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Niemandsland

Niemandsland

Titel: Niemandsland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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nichts, sondern lehnte sich zurück und zeigte mit einer Handbewegung, daß er bereit sei zuzuhören.
    »Wie dir vielleicht klar ist, habe ich seit langem eine höhere Verantwortung, als sie ein Zweiter Botschaftssekretär zu tragen hat«, sagte der Russe und wischte sich erneut den Mund ab. Es machte ihm Mühe fortzufahren. »Ich habe eine ziemlich hohe Position beim KGB. Ja, unser Umgang ist stets völlig korrekt gewesen. Ich habe sorgfältig darauf geachtet, aber so ist es nun mal.«
    »Gerade deshalb fällt es mir schwer, dieses plötzliche Geständnis zu verstehen«, sagte Eero Grönroos fast amüsiert.
    »Heißt es nicht, Glasnost ein wenig übertreiben, wenn du mir so etwas erzählst? Ich meine, selbst wenn nichts anderes passiert, könnte es doch unseren lockeren Umgang beeinflussen.«
    »Unser Umgang wird von diesem Augenblick an ohnehin nicht mehr das werden, was er einmal gewesen ist. Von jetzt an ändert sich alles«, sagte Kirill Tschernenko sehr ernst und mit einem Nachdruck, der seinen finnischen Kontaktmann sofort das amüsierte Lächeln gefrieren ließ.
    »Nun ja, das hört sich ernst an, lieber Kirill Jewgeniwitsch. Aber wenn du A gesagt hast, mußt du auch B sagen.«
    »Wir brauchen trotzdem nicht so förmlich zu sein. Sei so nett und fang nicht damit an, mich mit meinem Vaternamen anzureden. Nun. Ich habe eine Botschaft an den finnischen Staat. Sie kommt nicht von Krutschkow, da unser Präsident ihm nicht vertraut, denn es gehen Gerüchte um über einen Staatsstreich und anderes.«
    »Bist du jetzt möglicherweise nicht doch ein bißchen indiskret, Kirill? Ich meine, eure inneren Angelegenheiten sollten vielleicht nicht so x-beliebig vorgetragen werden. Und außerdem, von wem kommt die Botschaft?« sagte Eero Grönroos, der schon eine ganze Reihe mühseliger bürokratischer Komplikationen vor sich sah.
    »Von Präsident Gorbatschow persönlich«, erwiderte Kirill Tschernenko und verstummte dann sofort, als brauchte die unglaubliche Nachricht ein wenig mehr Zeit, um zu wirken.
    »Aber jetzt hör mal, Kirill«, sagte Eero Grönroos zweifelnd.
    »Überleg dir, was du sagst, Kirill. Hier sitzen wir beide, zwei relativ subalternde Beamte, zwar mit guten persönlichen Verbindungen, aber trotzdem Untergebene. Ja, ich sage dies mit allem Respekt, denn selbst wenn du Oberst oder Generalmajor beim KGB bist, sind wir beide trotzdem kleine Fische. Und dann sagst du, Präsident Gorbatschow wolle der Republik Finnland über dich und mich eine Botschaft übermitteln. Du mußt schon zugeben, daß das… zumindest etwas unorthodox klingt?«
    »Ja, selbstredend. Aber unsere Situation ist sehr kompliziert. Die Frage der politischen Ebene läßt sich nicht mit irgendeinem beliebigen diplomatischen Formular entscheiden. Außerdem haben wir das Problem studiert. Vor dem Winterkrieg 1939 hat der höchste Diplomat der Sowjetunion, in Wahrheit unser Botschafter, Finnlands Außenminister aufgesucht, um einige Botschaften zu überbringen. Man nahm ihn jedoch nicht ernst, weil man der Meinung war, er stünde politisch auf zu niedriger Ebene. Vielleicht hätte der Winterkrieg noch gestoppt werden können, wer weiß?«
    »Nun ja. Aber jetzt sind wir fünfzig Jahre weiter. Warum ausgerechnet du und warum gerade ich?«
    »Ich, weil ich mich mit dem Präsidenten getroffen habe. Wir sind entfernt miteinander verwandt. Er hat mich zu sich gerufen, da er in der ersten Runde nur ein einziges Bindeglied nach Finnland wünscht. Und du, nun, du, weil du Beamter im Außenministerium bist und auf jeden Fall beurteilen kannst, wie wir anschließend verfahren sollen. Du weißt, wer in Finnland mit wem in Moskau Kontakt aufnehmen kann.«
    »Du mußt schon verstehen, lieber Kirill, daß mich das Ganze ein bißchen konsterniert macht.«
    »Das dürfte die Untertreibung des Tages sein, wie die Amerikaner sagen.«
    »Nun. Und was ist mit der Sache selbst?«
    »Die Sache selbst ist folgende«, sagte Kirill Tschernenko und wischte sich mit seiner fleckigen Serviette tatsächlichen oder nur eingebildeten Schweiß von der Stirn. »Der Präsident hat Kenntnis von einem kühnen Vorhaben, das darauf hinausläuft, sowjetische Kernwaffen außer Landes zu schmuggeln und auf dem anzubieten, was wir den Weltmarkt nennen könnten. Der Präsident weiß in etwa, wann und wo, und es geht in allerhöchstem Maß um dein Land. Die Kernwaffen sollen irgendwann später in diesem Jahr über die finnische Grenze geschmuggelt werden. Das müssen wir natürlich erstens

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