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Niemandsland

Niemandsland

Titel: Niemandsland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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Fahrstuhl zu praktizieren, und lachte über sich und seine Unbeholfenheit. Er erinnerte sich an Eva-Britts Äußerung, einerseits sei er fähig, ein Kommandounternehmen in Palermo zu leiten, andererseits schrecke er vor Karottenpüree und Babynahrung zurück.
    Doch er spürte, daß sein Puls sich beschleunigte und die Nervosität stieg, als er den Schlüssel ins Schloß steckte. Er mußte noch etwas manövrieren, weil er den Kinderwagen falsch vor die Tür gestellt hatte, und bugsierte ihn dann rückwärts in die Wohnung, bedeutend lauter, als er gedacht hatte.
    »Wir sind jetzt da«, rief er in Richtung Küche und holte dann tief Luft. »Wir sind jetzt zu dritt.«
    Tessie schritt langsam, fast ehrfürchtig heran und blinzelte vorsichtig über den Rand des Kinderwagens. Einige schwindelerregende Augenblicke lang sagte sie gar nichts und zeigte nur Verblüffung.
    »Well well well, was haben wir denn hier?« sagte sie und lächelte, zunächst vorsichtig, fast schüchtern, um dann fast laut aufzulachen. »Es war wirklich höchste Zeit, daß wir uns miteinander bekanntmachen, Johanna Louise. Himmel, wie süß sie ist!«
    »Das sind sie in dem Alter«, erwiderte Carl verwirrt. Er fühlte sich benommen, unsicher und fröhlich zugleich.
    Die nächsten vierundzwanzig Stunden wurden die schönsten seines Lebens, und er würde sich immer an sie erinnern.
    Zunächst schlug er vor, sie sollten das Wochenende auf dem Land verbringen. Er sagte es spöttisch, als wäre es ihr altgewohnter Familienausflug. Dann erklärte er, der Makler warte draußen, um den Vertrag zu unterschreiben. Der Kofferraum sei voll, und sie brauchten nur ihre Jacken und den Kinderwagen zu nehmen und loszufahren. Sie umarmte ihn statt einer Antwort. Sie ging in die Küche und stellte das mexikanische Gericht, das sie vorbereitet hatte, in den Kühlschrank, ging ins Badezimmer, holte ihr Reisenecessaire und hängte sich die Jacke um die Schulter.
    Einige Minuten später saßen sie im Wagen. Die Babyschale hatten sie auf dem Rücksitz installiert.
    Der Makler wartete ungeduldig. Sie hatten sich etwa eine halbe Stunde verspätet. Er machte jedoch schnell ein erleichtertes Gesicht, da er Gepäck und Ehefrau so interpretierte, als wäre damit alles klar und seine Provision gerettet.
    Es dauerte fünf Minuten, den Vertrag zu unterschreiben, einen Scheck als Anzahlung zu überreichen und auf Wiedersehen zu sagen.
    Dann trugen sie Lebensmitteltüten und Bettwäsche ins Haus, denn das waren die Dinge, die er bei seiner vormittäglichen Einkaufsrunde erstanden hatte.
    Sie machten einen Spaziergang im Park, in ihrem Park, begrüßten aus der Ferne die Hirsche und setzten sich eine Zeitlang unten auf den Bootssteg, bis Johanna Louise mißvergnügte Laute hören ließ, die nicht schwer zu deuten waren.
    Sie gingen zurück zum Haus. Carl wechselte bei der Kleinen die Windeln und fütterte sie, ging dann mit der Bettwäsche ins Obergeschoß und machte in dem großen Schlafzimmer die Betten. Er stellte eine Wiege aus dem frühen neunzehnten Jahrhundert dazu und legte Johanna Louise hinein. Das paßte ihr jedoch nicht, so daß er mit ihr in die Küche hinunterging, wo Tessie damit begonnen hatte, die Lebensmittel und den Wein auszupacken, den Carl schon früh am Morgen in den Kofferraum gelegt hatte.
    Sie deckten im großen Speisesaal, wenn auch an einem kleineren Tisch vor den französischen Fenstern, so daß sie von dort aufs Wasser sehen konnten.
    Er briet frische Gänseleber vorsichtig auf kleiner Flamme mit ein paar Austernpilzen und richtete das Ganze auf einem Bett aus Friséesalat in Walnußöl und Estragonessig an. Er versuchte dabei sogar zu Tessies hemmungsloser Belustigung zu singen.
    Dann fiel ihm ein, daß er seine Wildlederjacke noch trug. Er zog sie spontan aus und hängte sie über einen Küchenstuhl. Seinen Fehler bemerkte er erst, als es schon zu spät war. Das war die einzige kleine Gewitterwolke am Horizont, die sich jedoch wie ein flüchtiger Regenschauer an einem schönen Sommertag schnell wieder verzog.
    Sie konnte nicht umhin, den unbewußten Grund dafür zu sehen, warum er die Jacke anbehalten hatte, nämlich das Schulterholster mit der schwarzen Pistole. Er ging verlegen mit der Waffe hinaus und legte sie in einen Garderobenschrank im Flur. Als er zurückkam, mußte er natürlich eine Frage beantworten; nein, es sei nichts Besonderes, absolut nicht.
    Sie runzelte die Stirn, erkannte aber, daß es nicht die Situation war, weiterzubohren und das

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