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Niemandsland

Niemandsland

Titel: Niemandsland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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einem Wasserfall im Wasser. Er ist verschwunden. Unmöglich, ihn unter dem Eis hervorzuziehen. Inzwischen dürfte er einen Kilometer weitergetrieben sein.«
    Carl nickte und ging hinaus. Es bestand also das kleine theoretische Risiko, daß man in einem Jahr oder so eine Wasserleiche fand. Das war zwar nicht gut, aber ein Risiko, mit dem man leben konnte.
    Jetzt blieb noch die tristeste Aufgabe. Major Edvin Larsson kam ihm mit einem kleinen Sack entgegen, den er hochhielt.
    »Jeder Teilnehmer der Expedition scheint fünfzigtausend Dollar in bar bei sich gehabt zu haben. Was machen wir damit?«
    Carl warf einen kurzen Blick auf die Geldscheinbündel, von denen einige blutig waren.
    »Es ist brennbares Material, also auf den entsprechenden Haufen damit«, sagte er kurz. Er wandte sich ab und ging auf Richard Steven Emerson III. zu, der ein Stück weiter weg saß, immer noch bewacht von Hauptmann Martin Edström. Dieser stapfte ein paar Meter entfernt im Schnee herum und hielt seine Waffe am Riemen vor den Bauch.
    »Ja, das ist wirklich eine traurige Geschichte, das hier«, sagte Carl und setzte sich neben den unruhig dreinblickenden Amerikaner. »Als die Firma deinen Laden in Kirkenes dichtmachte, hast du eine Million Dollar Abfindung erhalten. Und dann trotzdem dieser schäbige kleine Versuch, weiterhin Geschäfte zu machen. Hat sich das wirklich gelohnt?«
    »Du hast mit der Heimatbasis gesprochen«, stellte Richard Emerson düster fest. »Nun, damit ist wenigsten die Frage entschieden, wie mein richtiger Name lautet. Was passiert jetzt?«
    »Das ist eine gute Frage«, erwiderte Carl geschäftsmäßig.
    »Du bist wie alle anderen hier aus dem Kreis der Eingeweihten verraten worden. Daher hat eure Expedition dieses Ende genommen. Nicht wahr?«
    »Sehr gut möglich, ja?«
    »Damit stellt sich die Frage, wer dich verraten hat, also wer diese Geschichte organisiert hat.«
    »Und du glaubst, das ist mir bekannt?«
    »Selbstredend. Dein Hintergrund ist so, daß du gar nicht hier wärst, wenn dir die Antwort unbekannt wäre. Nun?«
    »Was nun?«
    »Wer, von dir selbst mal abgesehen, hat diese Sache organisiert?«
    »Was passiert, wenn ich diese Frage beantworte?«
    »Wenn du sie nicht beantwortest, hast du noch dreißig Sekunden zu leben.«
    »Es besteht das Risiko«, sagte Richard Emerson mit hart mahlenden Kiefern, »es besteht ein gewisses Risiko, daß du mit deiner Vermutung recht hast. Meine Kumpels haben mich verkauft. Es besteht aber auch das Risiko, daß es nur so aussieht, und dann würde ich sie verkaufen, um weiterleben zu können. Müssen wir die Situation so sehen?«
    »Ja.«
    »Und somit besteht die Gefahr, daß ich meine Kumpels verpfeife, obwohl es nur so aussieht, als hätten sie mich hereingelegt. Dann werde ich im nächsten Augenblick erschossen, egal wie es sich verhält.«
    »Das ist natürlich eine theoretische Möglichkeit«, sagte Carl.
    »Wie hättest du es also gern?«
    »Meine Antwort ist nein«, sagte Richard Emerson, schloß die Augen und senkte den Kopf.
    »Nun ja«, sagte Carl leichthin, »es ist traurig, daß sich unsere Wege so trennen müssen.«
    Er stand auf, ging einige Schritte weg und tastete nach seiner Waffe. Doch dann überlegte er es sich anders und wandte sich an Hauptmann Martin Edström. Dieser hatte in Hörweite gestanden und mußte die Lage voll und ganz erfaßt haben.
    »Erschieß ihn«, sagte Carl und wandte sich ab, um zu gehen. Als er einige Schritte gegangen war und noch immer keine Schüsse hörte, blieb er stehen, seufzte und drehte sich um. Er betrachtete den jungen Hauptmann, der sich sichtlich quälte. Er zitterte leicht, vielleicht weil er in der Kälte so lange stillgestanden hatte.
    »Nun«, sagte Carl, »Sie haben den Befehl doch verstanden, Hauptmann Edström?«
    »Ich weigere mich. Nicht noch einen. Jetzt ist mir das alles hier scheißegal!« sagte Martin Edström und erweckte den Eindruck, als wollte er seine Waffe wegwerfen.
    Carl sagte zunächst nichts. Dann drehte er den Körper ein wenig, so daß seine Waffe auf den Landsmann zeigte, legte sacht, aber deutlich sichtbar die Sicherungssperre um, so daß er schußbereit war. So standen sie einige Augenblicke und betrachteten einander. Ihr Atem dampfte ihnen um die Gesichter.
    »Sie haben einen klaren Befehl erhalten, Hauptmann Edström. Wir befinden uns auf dem Territorium einer fremden Macht im Krieg. Ich werde den Befehl nur einmal wiederholen. Bitte ausführen, Hauptmann Edström!«
    Carl hob seine Waffe, so

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