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Niemandsland

Niemandsland

Titel: Niemandsland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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gibt.«
    »Nicht mal für Landesverräter?« fragte Nikita Duchanin verblüfft.
    »Nein, nicht einmal für Landesverräter, nicht einmal im Krieg. Weißt du, unter uns Kollegen gesagt, ich bin ziemlich neugierig geworden. Was glaubst du, was ich diesem Bykow mit Hilfe eines Dollarbündels entlocken könnte? Stell dir vor, wir könnten daraus eine gemeinsame Operation machen. Ich besuche diesen Scheißkerl von Journalistenfunktionär, du weißt, diesen Impresario da oben im PR-Büro. Ich sage, okay, lassen Sie uns Geschäfte machen, aber vergessen Sie nicht, daß ich kein gewöhnlicher Journalist bin. Ich weiß viel mehr als die. Und bezahle viel mehr. Und dann stecke ich ein Tonbandgerät in die Tasche und gebe dir das Band. Würde das wohl gehen? Was meinst du?«
    »Eine solche Operation müßte ich ziemlich weit oben in unserem System absegnen lassen«, konstatierte Nikita Duchanin düster. Er schien keinen Augenblick an den Erfolgsaussichten dieser gedachten Operation zu zweifeln.
    »Ein Problem ist ja, daß ich zwar das bespielte Band von dir bekommen kann, aber ein Profi wie du merkt sich auch ohne Band eine Menge. Das würde eine komplizierte Situation ergeben, eine sehr komplizierte sogar. Ich meine, wir können dich ja nicht einfach köpfen, bevor du nach Hause fährst, denn immerhin bist du ein wichtiger Gast.«
    Carl entschied sich nach kurzem Zögern für ein Lachen, als hätte er einen Scherz gehört. Er war sich jedoch keineswegs sicher, daß sein Kollege tatsächlich gescherzt hatte.
    »Tja«, sagte er, »rein praktisch hätten wir mit einem solchen Unternehmen sicher Erfolg. Und anschließend könntet ihr natürlich Oleg Bykow erschießen. Aber bist du nicht auch der Meinung, daß das Problem darin besteht, daß dann viel zu viele Leute erschossen werden müßten?«
    »Doch«, stimmte Nikita Duchanin ohne die Spur eines Lächelns zu. »Das ist es gerade. Man müßte dann viel zu viele Leute erschießen. Ich halte die Situation für sehr gefährlich. Mal im Ernst gesprochen, Genosse Kollege, glaube ich, daß dies sowohl für eure als auch für unsere Seite gefährlich ist. Weißt du, was für ein Gehalt ich habe?«
    »Ja, in etwa«, erwiderte Carl. »Du bist Oberst. Laß mal sehen, du hast ungefähr das, was ein schwedischer Teenager, der in einem Supermarkt an der Kasse sitzt, in einer Stunde verdient, aber für dich ist es ein Monatsgehalt. Oder drehen wir es mal um. Als Oberst des KGB verdienst du genauso viel wie jede beliebige gepuderte kleine kurva unten im Hotel Intourist. Du allerdings in einem Monat, sie in fünfzig oder sechzig Sekunden, höchstens.«
    »Ja«, seufzte der russische Kollege. »Du hast früher in Moskau ja lange genug operiert, du kennst die Lage. Aber ich muß wiederholen, es ist gefährlich. Kompliziert und gefährlich.«
    Sie erledigten den weiteren Teil ihres Tagesprogramms wie geplant. Wie sich herausstellte, erhob American Express eine Gebühr von fünfundzwanzig Prozent des Betrags, den sie auf Carls Kreditkarte hin auszahlten; die Erklärung war selbstverständlich und einfach: Wer in Moskau Dollarscheine brauchte, hatte noch bedeutend größere Gewinne vor.
    Sie kehrten zu den beiden PR-Offizieren oben im alten Hauptbüro des KGB zurück und erhielten tatsächlich Vertrag und Wallenberg-Dokumente auf den Tisch. Der Vertrag enthielt jedoch nicht die vereinbarte Summe von 7 000 Dollar, sondern dort stand statt dessen 8 126 Dollar, als stünde so etwas wie eine komplizierte Berechnung hinter dem veränderten Betrag. Der Verkäufer/Fregattenkapitän erklärte, man könne den Zuschlag als Mehrwertsteuer definieren, oder wie das heiße.
    Carl behauptete im Brustton der Überzeugung, nach geltenden kapitalistischen Regeln sei bei Dienstleistungen dieser Art keine Mehrwertsteuer fällig.
    Der Fregattenkapitän entgegnete, nach dem jetzt geltenden russischen kapitalistischen System gebe es doch eine Mehrwertsteuer.
    Carl wandte ein, das Geschäft sei ja so angelegt, daß jede Steuerzahlung vermieden werden solle, deshalb zahle er ja bar. Folglich keine Mehrwertsteuer.
    Der Fregattenkapitän erklärte, es gehe nicht um eine Steuer, sondern nur um die Mehrwertsteuer.
    Carl legte 7 000 Dollar auf den blankpolierten Tisch und sagte, jetzt gehe es nur darum, ob die Verkäufer das Geld nehmen wollten oder nicht.
    Die beiden ehemaligen Kollegen waren sichtlich in Versuchung, wandten aber ein, daß es unmöglich sei, da im Vertrag schon 8 126 Dollar genannt seien. Der Betrag sei von

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