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Niemandsland

Niemandsland

Titel: Niemandsland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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sich an, als würdet ihr nur grunzen.«
    »Richtige Männer quatschen so«, sagte Åke Stålhandske mit einem Augenzwinkern. »Wir befinden uns mitten in einer geschäftlichen Verhandlung.«
    Urmas Rinne kam mit neuen Fischportionen auf Papptellern wieder. Er schien hinter dem Plumpsklo einen anscheinend unerschöpflichen Vorrat zu besitzen. Er servierte schweigend, und als Anna sich auf finnisch bedankte, kitos , lächelte er.
    »Und was gedenkst du zu tun, wenn hier Schnee liegt?«
    fragte Urmas Rinne.
    »Ich will auf dem Eis fischen. Will mir ein Schneemobil kaufen und auf dem Eis fischen.«
    »Für ein Schneemobil mußt du sechzigtausend Mark hinlegen.«
    »Ich habe von Verwandten Geld geerbt. Das ist nicht so schlimm.«
    »Verstehe.«
    »Ja.«
    »Kannst du fischen?«
    »Nein, nicht besonders. Jagen wollte ich auch, falls ich mich in deine Jagdtruppe einkaufen kann, oder wie ihr das hier oben organisiert.«
    Åke Stålhandske hielt nach seinem frechen und vielleicht unbeholfenen Vorstoß die Luft an. Urmas Rinne lächelte fein und kaute nachdenklich auf seinem Fisch herum, bevor er etwas sagte.
    »Kann ein Wasserschwede wie du schießen?«
    »Ja«, sagte Åke Stålhandske und stürzte sich in einen wilden Vorstoß. »Ich schieße besser als du.«
    »Nicht doch. Nie im Leben«, stellte Urmas Rinne fest, und Åke seufzte erleichtert, da sein Vorstoß erfolgreich gewesen war.
    »Doch«, entgegnete er ausdruckslos.
    »Ein Mann sollte nicht angeben«, sagte Urmas Rinne nach langer und intensiver Bedenkzeit. »Ein guter Mann prahlt einfach nicht.«
    »Nein«, gab ihm Åke Stålhandske recht und zog den Fang dann schnell zu sich heran. »Es ist doch keine Prahlerei, wenn ich sage, daß ich besser schieße als du.«
    »Vitto!« sagte Urmas Rinne und entfernte sich mit entschlossenen Schritten.
    »Da ist ja schon wieder dieses Wort«, sagte Anna erstaunt.
    »Schließt man auch Verhandlungen mit diesem Wort ab?«
    »Ja, es ist sehr finnisch«, erwiderte Åke Stålhandske. Er gab sich die größte Mühe, jeden Anflug eines Lächelns von seinem Gesicht fernzuhalten und eine männliche finnische Maske zu wahren.
    Nach einiger Zeit kam Urmas Rinne vom Haus zurück. Er ging mit langen, energischen Schritten und hielt ein Gewehr mit Zielfernrohr in der einen Hand und eine Patronenschachtel in der anderen. Es war ihm anzusehen, daß er wütend war. Er würdigte Anna keines Blickes, sondern ging direkt zu Åke.
    »Jetzt werden wir verdammt noch mal schießen«, stellte er fest.
    Åke Stålhandske antwortete mit einem kurzen Kopfnicken.
    »Auf hundert Meter schießt es gleichmäßig«, sagte Urmas Rinne und stopfte fünf Patronen ins Magazin.
    Åke Stålhandske musterte die Waffe und sah, daß es ein Stutzen der Marke Sako mit dem Kaliber 6,5 war. Dieses Gewehr war kein Problem für ihn.
    »Bitte sehr, jetzt schieß doch, du verdammter Wasserschwede«, sagte Urmas Rinne, dessen Tonfall keineswegs so unfreundlich war wie der Wortlaut, und reichte ihm das Gewehr.
    Åke Stålhandske nahm es entgegen, wog es in der Hand, legte ein paarmal zur Probe an und sah sich dann um.
    »Was habt ihr vor?« wollte Anna wissen.
    »Finnische Männer unter sich«, erwiderte Åke Stålhandske. Dann entdeckte er ein geeignetes Ziel. Auf einer 65 oder 70 Meter entfernten kleinen Landzunge stand eine trockene, verwachsene Kiefer mit toten Ästen, die in alle Richtungen ragten, und hinter der Kiefer erhob sich eine zwanzig Meter hohe Felswand. Es war ein ausgezeichnetes Ziel mit einem perfekten Kugelfang.
    »Wenn es tatsächlich so ist, wie du sagst, daß es auf hundert Meter genau trifft«, sagte Åke Stålhandske zu Urmas Rinne, »solltest du als erster schießen. Ziel auf die Mitte des untersten Astes dieser Kiefer da. Dann werden wir weitersehen.«
    Urmas Rinne nahm sein Gewehr mit einem kurzen Blick auf den Schweden in Empfang, setzte sich, stützte die Ellbogen auf die Knie und schoß nach kurzem Zögern. Er traf den Ast in der Mitte und reichte Åke Stålhandske zufrieden das Gewehr. Dieser stellte mit einem Kopfnicken fest, daß die Einstellung des Zielfernrohrs offenbar in Ordnung war; auf diese Entfernung wäre es schwer gewesen, die Einstellung zu korrigieren, da dieses Kaliber zwischen null und hundert Meter eine sehr flache Schußbahn hatte.
    Åke Stålhandske nahm sich eine neue Patrone und schob sie in den Lauf. Dann stand er auf und holte ein paarmal tief Luft, während er sich mit abgewandtem Gesicht konzentrierte. Der Finne sollte ihm

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