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Niemand kennt mich so wie du

Niemand kennt mich so wie du

Titel: Niemand kennt mich so wie du Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna McPartlin
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Moment lang den Krankenhausschriftzug, dann ging sie hinein.
    Am Empfang blieb sie stehen und fragte nach dem Büro von Dr.   Declan Donovan. Nach dem Grund ihres Besuchs gefragt, antwortete Eve der diensthabenden Schwester am Empfang, sie sei da, um ihm ein Renovierungsangebot zu unterbreiten. Adam hatte ihr erzählt, dass Declan sein Büro zertrümmert habe. Die Geschichte hatte in Windeseile die Runde gemacht. Renovierung klang glaubwürdig. Die Frau grinste sie an und beschrieb ihr den Weg. Eve meldete sich im Wartebereich bei Declans Sekretärin, die ihr sagte, ohne Termin habe sie keine Chance.
    «Das glaube ich sehr wohl», antwortete Eve arrogant.
    «Also gut. Er ist momentan im OP. Sie werden also warten müssen.»
    «Kein Problem», sagte Eve.
    Ehe sie heraufgekommen war, hatte sie sich ein Buch besorgt und war in weiser Voraussicht noch mal auf die Toilette gegangen. Zweieinhalb Stunden später tauchte er auf. Er betrat das Vorzimmer und nahm die Post aus dem Eingangskorb, ohne seine Sekretärin eines Blickes zu würdigen.
    Mühsam kam Eve auf die Beine. Er drehte sich um, sah sie, und sein Gesichtsausdruck verwandelte sich in Sekundenschnelle von Überraschung zu Schock. Sie war gewappnet. Sie setzte ein teuflisches Lächeln auf, um ihn zu reizen, ohne jedoch offensichtlich als Biest zu erscheinen.
    «Declan», sagte sie.
    «Eve», antwortete er und wurde bleich.
    «Kannst du eine Minute für eine alte Freundin entbehren?» Sie blieb äußerlich völlig gelassen, doch in ihr tobte es. Reiß dich zusammen, Eve! Konzentrier dich und zieh das jetzt durch!
    Er lächelte seine Sekretärin an. «Natürlich», sagte er mit zusammengebissenen Zähnen.
    Langsam humpelte Eve in Declans Büro. Er schloss die Tür, und sie setzte sich. Er nahm hinter seinem Schreibtisch Platz und faltete die Hände unter dem Kinn.
    «Was kann ich für dich tun?», fragte er.
    Sie lachte. «Ich glaube, die Frage lautet eher, was ich für dich tun kann», antwortete sie.
    Vor der Tür tippte die Sekretärin medizinische Notizen ins Reine, ahnungslos, dass ihr Chef in diesem Augenblick direkt nebenan erpresst wurde.
     
    Am nächsten Morgen holte Clooney Stephanie aus der Klinik ab. Sie hatte zwar Schmerzen, ließ sich aber nicht davon abhalten, in Montmartre auf einen Kaffee anzuhalten. Sie überredete ihn dazu, sich gemeinsam mit ihr von einem Karikaturisten porträtieren zu lassen. Sie verbrachten einen fröhlichen, albernen Vormittag, genossen Milchkaffee und Croissants und lachten sich über die Skizzen kaputt, die nur für den Papierkorb taugten. Die beiden Bilder waren eine Momentaufnahme, eines traurigen noch dazu. Es war eine Ablenkung und nicht mehr. Als sie ins Hotel zurückkamen, war es Zeit, zu Mittag zu essen, und sie gingen ins Restaurant. Stephanie hatte Blutungen. Sie hatte leichte Schmerzen und fühlte sich unwohl, also aßen sie lediglich eine Kleinigkeit und gingen hinauf auf ihr Zimmer. Clooney ließ ihr ein Bad ein, weil er wusste, dass Stephanie die Badewanne liebte. Als das Bad bereit war, stieg sie in die Wanne, und er setzte sich auf den Rand.
    «Kommst du auch rein?», fragte sie.
    «Nein», sagte er. «Ich passe auf dich auf.»
    «Blödsinn!»
    Er trat ans Wannenende und massierte ihr den Kopf. Sie schmiegte sich an seine Hände.
    «Mein Vater sagt immer: Gott wird über uns richten, wenn wir Böses getan haben.»
    «Du weißt, dass ich nicht an Gott glaube.»
    «Ich aber.»
    «Außerdem ist das doch alles relativ. Dein Vater hat im Namen seines Landes unzählige Männer getötet, und wahrscheinlich auch Frauen und Kinder. Du berichtest nur darüber. Du wirst ein ungeborenes Kind los. Wer von euch beiden ist jetzt der Böse?»
    «Er glaubt an das, was er getan hat.»
    «Im Gegensatz zu dir.»
    «Ich habe selbstsüchtig gehandelt, er nicht.»
    «Er hat im Namen des Krieges lebendige, atmende, verängstigte Menschen umgebracht. Unser Kind war ein elf Wochen alter Fötus, es kannte weder Tag noch Nacht, keine Berührungen, weder die Liebe noch ein Lächeln. Er oder sie hat nie geweint, niemals Traurigkeit oder Schmerz empfunden. Dieses kleine Wesen hat nie gekämpft und hatte auch nie Angst. Die Menschen, die jeden Tag im Krieg ihr Leben lassen, wissen, was es bedeutet zu atmen, zu beten, zu flehen, zu leiden, zu verlieren, zu sterben, zu trauern. Wenn unser Kind gelitten hat, dann höchstens eine Sekunde lang. Die Menschen, mit denen dein Vater zu tun hatte, sind bestens mit dem Leid vertraut. Es sind

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