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Niemand

Niemand

Titel: Niemand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicole Rensmann
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mich überkommt mit einem Mal so ein Friede-Freude-Eierkuchen-Gefühl«, raunte Anton, lächelte verliebt, dann rieb er sich seinen Bauch, das pauswangige Sackgesicht nahm eine lila Farbe an und das Lächeln verschwand. »Ich glaube, ich brech ins Essen.«
    »Du redest Blödsinn. Reiß dich am Riemen.«
    Niemands Fuß schmerzte bei jedem Schritt und er glaubte am Rücken und an den Armen zu bluten. Kratzer, die er sich ebenfalls zugezogen hatte. Schmerz. Kein schönes Gefühl, aber eine Regung seines Körpers, die er vor Nina nicht gekannt hatte. Eigentlich verwunderlich, denn er war auch früher viel durch das Niemandsland gewandert. Immer allein. Viele Niemandsländer hatte er getroffen, mit ihnen gesprochen, andere hatten ihn gemieden, waren verängstigt weggelaufen oder hatten ihn für seinen Vater bespitzelt. Aber egal, welchen Weg er gegangen war, er konnte sich nicht an ein Erlebnis erinnern, das denen auch nur annährend glich, seit Nina die Grenzen überschritten hatte.
    Das musste Leben sein. Er atmete tief ein und hätte kurz darauf genauso tief und mit einem Seufzer ausgeatmet, doch er hatte die Elfenstaub streuenden Elfen übersehen, die sie im Liebeswäldchen willkommen hießen. Niemand hustete und würgte, der Elfenstaub brannte im Mund, im Hals, in der Lunge.
    Die Elfen hielten inne, schwirrten auf einer Stelle über Niemand und Anton zusammen und tuschelten besorgt.
    Hinter einem Schleier aus Tränen erkannte er Anton, dessen Sackstirn tiefe Sorgenfalten durchzogen, sein Mund stand vor Überraschung auf. Er sah Niemand – sah Niemand als das, was er war: ein Junge?! Nun fuchtelte Anton mit seinen Sackärmchen und hüpfte nervös auf und ab, als stünde er unter Strom. »Ich kann dich sehen. Das muss ich Petit zeigen. Das muss Nina sehen. Alle müssen es sehen.« Anton legte die Stummelsackarme über seinen Bauch und stöhnte. »Wie kann ich dir helfen, wie kann ich dir nur helfen?« Ächzend beugte er sich nach vorne über. »Mir ist so schlecht.« Er atmete hektisch. »Ich kann dich sehen! Du siehst gut aus, bist kein Sack. Das kann ich sagen.«
    Niemand glaubte zu ersticken. Er vernahm Antons Worte zwischen Hustenattacken. Schwindel überrollte ihn, er fühlte sich einer Ohnmacht nahe. Niemand ging in die Knie, hustete, stützte sich mit den Händen auf dem Boden ab. Sein Bauch schmerzte. Er bekam keine Luft mehr, sackte zur Seite. Sein Atem stoppte.
    ******

    Die Elfenschar erschrak und flüsterte, erschrocken, voller Sorge und Angst. Sie hatten Niemand getötet?
    Er atmete nicht mehr.
    Sie hatten Niemand getötet!
    Er lag dort. Seine Umrisse zeichneten sich deutlich ab.
    Lunge und Mundhöhle waren mit Elfenstaub gefüllt.
    Elfenstaub zauberte die Unsichtbaren sichtbar und verlieh Flügel.
    Im Liebeswäldchen verlieh alles Flügel, weil die Liebe beflügelte.
    Aber nun wurde das Liebeswäldchen zum Todeswald.
    Aufgeregt flatterten die Elfen in alle Richtung. Die Säckchen, in denen der Elfenstaub aufbewahrt wurde und die sie um ihren Hals trugen, drückten sie feste an sich. Nur ihre Körbe ließen sie fallen. Beim Aufprall ergossen sich Rosenblätter, Liebesperlen, Liebesknochen und Erdbeeren über den Boden.
    Aus. Die Liebeszauberei.
        

85.

    Ein Kampf, wie Niemand Sonst ihn liebte. Davon hätte es viel mehr geben müssen. Schlachten dieser Art hätte er in den vergangenen Jahren als kurzweilige Unterhaltung befehlen müssen. Die Zukunft barg freudige Ereignisse und spannende Showeinlagen mit tödlichen Ausgängen. Niemand Sonst verspürte Vorfreude.
    Wie aus dem Nichts waren mit einem Mal die fünf Verfolger aus der Böschung hervorgesprungen und hatten sich den Greislingen in den Weg gestellt. Welch verrücktes Unterfangen.
    Fünf gegen Hunderte. Und Niemand Sonst. Mit freudigem Grausen hatte er aus der Nähe betrachtet, dass nur ein einziger der Greislinge ausreichte und die Rebellen niederstampfte.
    Er kannte Mister Dings und Misses Bums. Niemand Sonst hatte sie oft von seinem Aussichtsturm aus Händchen haltend oder Arm in Arm durch die Wälder spazieren gehen sehen. Im Liebeswäldchen hatten sie ihren Stammplatz in der Geheimratsecke. Sie küssten und befummelten sich unentwegt, konnten nicht vom anderen lassen. Ekelhaft. Das unzertrennliche Paar hatte nicht den Funken einer Chance. Ein Patsch und Mister Dings war tot. Ein Schrei – Misses Bums. Ein Patsch. Der Schrei verstummte. Mister Dings und Misses Bums starben beinahe zeitgleich. Vermutlich liebten sie sich auch über den

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