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Niemand

Niemand

Titel: Niemand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicole Rensmann
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Blumen. »Ich fürchte, sie hat eine Überdosis Blütenstaub abbekommen.« Sie betrachtete Fräulein Klimper belustigt. Niemand hob die beschwipste Fee hoch, die sich lachend und zappelnd wehrte. »Du solltest deinen Rausch ausschlafen.«
    »Schlafen ist langweilig.«
    Niemand ließ sich nicht beirren, bettete die Fee behutsam auf einen mit Moos bewachsenen Baumstamm, zupfte ein Blatt von einem Baum und deckte sie damit zu. Fräulein Klimper streckte alle viere von sich und begann sofort laut zu schnarchen. Zwei – drei Mal. Dann kniff sie ein Auge zu und blinzelte durch das andere, zappelte mit Armen und Beinen, kicherte, drehte sich zur Seite und schlief tatsächlich ein.
    »Nina schickt dich?«, fragte Niemand den Drecksack. »Das erklär mir näher.« Skepsis sickerte zwischen den Worten hindurch und roch so scharf nach Chili, dass sich Lilly über die Nase fuhr.
    »Der Herrscher, der Herrscher. Ach du schlechte Naht, du schlechte Naht!« Der rot gefärbte Sack verbeugte sich so oft und schnell, dass selbst ein Bügeleisen die Falte in seinem Bauch kaum zu glätten vermocht hätte. »Was ist mit Nina? Mein Vater hat sie eingesperrt, ich stand in der Nähe der Türe. Wann willst du mit ihr gesprochen haben?« Niemand erinnerte sich mit einem Mal an den roten Schatten hinter seinem Vater, bevor er aus dem Schloss gerannt war, bei dem er davon ausgegangen war, dass es sich um einen Wächter der Roten Armee gehandelt hatte. Einen flüchtigen roten Drecksack hatte es noch nie gegeben.
    Hoffentlich ging es Nina gut. Niemand musste zurück und sie befreien.
    »Ich habe mich im Zimmer Ihrer Mutter versteckt, Herr.«
    »Wessen Mutter?«
    »Ihrer. Niemands Mutter, Herr.«
    Der Drecksack nickte eifrig.
    »Kanntest du es nicht?«, fragte Lilly.
    »Nein.« Er wusste viel zu wenig.
    »Und dann kam Nina«, sprach der Sack unbeirrt weiter. »Sie las Briefe und weinte, war wütend, dann habe ich mich zu erkennen gegeben und sie hat mich gebeten, Lilly zu holen. Die Abrissbirnenkatze. Sie ist wunderbar, diese Nina. Sie hat mir einen Namen gegeben.«
    Äther! Niemand platzte fast vor Eifersucht.
    Fräulein Klimper drehte sich auf die andere Seite, schmatzte und schnarchte für eine kleine Fee viel zu laut.
    »Ich bin Lilly, du hast mich gefunden.« Sie ging zwei Schritte auf den Drecksack zu und flüsterte. »Und wie heißt du jetzt?«
    Der Sack wuchs ein Stück. »Anton« sagte er und strahlte über beide Sackwangen.
    »Na, Anton willst du doch nicht heißen, Niemand. Für dich wird sie einen wunderschönen Namen finden.«
    Der Äthergeruch verflüchtigte sich und eine hoffnungsvolle Petersilien-Note zog auf.
    »Nina braucht dich, Lilly, ich soll dich holen.«
    »Natürlich braucht sie mich, da trifft es sich gut, dass ich eh auf dem Weg war, mit dem zickig-berauschten Fräulein Klimper. Wir müssen uns beeilen. Die Niemandsländer sind auf dem Weg hierher.«
    »Was?« Hatte Niemand das richtig verstanden?
    »Ja, sie kommen. Alle. Um dich zu unterstützen. Niemand, du Herrscher des Niemandslandes.«
    Niemand fror mit einem Mal, feine Härchen überall auf seiner Haut stellten sich auf. Er strich sich über einen Arm. So fühlte sich Gänsehaut an. Freudige Erregung ließ sein Herz schneller schlagen.
    »Jesus führt sie und du weißt ja, wie er das macht.«
    Niemand schüttelte den Kopf. Er wusste es nicht.
    Lilly machte eine abwehrende Pfotenbewegung. »Du musst zu ihnen gehen. Zeig ihnen den Weg, Niemand. Sofort! Wir gehen zu Nina.«
    »Aber ich wollte Nina befreien.«
    »Und was machst du dann hier draußen?«
    Niemand stotterte. »Ich … ich … konnte ihm entkommen, entdeckte den Drecksack, folgte ihm und dann seid ihr aufgetaucht.«
    »Klingt nicht nach einem ausgereiften Befreiungsplan.«
    »Ich wollte auch kein Herrscher sein. Im Planen bin ich noch nicht ausgereift, ich bin überhaupt noch nicht ausgereift, ich bin ein Junge.«
    »Woher weißt du das?« Fräulein Klimper sah ihn neugierig an, gähnte lautstark, setzte sich auf und streckte sich.
    »Ich hab mich gesehen, als die E-Mann-Zehen auf mir herumkrabbelten.«
    »Woah. Ein Junge?! Toll!«, meinte der Drecksack, der noch nie einen Jungen gesehen hatte und vermutlich nicht einmal wusste, wie so ein Junge aussah.
    »Aber was hättest du auch sonst sein sollen? Ein Affenarsch?« Fräulein Klimper kicherte wieder, ihren Rausch hatte sie noch nicht ausgeschlafen.
    »Ich weiß wirklich nicht, wie viel sie von dem Feenkrautblütenstaub abbekommen hat, aber ich wünschte,

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