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Niemand

Niemand

Titel: Niemand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicole Rensmann
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wollten sie ihr Gesicht spalten.
    »Ich pass auf dich auf«, sagte Mister Dings.
    »Sie kommen!« Die Augenlinsen von Nummer 89 bestanden aus Fernglas und ließen einen nahen Weitblick zu. In diesem Fall sahen jedoch alle, dass ein Drittel der Armee auf dem Marktplatz zurückblieb und die restlichen Greislinge geradewegs auf sie zumarschierten.
    Nummer 32 drehte sich um und sah den Berg hinunter.
    Als habe jemand ein Zeichen gegeben, trafen auch die Niemandsländer am Zeitschalter ein. Aus der Ferne betrachtet wirkten sie wie ein Heer aus Ameisen, übermächtig und groß – von der Anzahl her. In der Körpergröße überragten die Greislinge alle Niemandsländer ums Vielfache. Und trotz der goldenen Schwerter und Äxte waren die tödlichsten Waffen ihre Füße, unter denen sie jeden zermalmen konnten, ohne es zu bemerken.
    »Jetzt!«, schrie Nummer 32 und preschte hervor.

83.

    Ein Schrei schreckte die Niemandsländer auf. Sie sahen die Anhöhe hinauf. Nur die Größten unter ihnen erkannten, dass dort oben ein Kampf zwischen gigantischen Kröten und kleinen Wesen stattfand. Wesen, wie sie es waren. Es waren welche von ihnen. Niemandsländer. Sie kämpften um ihr Leben, dort wo sich vor nicht allzu langer Zeit alle Niemandsländer versammelt hatten, nachdem der Wind ihnen zugeraunt hatte, dass Niemand nach einem Namen verlangte.
    Sie hatten Befehle entgegengenommen und ein Mädchen namens Nina gesucht, sie waren durch das halbe Niemandsland gelaufen wie die Stromschwimmer.
    Doch einen Namen, den hatte ihr neuer Herrscher nicht erhalten.
    »Warum nicht?«, raunten die ersten Stimmen. »Wann erhält Niemand seinen Namen?« – »Wofür kämpfen wir und setzen unser Leben aufs Spiel?« – »Ihr lasst uns am langen Arm verhungern.« – »Für wen denn?« – »Was bietet der neue Herrscher?«
    Der Nikolaus legte den Kopf leicht schief und horchte. »Der Kampfgeist.« Er lachte. »Der Kampfgeist ist zurück«, rief er und hob die Arme. »Willkommen in unserer Mitte!« Sein Lachen – laut und hell – steckte an, nach und nach lachten alle Niemandsländer und umarmten sich.
      
    Nur Nina fürchtete sich.
    Sie kämpften. Oh Gott. Sie kämpften. Sie waren riesig. Diese Kröten. Gigantisch. Sie würden alle töten. Alle. Und sie mit. Und wenn sie es nicht waren, dann der Mob aus Niemandsländern, den sie, ohne es zu wollen, gegen sich aufgebracht hatte. Denn einen Namen hatte sie noch immer nicht für Niemand. Sie presste die Decke, in der Petit schlief, an ihre Brust. Nina wollte nicht sterben.
    »Wir brauchen die Nacht!«, tönte es aus den Reihen. »In der Nacht sind alle Katzen grau.«
    Der Nikolaus zog die buschigen Augenbrauen kraus und strich nachdenklich seinen Bart glatt.
    »Nacht! Nacht! Nacht! Nacht!«
    Nina sah sich um. Der Zeitschalter. Alle redeten vom Zeitschalter und der Nacht. Sie redeten nur und handelten nicht. Sie wollten die Nacht? Dann sollten sie die Nacht bekommen!
    Nina versuchte den Schalter zu bewegen.
    Doch mit einer Hand hatte sie nicht genug Kraft. Sie legte Petit in seiner Decke eingewickelt auf den Baumstumpf, neben den Knüppel, der als Schalter diente. Mit beiden Händen und ihrem gesamten Körpergewicht stemmte sie sich dagegen, doch er klemmte fest.
    »Verdammt. Die Geier umkreisen uns!« Nina erschrak. Das waren nicht die Worte, die sie sagen wollte.
    »Geier? – Was meint sie damit? – Geier? – Komisches Mädchen, Niemands Nina.« Die Niemandsländer tuschelten und raunten.
    »Ihr sollt mir helfen!«
    Sie reagierten nicht. Das Lachen war verstummt, der Kampfgeist zitterte beim Anblick der Giganten zwischen den Beinen der Niemandsländer. Nina blickte den Berg hinauf. Die Greislinge kamen. Sie liefen nicht, sie hatten es nicht eilig. Sie marschierten siegesgewiss und in stoischer Ruhe den Berg hinunter. Es sah fast so aus, als schlenderten sie. Und das machte Nina wütend.
    »Diese blöden grünen Goldfrösche. Die machen wir platt!«, schrie Nina. »Wir haben auch Gold. Seht ihr?«
    Sie raufte sich die Haare, »Die Kreischzwerge haben mir eine Strähne geklaut.« und lief wie ein wütendes Wurzelmännchen hin und her. »Und hier, das Goldene Horn.« Nina riss das Horn aus den Händen des Himmlischen Kindes, das vor Überraschung wie paralysiert hinter Nina herstarrte, die Hände in der letzten Streichelbewegung erstarrt. Es bewegte sich erst wieder, als Nina ihm sein Horn zurückgab, und drückte es fest an sich.
    »Nichts glänzt mehr. Und überhaupt, was seid ihr denn für

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