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Niemand

Niemand

Titel: Niemand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicole Rensmann
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recht hatte.«
    Lilly rannte mit Fräulein Klimper auf dem Rücken los. Noch einmal kehrte sie zurück. »Nina, lauf weg! Die Greislinge dürfen dich nicht erwischen.«
    »Mir passiert nichts. Lauft! Holt Petit zurück!«
    Nina wusste, dass die Greislinge sie töten würden.
    Für diese hässlichen Riesenkröten war sie nichts weiter als ein kleines Nichts, das ihnen nicht einmal im Weg stand.
    Die Greislinge erreichten die Lichtung.
      
    Und mit den Greislingen kam der Wind, der ihnen seltsame Geschichten ins Ohr raunte. Alle lauschten. Keiner wollte es glauben. Und doch, der Wind hatte sie noch niemals belogen.
    Niemand war tot?!
    Mit seinen pfeifenden Worten brachte der Wind Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit mit, die an den Niemandsländern zerrten und statt Waffen Taschentücher verteilten. Die Greislinge trampelten Roboter nieder, als seien es Grashalme. Mit ihrem gasigen Atem töteten sie drei Familien der Glücksgeflügelten. Ohne eine Chance des Widerstandes erschlugen sie ein Dutzend Dumme Kühe und mindestens genauso viele Doofe Hunde. Mit einem Affenkopp spielten sie Volleyball – und verhöhnten die Niemandsländer –, bis sie ihn unter Gelächter an einem Baumstamm zerschmetterten. Dabei übersahen sie, dass dieser Stamm lebte. Das Wurzelmännchen wütete wie zu seinen besten Zeiten. Es war stark. Aber allein hatte es keine Aussicht auf Erfolg, sondern nur die Chance auf Brennholz aus seinen knorrigen Gliedern.
    Farbige Kröten eilten den Niemandsländern zu Hilfe. Sie rebellierten sich aus der Sklaverei frei, nachdem sie unter nicht unerheblichen Schmerzen die Goldklumpen entfernt hatten, die ihnen die Greislinge unter weitaus größerer Pein auf ihre Giftdrüsen hinter den Augen eingestanzt hatten. Jetzt übten sie Rache. Sie verdeckten den Giganten die Sicht, zerrten Goldschmuck aus den Leibern, spritzen ihnen ihr Gift in großen Mengen in die Fleischwunden oder schlugen in Scharen auf einen Greisling ein, bis dieser ohnmächtig zusammenbrach.
    Die Niemandsländer kämpften. Sie kämpften um ihr Leben, für ihr Niemandsland und für Niemand, der tot sein sollte. Sie kämpften mit Tränen in den Augen.
    Waffen besaßen sie nicht, außer sich selbst: Der Schaumschläger schlug keinen Schaum, er erschlug Greislinge mit seinem Schläger, sobald er sie zu Fall gebracht hatte.
    Die Roboter besaßen Vorrichtungen in ihren hohlen Bäuchen: Messer, Säbel, E-Schocks und ausfahrbare Nägel in Korkenzieherformat. Sie waren für einen Kampf nicht nur gut ausgerüstet, sie verfügten auch über die nötige Kraft. Die Besseren Hälften sammelten gemeinsam mit den Lackaffen und einer grimmig aussehenden Schwätzbacke die goldenen Waffen der gestürzten Kröten auf und verteilten sie an die unbewaffneten Niemandsländer. Der Nikolaus zog eine Taschenlampe, Marke Totschläger, unter seiner roten Jacke hervor und kämpfte wie ein Held.
    Freudenrufe und Motivationsschreie, Wehklagen und Schmerzensschreie sammelten sich wie Gewitterwolken über der Lichtung.
    Nina weinte, als sie einer Kröte zuerst die Füße abschlug und sie anschließend köpfte, nachdem der fußlose Greisling nach vorne übergekippt war. Sie warf die Axt weg und unterdrückte den Drang, sich zu übergeben.
    In ihrem Leben, bevor sie die Grenze überschritten hatte, konnte sie nicht einmal eine Mücke erschlagen. Aber dieses Leben erschien ihr unendlich weit weg. Hier kämpfte sie mit einer verrückten Schar von Wesen, deren Namen nichts anderes waren als das, was sie darstellten. Vom Arsch mit Ohren bis zur Zimtzicke gab es hier alles, was sie in dem Leben, das heute Morgen noch ihres gewesen war, nicht laut ausgesprochen hätte. Und es gab hier einen Jungen – sie glaubte, dass es ein Junge war –, der für sie so viel mehr als das zu sein schien. Jemand, dem sie einen Namen geben sollte. Aber es fiel ihr keiner ein. Nicht ein einziger, verdammter, richtig klingender Name wollte ihr für Niemand einfallen. Und dann war da diese Stimme, die ihr zuraunte, er sei tot. Niemand sei tot!
    Als Petit entführt wurde und der Kampf gegen die Greislinge begann, hatten alle von dem Versuch abgelassen, den Schalter zu betätigen. Sie brauchten die Nacht. Und wenn es stimmte, was sie zu hören glaubte, dann könnte Nina nicht nur dafür sorgen, dass es Nacht wurde, sondern auch Niemand zum Leben erwecken.
    Sie glaubte nicht an Niemands Tod.
    Sie war verwirrt.
    Ein Stoßseufzer löste sich aus ihrer Brust, so laut, dass der Nikolaus und das Himmlische Kind

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