zu danken. Monsieur Gintzburger wird die Rechnung über mein Honorar bekommen.«
    Die Tür ging auf.
    Der Verleger kam zurück, mit ihm kamen zwei Herren. Den einen stellte der Verleger als den Chefredakteur jener Zeitung vor, den anderen als Justitiar des Hauses. Wir setzten uns alle um einen großen Tisch. Kein einziges Wort redete ich in der nächsten halben Stunde. Nach dieser halben Stunde war die Sache erledigt. Die Gegendarstellung zur Behauptung der heutigen Schlagzeile sollte morgen erscheinen. Mit den beiden Aufmachern allein war die halbe erste Seite versaut. Die andere halbe erste Seite füllten die noch einmal

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