Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Niemandsland

Niemandsland

Titel: Niemandsland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
Vom Netzwerk:
sich eine Zigarette an und bedeutete mit einer Handbewegung, Texas Slim solle »losschießen«.
    »Ihr wißt genausogut wie wir, daß die gesamte russische Scheiße dabei ist, in die Luft zu fliegen«, begann Texas Slim. Er erweckte den Eindruck, als hätte er es sich anders überlegt und wollte nun noch direkter zur Sache kommen als er es bereits versprochen hatte. »Ach was, scheiß drauf, das wißt ihr genausogut wie wir, wenn nicht besser, denn ihr seid die Lauscher vom Dienst. Also, es geht um folgendes. Diese Scheißkerle haben ihre Kernwaffen nicht unter Kontrolle. Im Augenblick läuft jetzt ein, mindestens ein Vorhaben, Gefechtsköpfe außer Landes zu schmuggeln, die, wie soll ich sagen, mehr als taktische Kernwaffen sind. Wir verfolgen einen Fall, der der erste Versuch zu sein scheint. Wir haben mit den Russen hin und her überlegt, und wir haben uns mit ihnen darauf verständigt, daß sie sich bei den Finnen um Hilfe bemühen.«
    »Den Finnen?« entgegnete Samuel Ulfsson verblüfft.
    »Brauchen die Sowjetunion und die USA etwa Hilfe von unserem lieben kleinen Brudervolk? Warum löst ihr das Problem nicht selbst, wenn ihr es schon erkannt habt?«
    »Es ist leider nicht so einfach«, seufzte Texas Slim schwer, »so verdammt einfach ist es nicht. Du sollst nicht glauben, wir hätten das nicht alles schon durchgekaut, denn das haben wir. Das Ganze läuft aber letztlich darauf hinaus, daß sie weder ihr eigenes Militär noch polizeiliche Kräfte einsetzen können, weil ihr gesamtes System völlig korrupt ist. Außerdem sind diese ungewöhnlichen Bomben viel zu teuer. Weißt du, was man für eine zweitklassige, das heißt russische Wasserstoffbombe auf dem Weltmarkt erhalten kann?«
    »Ich muß gestehen, darüber noch nie nachgedacht zu haben«, entgegnete Samuel Ulfsson trocken. Er hielt die Frage für überflüssig.
    »So etwas wie eine gottverdammte halbe Milliarde oder so, also Dollar. Das dürfte etwa die Summe sein, die Gentlemen wie Ghaddafi, Saddam Hussein, das fette Söhnchen von Kim Il Sung und all die anderen ohne zu zögern ausspucken würden. Mit so viel Geld kannst du in der Sowjetunion alles kaufen. Diese Scheißkerle haben ja weder Lebensmittel noch sonst was zu verkaufen, nur dieses Zeug. Und möglicherweise Störrogen.«
    »Ja, leuchtet mir ein«, erwiderte Samuel Ulfsson, der gern zum konkreten Kern des Gesprächs vordringen wollte, »wenn die Russen es aber nicht wagen, die Polizeiarbeit zu übernehmen, könnt ihr es doch tun. Eure Leute brauchen ja nicht zu wissen, wieviel Geld auf dem Spiel steht.«
    »Ich verbitte mir Scherze dieser Art«, sagte Texas Slim, dessen Stimme sich verdüsterte. »Aber das haben wir auch schon durchgekaut. Aus einer Reihe politischer Gründe kann amerikanisches Personal nicht auf sowjetischem oder russischem Territorium operieren. Aus diesem Grund ist uns das mit den Finnen eingefallen.«
    »Warum die Finnen?« fragte Samuel Ulfsson mit Unschuldsmiene.
    »Weil der gedachte Schmuggelpfad über ihr Territorium verläuft.«
    »Ja, das hört sich praktisch an. Aber worin besteht das Problem?«
    »Das Problem besteht darin, daß die Russen selbst der Meinung sind – und wir bestärken sie darin hundertprozentig –, daß man diese Expedition greifen sollte, solange sie sich noch auf russischem Territorium befindet. Politische und andere Rückwirkungen wären zu groß, wenn das Zeug außer Landes kommt.«
    »Ja, das sehe ich ein«, sagte Samuel Ulfsson nachdenklich.
    »Wir würden dann eine chaotische Diskussion über Legalität, über die Sicherheit von Kernwaffen, über all das am Hals haben. Wenn es einmal passiert ist, kann es zu weiteren Versuchen kommen, und die russische Grenze ist ja nicht gerade kurz.«
    »Eben«, fuhr Texas Slim hektisch fort, »genau, keine kleine Grenze, und sie selbst sind jetzt sozusagen dabei, von ihren Wachtürmen herunterzuklettern. Neuerdings braucht ja niemand mehr zu flüchten, da sie inzwischen Freiheit mit allen Konsequenzen bekommen haben. Doch zurück zu den Finnen. Wir haben uns gedacht, daß die Finnen die rein operative Seite übernehmen. Alle wesentlichen Daten sollen sie von höchst zuverlässiger sowjetischer Seite erhalten, nämlich vom Präsidenten persönlich. Wir sollen nicht einmal im Hintergrund zu erkennen sein. Wir haben uns das Ganze ausgedacht, nein, ich sage nicht, wie wir darauf gekommen sind. Doch jetzt ist die Scheiße dabei, in den Ventilator zu fliegen, da es den Anschein hat, als bekäme der finnische

Weitere Kostenlose Bücher