Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Niemand kennt mich so wie du

Niemand kennt mich so wie du

Titel: Niemand kennt mich so wie du Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna McPartlin
Vom Netzwerk:
Frau ihre Aussage so bald wie möglich lesen könne. Sie wolle auf keinen Fall, dass es zu Missverständnissen käme. Eve sagte, sie sei sich bewusst, dass ihr Leben schon schwer genug war, ohne dass sie sich auch noch Gedanken darüber machen musste, was ihr Mann in jener Nacht getrieben hatte.
    «Ich weiß, was ich an ihrer Stelle denken würde», sagte sie.
    Er nickte und bestätigte, dass eine Affäre eine mögliche Schlussfolgerung sei. Sie konnte nicht einschätzen, ob er ihr die Geschichte abnahm. Es tat nicht unbedingt etwas zur Sache, wenn es darum ging, Anklage wegen Trunkenheit am Steuer zu erheben, und so kümmerte es ihn vielleicht nicht sonderlich. Nachdem er zugesagt hatte, Fiona eine Kopie ihrer Aussage zukommen zu lassen, erkundigte sie sich so beiläufig wie möglich nach Bens Zustand.
    «Ich fürchte, er wird es nicht schaffen», sagte er.
    «Wie bitte?» Obwohl sie seinen Tod als Möglichkeit in Erwägung gezogen hatte, schlug der Schock der Bestätigung wie ein Blitz in ihren Körper ein.
    «Er wurde gestern Nachmittag für hirntot erklärt. Morgen Vormittag wird die Beatmung abgeschaltet», sagte er.
    Sie nickte benommen. «Oh», sagte sie und bekämpfte den Drang zu schreien.
    «Es tut mir leid», sagte er.
    «Ja», sagte sie. Sie atmete ein und wieder aus. «Mir auch. Seine arme Frau.» Reiß dich zusammen. Reiß dich zusammen. Reiß dich zusammen.
    Er nickte und bedankte sich für ihre Zeit. Er sagte, falls nötig und falls weitere Fragen auftauchten, würde er sich wieder bei ihr melden. Er wolle sie auf dem Laufenden halten.
    Dann ließ er sie allein. Sie saß aufrecht in ihrem Bett und starrte den dünnen Vorhang an. Er ist fort. Ihr kamen die Tränen. Er ist fort. Augen, Nase und Ohren brannten. Er ist fort. Sie blinzelte. Er ist fort. Die Tränen flossen. Er ist fort. Die Nase lief. Er ist fort. Das Herz tat ihr weh. Er ist fort. Ihr drehte sich der Magen um. Er ist fort. Sie zog sich mit dem gesunden Arm die Decke über den Kopf und begrub sich darunter, um alleine in stickiger Dunkelheit zu trauern. Sie drückte auf die Bettsteuerung, bis sie wieder flach lag. Schließlich ließ sie ihren Tränen freien Lauf, ungesehen und stumm. Er ist fort.
     
    Lily sah dem Polizisten nach, als er den Flur hinunterging. Erst als er im Lift verschwand, verließ sie das Schwesternzimmer und betrat Eves Krankenzimmer. Sie trat an das Bett mit der Mumie, und als sie die tränennasse Decke über dem Gesicht sah und Eves erstickte Schluchzer hörte, schob sie die Hand unter die Bettdecke und hielt ihrer Freundin die Hand, genau so, wie sie es vor all den Jahren an einem sonnigen Nachmittag bei Eve im Garten getan hatte. Als Eve endlich aufhörte zu weinen, zog Lily die Hand zurück, stand auf und ging hinaus, damit Eve sich erholen konnte.
    Lily hatte viel zu tun. Es war einer der Tage, an denen es keine Atempausen gab. Als sie endlich eine Mittagspause machen konnte, war es bereits vier Uhr am Nachmittag. Declan war gerade aus dem OP gekommen, und so aßen sie zusammen eine Kleinigkeit. Plötzlich entdeckte sie Bens Frau und seine Mutter, die mit zwei unberührten Tassen Kaffee vor sich an einem Tisch saßen und ins Leere starrten. Lilys Herz fing an zu rasen, und sie senkte den Kopf, aus Angst, dass eine der beiden Frauen ihre Umgebung wahrnahm und die Krankenschwester erkannte, die früher mit Ben befreundet gewesen war und mindestens zweimal am Tag bei ihm reinschaute. Sie hatten sich an ihren Anblick gewöhnt und sogar ein- oder zweimal miteinander gesprochen. Bens Mutter erinnerte sich noch an Lilys Mutter, weil sie früher bei einer ihrer Freundinnen geputzt hatte. Als sie sich nach ihr erkundigte, erzählte Lily, dass es ihr gut gehe und sie vor vielen Jahren nach England gezogen sei. Da brach Mrs.   Logan in Tränen aus.
    «Ich glaube, wir werden ihn verlieren», sagte sie, und sie hatte recht. Ben Logan war verloren. Kurz nach diesem Gespräch fiel die Entscheidung, die Beatmung abzuschalten.
    Die arme Fiona tat Lily leid. Auch wenn Eve es nie gesagt hatte, so wusste Lily doch, dass sie mit Ben ins Bett gegangen war. Sie hätte vermutlich mehr Mitgefühl für Eves Kummer aufgebracht, wenn Ben ungebunden gewesen wäre. Ihr war klar, dass sie voreingenommen war, frömmlerisch und übertrieben sittenstreng, aber sie konnte es nicht ändern. Bens Frau verlor gerade ihren Mann, und wenn er unter der Erde lag, würde seine Affäre wahrscheinlich ans Licht kommen, und dann würde er ein zweites Mal

Weitere Kostenlose Bücher