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Niemand kennt mich so wie du

Niemand kennt mich so wie du

Titel: Niemand kennt mich so wie du Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna McPartlin
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waren und er keine Schmerzen hatte, genoss er jeden Augenblick. Die Abende waren dunkel und trüb, und der Regen schlug gegen die Fenster, doch er hatte den Klang des Regens immer geliebt. Jean war von Anfang bis Ende dabei, ohne sich je aufzudrängen. Sie war eine Dame durch und durch. Sie benahm sich stets angemessen, auch wenn Eve und Clooney es seltsam fanden, dass sie am Sterbebett eines Agnostikers oft stumm betete und den Rosenkranz durch ihre Finger gleiten ließ. Eines Tages sprach Eve sie bei einer Tasse Kaffee darauf an.
    «Du weißt, dass mein Vater Agnostiker ist.»
    «Ja, Liebes, das weiß ich.»
    «Trotzdem betest du.»
    «Ich weiß. Egoistisch, oder?»
    «Ich fürchte, da komme ich nicht ganz mit.»
    «Weißt du, ich bete für mich.»
    «Ach so.»
    «Und du? Bist du auch Agnostikerin?»
    «So lange, bis die Jungfrau Maria oder ein dicker fetter Buddha, Allah oder Brahma ans Fußende meines Bettes tritt und mir das Gegenteil beweist», antwortete Eve.
    «Es wird schwer für dich werden, ihn gehen zu lassen», sagte Jean.
    «Ja», stimmte Eve ihr zu und konnte nicht mehr weitersprechen, weil ihre Nase juckte und Tränen in ihren Augen brannten.
    «Ich bete für ihn, weil es mir dann besser geht, und ich bete für mich, dafür, dass ich die Kraft habe weiterzumachen, wenn er nicht mehr da ist.»
    «Das wirst du», sagte Eve mit der Überzeugung, die die Erfahrung mit sich bringt, auch wenn ihr schon bei dem bloßen Gedanken daran das Herz weh tat.
    «Und du?», fragte Jean.
    «Menschen leben, und dann sterben sie, Jean», sagte Eve nüchtern und ließ Jean ihren Kaffee allein zu Ende trinken.
    Wenn sie unter sich waren, flirteten und lachten Jean und Eves Vater miteinander, und weder der Katheter noch der Stomabeutel vermochten seinen gewitzten Charme zu schmälern. Jean brachte Licht in sein abgedunkeltes Zimmer, und er war nicht der Einzige in der Familie Hayes, der ihr dankbar dafür war.
    Eve und Clooney verbrachten ganze Tage in dem Zimmer. Danny liebte Kreuzworträtsel und die Wiederholungen von «Wer wird Millionär?». Clooney verkündete die Antworten stets lauthals und in einem Brustton der Überzeugung, der keinen Zweifel zuließ. Oft genug lag er mit seiner Antwort daneben und brachte die anderen damit zum Lachen. Einmal lautete die Frage: «Welcher legendäre deutsche Gelehrte verkaufte seine Seele an den Teufel?», gefolgt von den üblichen vier Antwortmöglichkeiten.
    Eve sah ihren Vater an und zuckte die Achseln. Ihm ging es genauso.
    «Tannhäuser», verkündete Clooney selbstbewusst.
    Der 50   :   50-Joker kam zum Einsatz. Es blieben Faust und Tannhäuser. Clooney warf ihnen einen Blick zu und nickte selbstgefällig. Der Kandidat entschied sich für Faust.
    «Oh, oh, jetzt bist du am Arsch.»
    Der Moderator zog die Kunstpause beinahe unerträglich in die Länge, ehe er verkündete, dass der Kandidat soeben 16   000 Pfund gewonnen habe.
    Alle jubelten, bis auf Clooney, der so tat, als würde er sich furchtbar über das Gelächter seines Vaters ärgern.
    «Faust. Verdammt noch mal! Faust! Ja klar!»
    «Ja klar? So ein Blödsinn! Du hattest keinen blassen Schimmer!», sagte Eve.
    «Na schön», gab er zu. «Aber hätten wir gepokert, hätte ich die Hand gewonnen.»
    «Trottel!», sagte Eve.
    «Na schön, immer noch besser Trottel als Bigfoot!», sagte Clooney und lachte über seinen eigenen Witz. Ihrer Größe wegen war Eve bereits in der ersten Klasse von einem Jungen namens Eoin Shaw Bigfoot getauft worden und war den Namen bis zum Gymnasium nicht mehr losgeworden.
    «Danny!», rief Eve in einem Tonfall, der ihre Entrüstung über die Ungeheuerlichkeit zum Ausdruck brachte, dass Clooney es wagte, den Namen auszusprechen, der im Hause Hayes nicht genannt werden durfte.
    Eves Vater lachte und wiederholte leise: «Bigfoot.» Er kratzte sich die fahle Wange und schwelgte in der Erinnerung an das Spottlied, das Eves Klassenkameraden immer gesungen hatten – alle bis auf Lily natürlich.
    « Bigfoot Eve schwänzt die Messen, zieht es vor, nur Gras zu fressen … Wie ging das noch mal weiter?»
    «Danny!», wiederholte Eve im gleichen Tonfall, doch ihr Lächeln verriet, dass sie nicht so beleidigt war, wie sie tat.
    Clooney dachte einen Augenblick nach, dann hob er die Hand und rezitierte: «Bigfoot Eves Riesenfüße brauchen Schuh in Übergröße.»
    Eves Vater kicherte. «Das waren aber auch keine preisverdächtigen Dichter.» An jenem Abend ging er mit einem Lächeln schlafen, und es

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