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Niemandsland

Niemandsland

Titel: Niemandsland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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Dann belege der Staat ganze vierzig Prozent mit Beschlag. Wenn man also Geschäfte machen wolle, sei dies ein sehr ernstzunehmender Aspekt.
    Carl wollte gerade zu einer Darlegung des Themas Schwarzgeld und Steuern ansetzen, doch jetzt packte ihn sein Genosse Begleiter sehr bestimmt am Arm und führte ihn zum Fahrstuhl, während der Impresario hinterherlief und mit dem Preis herunterzugehen begann. 4 000 Dollar? 3 000 Dollar?
    Bei 2 500 Dollar gingen die Fahrstuhltüren zu.
    »Lieber Genosse Kollege«, sagte Carl nachdenklich, als sie allein im Fahrstuhl waren, »ich versuche nur, die Rolle eines Einkäufers, der hier in Moskau zu Besuch ist, so realistisch wie möglich zu spielen. Du glaubst doch wohl nicht im Ernst, daß ich in deiner Gesellschaft zu spionieren gedenke? Ich hoffe, du hältst mich nicht für so unfein, Genosse?«
    Oberst Nikita Duchanin war weiß im Gesicht, fast blauweiß, als würde er gleich einen Herzinfarkt bekommen.
    »Rußland ist durchgedreht«, röchelte er.
    »Ja«, stimmte Carl zu, »das eine oder andere scheint für Geld zu haben zu sein. Was glaubst du, was eine MIG 25 Foxbat kostet?«
    »Jedenfalls nicht mehr als 5 000 Dollar«, erwiderte Nikita Duchanin, als der Fahrstuhl das Erdgeschoß erreichte. Carl konnte nicht ausmachen, ob er scherzte oder nicht, und zog nach kurzem Überlegen den Schluß, daß es wohl kein Scherz war.
    Was kostete dann also eine Megatonne?
    Sie gingen tatsächlich in ein Museum. Das Museum war zu Carls Erstaunen in einem hundert Meter vom Haupteingang des KGB entfernten Bauwerk im ersten Stock eingerichtet worden. Das Motto lautete »Tschekistskij Sal«. Carl hatte immer geglaubt, Tschekist sei ein etwas herabsetzendes Slangwort für den alten Hauptfeind. Doch das war ganz offenkundig nicht der Fall. Die Buchstaben waren in glänzendem Aluminium an einer weißen Marmorwand befestigt.
    Wie in allen russischen Museen waren die Exponate in chronologischer Reihenfolge angeordnet. Carl ging mit einer Entschuldigung schnell an der revolutionären und heroischen Periode vorbei, ohne daß sein Kollege ihm das im geringsten übelnahm, und begab sich zu der modernen Zeit, in der verschiedene Typen beschlagnahmter amerikanischer Spionageausrüstung in Glasvitrinen lagen.
    Dort irgendwo konnte ihr Gespräch allmählich auftauen, da Nikita Duchanin jetzt neugierig wurde. Carl erzählte sachkundig, wie die verschiedenen Instrumente funktionierten, wie man sie aufspürte, welche Probleme es dabei gab, wenn man bestimmte Spionagesender mit gewöhnlicher Funkausrüstung einkreisen wollte, und berichtete von anderen beruflichen Erfahrungen. Nach einiger Zeit begannen sie sich endlich als einigermaßen ebenbürtige Kollegen zu fühlen. Sie vertieften sich immer mehr in eine Fachsimpelei, die für ihren mißtrauischen Begleiter schon bald zu hoch wurde; das Museum hatte im Augenblick keine anderen Besucher, dafür aber einen Leiter, der darauf zu achten hatte, daß nicht gesetzwidrig fotografiert wurde.
    »Okay, Nikita«, sagte Carl sichtlich aufgemuntert, als sie nach einer Stunde wieder in dem schwarzen Tschajka saßen, um beim Hotel Peking Geld für Schwarzmarktgeschäfte zu beschaffen. »Du arbeitest also bei der kontraraswedka , und ich bin raswedtschik. Ist es nicht ein ziemlich schwindelerregender Gedanke, daß wir hier so friedlich nebeneinander sitzen?«
    »Doch«, lächelte Nikita Duchanin schüchtern und wischte sich die Nase ab, an der immer wieder ein klarer Tropfen auftauchte. »Vor ein paar Jahren noch wäre es undenkbar gewesen. Dann wären wir Feinde gewesen.«
    »Und das sind wir nicht mehr, meinst du? Persönliche Feinde sind wir so unter Kollegen natürlich nicht, aber sind wir nicht doch Feinde?« fragte Carl leichthin.
    »Ich weiß nicht«, erwiderte Nikita Duchanin griesgrämig.
    »Das ist ein sehr kompliziertes Problem.«
    »Inwiefern kompliziert?« fuhr Carl in demselben leichten Tonfall fort. »Das einzig Komplizierte sind natürlich Leute wie mein alter Hauptfeind Oleg Bykow, die sich für ein paar tausend Dollar kaufen lassen. Was sollte man mit ihm machen? Was meinst du?«
    »Ich finde, man sollte ihn erschießen«, knurrte Nikita Duchanin säuerlich.
    Carl erkannte, daß dies durchaus kein Scherz war und daß es überdies ziemlich berechtigt erscheinen konnte.
    »Na ja«, sagte Carl nachdenklich, »grundsätzlich bin ich deiner Meinung, also grundsätzlich. Ich selbst bin ein Gegner der Todesstrafe, die es in unserem Land übrigens nicht

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