Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Niemandsland

Niemandsland

Titel: Niemandsland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
Vom Netzwerk:
bar bezahlt werden, und zwar hier in Moskau.
    »Aber wir haben doch internationale Transferkonten zwischen den Nachrichtendiensten«, nahm Carl einen neuen Anlauf. »Können wir nicht den etwas normaleren Weg zur Überweisung des Geldes verwenden?«
    »Nein, das geht nicht. Neuen Bestimmungen zufolge muß jede sowjetische Behörde und somit auch der KGB ganze vierzig Prozent Steuern auf Einkünfte bezahlen, die über Ausländerkonten eingehen. Um diesen Verlust zu vermeiden, müssen wir leider auf Barzahlung bestehen.«
    Carl fiel es schwer, ernst zu bleiben. »Es geht also um Schwarzgeld? Ich soll dem KGB Schwarzgeld bezahlen?«
    Der Fregattenkapitän/Verkäufer war in den kapitalistischen Grundsätzen, die er anzuwenden behauptete, offenbar noch nicht sehr sattelfest, denn der Begriff Schwarzgeld war ihm fremd. Er wiederholte nur, es wäre ein gewaltiger Verlust, wenn man auf ehrlich erworbene Einkünfte vierzig Prozent Steuern zahlen müsse.
    Carl stimmte mit einem ernsten Kopfnicken zu. »Ja, natürlich ist es schrecklich, Steuern bezahlen zu müssen. Aber so ist nun mal der Kapitalismus.«
    Der Scherz kam nicht an.
    Carl wies darauf hin, daß er kein Geld in Form von gebündelten Scheinen bei sich trage. So funktioniere der Kapitalismus nicht mehr, es sei denn in seinen kriminellen Abarten. Wie also solle er bezahlen können, wenn der KGB keine der major credit cards akzeptiere, und wenn es zugleich nicht möglich sei, die üblichen Spionagekonten zu verwenden? Ob es denn denkbar sei, sich auf eine um vierzig Prozent höhere Summe zu einigen, um den steuerlichen Verlust auszugleichen, aber das Geld trotzdem über ein Bank in Stockholm zu transferieren?
    Die Fragestellung war für die beiden PR-Offiziere völlig neu. Sie steckten die Köpfe zusammen und berieten sich kurz im Flüsterton. Dies schien für sie ein völlig neuer Aspekt des Kapitalismus zu sein, daß jemand entweder eine niedrigere Summe steuerfrei oder einen höheren Betrag mit Steuern bezahlte.
    Es endete damit, daß sie mit höflichem Mißtrauen die Frage stellten, wie jemand so dumm sein könne, mehr zu bezahlen als nötig. Das erscheine ihnen nicht wie ein geschäftsmäßiges Auftreten.
    Carls Anstrengungen, vor Lachen nicht zu explodieren, bereiteten ihm jetzt fast schon körperlichen Schmerz. Er wies ernst darauf hin, daß es in der westlichen Welt tatsächlich eine übliche Überlegung sei, zwischen einer legalen, aber teureren Methode, also mit Steuern, und einer billigeren, aber illegalen Methode ohne Steuern zu wählen.
    Diese Bemerkung kam ebenfalls nicht an. Wie könne es illegal sein, bar zu zahlen? So dämliche Regeln könne es doch einfach nicht geben?
    Ob dämlich oder nicht, versicherte Carl, es gebe solche Regeln. »Bekomme ich übrigens eine Quittung für das Geld, das ich Ihnen bezahle«, fuhr er fort, »vorausgesetzt, es gelingt mir, irgendwo in Moskau Dollarscheine aufzutreiben, was nach meiner Erfahrung nicht gerade leicht ist?«
    »Ja, selbstverständlich erhalten Sie eine Quittung über den Betrag. Sie glauben doch wohl nicht, irgendwelchen Bauernfängern in die Hände gefallen zu sein?«
    »Eine Quittung für Schwarzgeld?« fragte er zweifelnd.
    »Schwarzgeld? Nein, aber für Bargeld. Natürlich bekommen Sie eine Quittung.«
    Carl warf einen Seitenblick auf seinen mürrischen Begleiter, der auf jeden Fall in einer völlig anderen Abteilung beim Nachrichtendienst zu Hause sein mußte als in der neugebildeten PR-Abteilung. Genosse Oberst Duchanin sah aus, als wollte er sich unsichtbar machen, in den Erdboden versinken, sich in Atome auflösen, um nur nicht weiter Zeuge dieser Szene sein zu müssen.
    Carl wurde plötzlich von Galgenhumor gepackt und faßte den Entschluß, die absurde Transaktion durchzuführen. Von nun an ging er methodisch vor.
    »Wie soll ich hier in Moskau Bargeld in Form von Dollar auftreiben? Können Sie mir das vielleicht sagen?«
    »Aber ja. Sie haben doch eine American-Express-Karte, nicht wahr? American Express zahlt auf solche Karten Bargeld aus. Es gibt ja so viele Leute aus dem Westen, die in Moskau aus den unterschiedlichsten Gründen Devisen beschaffen müssen. Das dürfte kein Problem sein.«
    »Gut«, sagte Carl, »dann werden wir sicher ins Geschäft kommen.«
    Jetzt begann er dreist zu feilschen. Unter Hinweis auf die schwierige Wirtschaftslage in Schweden, wo gerade Rezession herrsche, erklärte er, für beide Dokumente auf keinen Fall mehr als 5 000 Dollar zahlen zu können, also sowohl

Weitere Kostenlose Bücher