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Niemand

Niemand

Titel: Niemand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicole Rensmann
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neben dem einzigen roten und allerersten getauften Drecksack des Niemandslandes zur Burg lief.
    »Toll. Wunderbar. Ein Anton ist ein Anton, kein Drecksack. Ist das nicht schön? Ach, meine Herrin ist lieblich. Sie hat mir einen Namen geschenkt und ihr Vertrauen.«
    Anton vollführte Freudensprünge. »Und stell dir vor, sie hat mir sogar über meine alten Sackfalten gestrichen. Ich glaube, sie liebt mich.«
    Lilly wollte Anton sagen, dass Nina ein freundliches Mädchen, aber sicher nicht in ihn verliebt sei, doch das leise Jammern eines tot geglaubten Niemandsländers hielt sie davon ab. Auch Anton musste es gehört haben, er blieb stehen und blickte in die Richtung, aus der die Miniatur eines Trauerkloßes auf unsicheren Beinchen heranwankte.
    »Ist es das, was ich glaube?« Lilly rieb sich die Augen.
    »Ich weiß nicht, an was du glaubst, aber ich sehe einen Trauerkloß, ein winzig kleines Mini-Klößeleinchen.«
    Anton schien verzückt, eilte dem Kloß entgegen, hob es mit seinen Stummelsackarmen in die Höhe, schwenkte es im Kreis und schob es anschließend sachte in eine Sacktasche. Anton bewegte sich nun wiegend voran und summte dem weinenden Klößchen eine Melodie. Das Gejammere ließ nach. Erstaunlich.
    Lilly eilte dem selig-summenden Drecksack hinterher. Sie beschloss die Schnauze zu halten, musste sich aber darauf konzentrieren, der Melodie nicht zu lauschen, denn sie spürte eine bleierne Wirkung auf ihre Augenlider, und ihr Schritt verlangsamte sich, wenn sie Anton zuhörte. Also lief sie ein Stück voraus und entging dem Gesumme, das eine einlullende Wirkung auf sie und das neue Klößchen hatte.
    Schnell und ohne Gequengel erreichten sie ihr Ziel.
    »Wo ist Nina?«
    Anton summte nicht mehr, er wies Lilly von außen auf die scheibenlosen Öffnungen hin, die zu dem Zimmer führten, in dem Niemand Sonst sie gefangen hielt.
    »Okay, da komme ich von außen rein.«
    »Ich schleiche mich an den Wachen vorbei und schiebe mich unter der Tür hindurch.«
    »Gut, wir sehen uns dort.«
    Lilly rannte los, drehte sich noch einmal um und rief: »Passt das Trauerkloß-Baby überhaupt unter der Tür hindurch?«
    Anton lugte in seine Sacktasche, dorthinein, wo das Klößchen schlief, und nickte.
    »Dann summ schön weiter, damit es nicht aufwacht.«
    »Pssschhht. Nicht so laut.« Anton runzelte verärgert seine Sackstirn, aber es folgte kein Babykloßschreien. Glück gehabt.
    Hoffentlich blieb das Glück auf ihrer Seite.
    ******

    Nina saß am Ende des Raumes, die Beine angezogen, die Arme um die Knie gelegt, und starrte auf die verrammelte Tür. Das verrückte Gelächter war verstummt, die Angst geblieben, Niemand Sonst würde sie holen, bevor Niemand zurückkehrte und sie befreite.
    »Er rettet mich doch, oder?«, flüsterte Nina.
    »Ich bin schon da!«
    Nina sprang auf. Das klang nicht nach Niemand.
    »Ich rette dich! Aua. Wer hat denn das Zeug hier hingestellt?«
    Anton!
    Er hatte sich am Bettgestell gestoßen, kroch jedoch unverletzt darunter hervor und grinste über beide Sackwangen. »Und ich habe Lilly gefunden, wie du es mir aufgetragen hast.«
    Nina freute sich, den Drecksack zu sehen, hatte aber so sehr auf Niemand gehofft, dass sie enttäuscht fragte: »Und Niemand? Hast du ihn gesehen?«
    Sie seufzte, auch der Drecksack konnte Niemand nicht sehen.
    »Hast du Niemand getroffen? Und wo ist Lilly?«
    »Hier! Ich hätte beim Nikolaus weniger essen sollen. Das Klettern ist verdammt anstrengend. Vielleicht bin ich auch schon zu alt für diesen Scheiß.«
    Lilly sprang durch eine der schmalen Öffnungen und landete direkt vor Ninas Füßen. Anstatt sie zu begrüßen, brachte sie ihr Fell in Ordnung. So ein Abenteuer konnte einer ABK anscheinend ziemlich gegen den Strich gehen.
    Dann schien sie sich zu besinnen, schüttelte den Kopf und murmelte etwas von Jesus und Haarpracht.
    Nina fühlte sich von den Ereignissen wie paralysiert und konnte nur eine Frage wiederholen: »Wo ist Niemand? Wo ist Niemand?«
    »Niemand kann nicht rein, er ist zwar unsichtbar, passt aber mit Sicherheit nicht unter der Tür hindurch – und ein Arschkriecher, den ich mal eben so mitschleppen könnte, ist er nicht.«
    »Und das ist vermutlich ziemlich gut?!«
    Lilly sah Nina entrüstet an. »Natürlich!« Sie ging auf Nina zu, schlich um ihre Beine und schnurrte: »Wir waren auf dem Weg zu dir. Ich und Fräulein Klimper. Die ist übrigens betrunken, muss aber noch arbeiten. Der Quälgeist hat eine Wimper verloren. Armes Ding. Die Fee,

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