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Niemandsland

Niemandsland

Titel: Niemandsland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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nicht ansehen, mit welchem Ernst er sich auf die Aufgabe einstellte.
    Dann hob er das Gewehr blitzschnell an die Wange und schoß stehend, zunächst auf den nächsten Ast, der bedeutend dünner war als der, den Urmas Rinne sich vorgenommen hatte. Dann lud er durch und schoß auf den Ast darüber. Jetzt wußte er, daß er sich auf die Waffe verlassen konnte. Dann schoß er in schneller Folge noch auf drei weitere Äste. Der letzte in der Reihe war kaum dicker als zwei Finger.
    Urmas Rinne hatte so etwas in seinem ganzen Leben noch nicht gesehen, und Åke Stålhandske wußte es.
    Er zog die letzte Hülse heraus und reichte Urmas Rinne die Waffe mit herausgezogenem Schlußstück, natürlich ohne auch nur mit einer Miene ein Triumphgefühl oder Befriedigung zu zeigen.
    »Ja«, sagte Urmas Rinne, schob das Schlußstück ein und hob die Patronenschachtel auf. »Für einen Wasserschweden schießt du gar nicht übel.«
    Urmas Rinne ging zum Haus hinauf, ohne noch etwas zu sagen. Er hatte sich das Gewehr über die Schulter gelegt und hielt die Patronenschachtel in der Hand. Åke Stålhandske sah nachdenklich hinter ihm her und nickte stumm und bestätigend, als hätte er soeben etwas verstanden oder dazugelernt.
    In Anna kämpften widerstreitende Gefühle miteinander. Sie empfand sowohl Unbehagen wie Wohlgefühl. Sie hatte an der Sporthochschule einiges mit dem Fünfkampf-Training der Männer zu tun gehabt und wußte genügend vom Schießen, um beurteilen zu können, daß sie soeben fast eine Zirkusnummer miterlebt hatte. Daher das Wohlgefühl.
    Sie sah aber auch mit entsetzlicher Klarheit, daß der Mann, dem sie vorhin die Ehe versprochen hatte, Waffen nicht als Sportgeräte sah. Waffen waren für ihn Berufsinstrumente.
    »Womit beschäftigt ihr euch, ich meine, womit beschäftigt ihr euch eigentlich ?« fragte sie, um dem Schweigen ein Ende zu machen.
    »Verhandlungen«, erwiderte Åke Stålhandske eintönig, als spielte er noch immer die Rolle des finnischen Finnen.
    »Und wie stehen sie?« fragte sie mit einem hörbaren Anflug von Ironie.
    »Nun ja. Ich glaube, ganz gut«, erwiderte er. Jetzt wurde ihm sein Theater selbst bewußt, denn er lächelte plötzlich. »Wir haben uns soeben darauf verständigt, daß ich das Häuschen für den Winter isoliere und als Jäger debütieren darf.«
    »Du bist doch noch nie auf die Jagd gegangen?« fragte sie verblüfft.
    »Nein, den Teufel habe ich«, sagte er in einem Tonfall, als wäre er mit den Verhandlungen schon weiter, »ich habe noch nie ein Tier geschossen.«
    Im Hafen des Todes war endlich so etwas wie Ordnung eingekehrt. Alexej Mordawin war vor allem damit zufrieden, daß die mit Blei ausgekleideten Stahlkoffer durch bedeutend leichtere Verpackungen ersetzt worden waren; er hatte den Sinn dieses Bleifutters nie begriffen. Sollte die Verpackung vor einer Analyse durch den Feind aus nächster Nähe schützen, oder was? Wie üblich hatte jemand, der von nichts eine Ahnung hatte, Entscheidungen getroffen.
    Der große Hangar in der Mitte war jetzt in drei Sektionen eingeteilt. In der ersten wurde vorsortiert. Die Gefechtsköpfe wurden abmontiert, worauf die Ladung in die nächste Sektion gebracht wurde, während das überschüssige Material zu den Waggons gebracht wurde, die man mit Schrott belud.
    In der nächsten Sektion wurden die Waffenteile von ihren einzelnen Trägern gelöst und in die dritte Sektion gebracht, während Waffenträger und Raketenhüllen in besonders bezeichnete Eisenbahnwaggons kamen, um vermutlich auf irgendeinem Rangierbahnhof außerhalb Moskaus zu landen.
    In der dritten Sektion wurde das veredelte Produkt seiner »vorläufigen Endverwahrung« zugeführt, wie irgendein Schlaumeier das genannt hatte. Es wurde in den neuen Leichtmetallkoffern untergebracht, bezeichnet, registriert und anschließend auf die Wagen verladen, die in die Berghöhlen gebracht werden sollten.
    Ungefähr hundert Menschen waren damit beschäftigt. Es waren meist Wehrpflichtige der Marineinfanterie. Die Offiziere gehörten ausnahmslos zu den Kernwaffentruppen der Sowjetflotte. Alexej Mordawin hatte das Kommando. Die Arbeit war körperlich hart. Die Männer wurden gehetzt und durften keine Sekunde in ihrer Konzentration nachlassen. Einige Ladungen waren ohne Zweifel von Spezialisten zusammengestellt worden, während andere wie mehr oder weniger zufällig zusammengewürfelt wirkten. Es kam sogar vor, daß Material angeliefert wurde, das niemand am Ort kannte.
    Wie etwa die

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