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Niemand ist eine Insel (German Edition)

Niemand ist eine Insel (German Edition)

Titel: Niemand ist eine Insel (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Mario Simmel
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in Fünfhunderter-Noten.
    Das war ein großes Kuvert, ein Manila-Umschlag. Ich fand auch einen Bogen Papier, feinstes Bütten, in Zierschrift stand Lucien Bayards Name oben links, und auf dem Papier stand:
Lieber, sehr verehrter Monsieur Kaven, von ganzem Herzen danke ich Ihnen für die 10000 NF, die mir M. Bracken in Ihrem Namen überreicht hat. Anbei der Rest des Gewinns, 55000 NF. Es tut mir unendlich leid, Monsieur, aber ich muß Ihnen mitteilen, daß wir bei dem zweiten Rennen in Chantilly mit den beiden Pferdchen, die ich Ihnen da so sehr empfohlen habe, Pech hatten, ›King’s Twist‹ wurde disqualifiziert, und ›Le Parleur‹ kam auf den 4. Platz. Ich kann Ihnen nicht sagen, wie peinlich mir das ist – ich habe doch auf Ihren Wunsch hin gesetzt, und zwar insgesamt 4500 NF. Da es meine Tips gewesen sind, ist das natürlich auch mein Verlust.
    Der alte Lucien! Kommt natürlich gar nicht in Frage, dachte ich, bevor ich aus diesem Hotel wegziehe, muß ich ihn noch anrufen oder sprechen und ihm auf alle Fälle sein Geld wiedergeben.
Wenn wir uns in einer der nächsten Nächte sprechen könnten, wäre ich sehr froh. Am Sonntag, dem 12. Dezember, laufen nämlich in Vincennes drei Pferdchen, für die lege ich meine Hand ins Feuer. Bitte setzen Sie sich schnellstens mit mir in Verbindung – ich habe es einige Male vergeblich versucht. Empfangen Sie, sehr verehrter Monsieur Kaven, den Ausdruck meiner vorzüglichen Hochachtung von Ihrem Ihnen stets sehr ergebenen
Lucien Bayard
    Ich setzte mich an einen Schreibtisch in der Halle und nahm Papier des Hotels und schrieb Lucien einen Brief des Dankes. Ich blieb sehr allgemein und ging nicht auf meine Situation ein. Aber in das Kuvert steckte ich 10000 Neue Francs – zwei Bündel.
    4500 hatte Lucien beim zweiten Rennen für mich ausgelegt – beim ersten 5000. Die überschüssigen 500 Francs sollten eine nochmalige Freundschaftsgeste sein.
    Ich klebte das Kuvert zu, schrieb Luciens Namen darauf, brachte es zu meinem Freund Charles Fabre und bat ihn, den Umschlag Luden abends zu übergeben.
    »Gewiß, Monsieur Kaven.«
    Na ja, jetzt hatte ich also von meinem Gewinn nur noch 45000 Neue Francs. Aber es gibt gewisse Dinge, die kann man einfach nicht machen, nicht wahr?
    »Würden Sie mir einen Gefallen tun, Monsieur Fabre?«
    »Jeden, Monsieur Kaven.«
    Ich gab ihm die Nummer von Suzys Kosmetiksalon und bat ihn, dort anzurufen und zu bitten, daß mir meine Koffer (ich hatte ja bislang nur einen erhalten) schnellstens ins LE MONDE geschickt wurden. Es waren doch noch ein Haufen Sachen bei Suzy. Hoffentlich läßt sie sich jetzt nicht aus Gemeinheit oder Schmerz absichtlich Zeit, dachte ich. Und meinen Safe ausräumen muß ich auch noch, dachte ich. Aber ganz zum Schluß …
    »Wird sofort erledigt!« Fabre strahlte mich an. »Dieses Schmutzblatt haben Sie schön weichbekommen.«
    »Welches … ach so!« Er meinte die Boulevardzeitung mit der Skandalschlagzeile. »Eine ganze Seite nimmt die Berichtigung ein, Monsieur Kaven! Haben Sie es nicht gesehen?«
    »Nein. Ich mußte doch nach …«
    Gott sei Dank unterbrach er mich: »… Madrid! Mit Mademoiselle Geiringer. Wie geht es ihr?«
    »Besser«, sagte ich. »Sie ist da in den richtigen Händen, wissen Sie?«
    »Das freut mich, Monsieur Kaven, das freut mich wirklich, Mademoiselle Geiringer ist eine so liebenswerte junge Dame.«
    Dann fuhr ich mit dem Lift hinauf in den vierten Stock und ging den Gang hinunter zu meinem Appartement 419 und sperrte auf und schloß die Tür hinter mir und setzte mich und sah meine Schuhe an. Ich dachte an Ruth, zuerst ganz wirr, denn das war nun wirklich eine wirre Sache, und dann versank ich immer tiefer in Nachdenken darüber, was ich tun konnte, um Ruth wiederzusehen, und ich dachte an sehr viele Wege und wurde immer benommener dabei, und ich sah, daß meine Schuhe dreckig waren und zog sie aus, um sie zu putzen, denn das tat ich doch immer selber, und dann fiel mir ein, daß das Putzzeug in einem der Koffer lag, die sich noch bei Suzy befanden. Und so dachte ich weiter über Ruth nach und sah meine Socken an dabei. Sogar die hatte mir Sylvia gekauft. Alles, was ich trug – bis zu den Taschentüchern und Unterhosen und Socken –, hatte mir Sylvia gekauft. Es waren sehr schöne dunkelblaue Socken.

32
    D ie Tür flog auf. Der kleine Joe Gintzburger kam in den Salon gestürmt. Ich sah, daß hinter ihm Lejeune auftauchte und hinter diesem Rod Bracken und hinter diesem all die

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