Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Niemand

Niemand

Titel: Niemand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicole Rensmann
Vom Netzwerk:
nicht der Geist, meine ich. Niemand ist auf dem Weg zu den Niemandsländern, die zu ihm wollen und zum Zeitschalter. Alles wird gut.«
    Nina fragte sich, ob Lilly Quatschpillen verschluckt hatte, denn die Katze fand kein Ende: »Warum sollte Anton mich holen? Übrigens ein netter Name für einen Drecksack, nicht so schön wie meiner, aber nett. Nun erzähl du!«
    Nina setzte sich auf den Boden und drückte Lilly an sich. »Du bist mir als Einzige eingefallen.«
    Lilly schnurrte zufrieden. »So ist’s gut.«
    »Aber wir müssen hier raus. Niemand Sonst dreht durch, der lacht wie ein Verrückter. Ich habe Angst!«
    »Wir sind jetzt da, um dich zu retten. Angst brauchst du keine zu haben, oder Anton?«
    Anton schwieg, die Falten auf seiner Sackstirn zeigten, dass er sich sehr wohl vor seinem früheren Herrn fürchtete.
    »Und wie wollt ihr mich retten? Die Tür ist verschlossen, das Fenster zu klein.«
    Lilly rutschte von Ninas Schoß herunter, setzte sich vor sie, legte den Kopf schief und miaute. »Das ist ein Problem.«
    »Guck mal, ich hab dir jemanden mitgebracht.« Anton flüsterte und bewegte sich vorsichtig voran, als fürchte er, der Boden könnte unter ihm zusammenbrechen. Er setzte sich dicht neben Nina. »Du musst leise sein, er schläft.«
    Anton zog den winzig kleinen Trauerkloß aus seiner Tasche. »Ist der nicht niedlich?«
    Nur für einen kurzen Moment schreckte Nina zurück, als sie die Miniaturausgabe des Trauerkloßes erkannte, der ihr vor Stunden versuchte hatte, die Luft abzudrücken, und den die Gewitterhexe getötet hatte. Aber dieser Trauerkloß lebte.
    Sein runder Kloßbauch bewegte sich gleichmäßig auf und ab.
    Tiefe Atemzüge, die seinen Schlaf signalisierten.
    Und Anton hatte recht, er sah zu niedlich aus, als dass sie Angst vor ihm hätte haben können.
    »Petit«, sagte Nina, als sei ihr der Name zugeflüstert worden, und nahm Anton den frisch getauften und wenige Stunden alten Trauerkloß ab. Er lag auf ihrem Handteller, kleiner als ein Golfball.
    »Treffer!«, meinte Lilly.
    Beim Anblick des schlafenden Babykloßes spürte Nina einen Kloß in ihrem Hals. Sie wischte sich über die Augen.
    Im selben Moment, als ein bekanntes »Pling« mit einem ihr unbekannten »Hicks« folgend ertönte, spürte sie es auch: Eine Wimper hatte sich gelöst und drohte in Ninas Tränenflüssigkeit zu ertrinken. Doch Fräulein Klimper rettete sie und Nina pustete die Wimper von der Spitze des Zauberstabs. Für Sekunden glaubte sie den Flug ihrer Wimper erkennen zu können, während das leise, weit entfernte Klavierspiel die Zeit still stehen ließ.
    Die Zeit drehte sich weiter, die Melodie endete nicht. »Du musst dir was wünschen, Nina – hicks.«
    »Aber mir fällt nichts ein.«
    »Was soll das heißen, dir fällt nichts ein.« Lilly sah sie wütend an. »Du kannst nicht drei Wünsche frei haben!«
    »Warum nicht?«, mischte sich Anton ein.
    »Ja, das würde mich auch interessieren.« Lilly setzte sich vor Fräulein Klimper und betrachtete sie neugierig. »Na? Warum kann sie nicht drei Wünsche frei haben?«
    »Es geht einfach nicht.«
    »Einfach ist kein Grund. Du windest dich raus, Fräulein Klimperlein.«
    »Nenn mich nicht so, du blöde Katze.« Fräulein Klimper kicherte und stupste Lilly in die Seite.
    Nina streichelte dem schlafenden Trauerkloß Petit mit dem Zeigefinger über den Bauch. »Mir fällt kein Wunsch ein, genauso wenig wie ein Name für Niemand.«
    »Ha«, rief Anton und besann sich. Er wollte Petit nicht aufwecken und sagte leise: »Wünsch dir doch einen Namen für ihn.«
    Fräulein Klimper schüttelte den Kopf. »Das mach ich nicht.«
    »Und warum nicht?«, fragte Lilly.
    Fräulein Klimper raufte sich die Haare. »Ihr macht mich verrückt mit euren Fragen. Wimper fällt aus, ich komme, pling, hicks, Wunsch nennen, Wunsch wird erfüllt. Ich bin wieder weg. Das ist doch nicht so schwer.« Sie sank erschöpft auf den Boden und seufzte.
    »Dann wünsche ich mir, dass Niemand einen Namen bekommt«, sagte Nina.
    »Einen Namen kann ich nicht herbeiwünschen. Das hab ich doch gesagt! Du musst ihm den Namen geben, Nina. Das war sein Wunsch, seine Bitte, sein Befehl.« Sie flüsterte nun. »Die Dinge beim Namen nennen, das kann keine Fee, das kann nur jemand, wie du es bist.«
    Stille und Spannung setzten sich zu ihnen, senkten ihre Hände über Köpfe und Sackscheitel und warteten. Petits rhythmisches Atmen klang  wie das Taktschlagen der Ungeduld.
        

52.

    Niemand Sonst, der die

Weitere Kostenlose Bücher