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Niemandsland

Niemandsland

Titel: Niemandsland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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doch viel weniger Dinge in der Wohnung als du.«
    Er schlug vor, sie solle alle neu gekauften Möbel mitnehmen, das heiße, wenn sie sie gebrauchen könne, denn er sei ja dabei, ein so gut wie vollmöbliertes Haus zu kaufen. Ja, die älteren Erbstücke könne sie dalassen, aber Tische und Sofas und Sessel könne sie doch sicher gut gebrauchen.
    Sie versuchte nein zu sagen, doch er beharrte darauf und brachte sie auch dazu zu versprechen, den Rest der Einrichtung für sich und Johanna Louise mit der gemeinsamen Kreditkarte einzukaufen. Darauf wollte sie sich zunächst überhaupt nicht einlassen, doch er überzeugte sie mit den Argumenten, sie seien immerhin moderne Menschen, lebten in Schweden und hätten freiwillig darauf verzichtet, alles vor Gericht klären zu lassen, was ihr selbstverständlich bedeutend größere finanzielle Reserven gesichert hätte als jetzt. Er ließ es wie eine reine Gerechtigkeitsfrage erscheinen oder wie eine Frage ihres Rechts gegenüber dem Staat, sich auf freiwilliger Basis zu einigen. Er freute sich, als sie schließlich akzeptierte.
    Da er auf diesem bisher mit einem Tabu belegten Gebiet gewonnen hatte, ging er schnell zum nächsten Thema über und schlug vor, jeden Monat auf ein Oder-Konto von ihr und Johanna Louise Geld zu überweisen. Sie könne darüber verfügen, wie sie wolle, das Geld entweder für notwendige Ausgaben verwenden oder es einfach stehen lassen, bis Johanna Louise erwachsen sei, um es nach eigenem Gutdünken zu verwenden.
    Das war ein listiger Vorschlag, wie er zumindest selbst fand, den sie unmöglich ablehnen konnte.
    Nach diesen schwierigen Fragen gingen sie dazu über, über Dinge zu scherzen, die jeder von ihnen am Arbeitsplatz erlebt hatte; die Polizei in Schweden wollte eine Anti-Terror-Einheit aufstellen, und die Polizeiführung war zu dem Schluß gekommen, daß diese »frei von Frauenzimmern« sein müsse, was vermutlich die dümmste Formulierung war, die jemandem überhaupt hatte einfallen können. Folglich tobte jetzt ein Kampf in der Gewerkschaft, und die gesamte Diskussion der sechziger Jahre war wieder neu eröffnet: Können Frauen wirklich Bullen sein, da sie körperlich schwächer sind als Männer?
    »In unserer Wache sind übrigens die ersten zwei Polizistinnen wegen schwerer Körperverletzung verurteilt worden. Sie sollen zwei Betrunkene mißhandelt haben. Vertreter der anderen Polizeiwachen sind aus der ganzen Stadt gekommen, um zu gratulieren. Was wirklich nicht sehr gelungen ist, denn die Mädchen laufen jetzt Gefahr, gefeuert zu werden.«
    Carl erzählte etwas vorsichtiger von dem, womit er sich in der letzten Zeit beschäftigte. Er betonte dabei Dinge, die sie ihn schon im Fernsehen hatte sagen hören. Immerhin hatte sie alle Sendungen von Aktuellt gesehen, in denen er mitgewirkt hatte. Er berichtete, wie verblüffend es für ihn und seine Kollegen gewesen sei, mit dem Wissen um die Entwicklung in Moskau dazusitzen und zu hören, wie die Weltuntergangspropheten von der Rückkehr zum Kalten Krieg und derlei faselten.
    Carl und Eva-Britt trennten sich vor dem Restaurant Djurgårdsbrunns Värdshus, da er mit dem Kinderwagen in Richtung Gärdet weitergehen wollte.
    Er blieb eine Zeitlang stehen und sah ihr nach. Er fühlte sich bemerkenswert erleichtert. Sie sah von hinten frei und fröhlich aus, wippte mit der Handtasche und rückte unbewußt das Schulterholster zurecht. Er lächelte über die Handbewegung, die nur von wenigen Menschen gedeutet werden konnte. Und nur wenige der Menschen, die ihr begegneten, wären auf die Idee gekommen, daß sie eine Polizeibeamtin mit Führungsfunktionen war.
    Dann blickte er in den Kinderwagen; Johanna Louise schlief. Eva-Britt hatte sie nicht hochnehmen und wecken wollen, um sich von ihr zu verabschieden, sondern sich damit begnügt, ihr mit dem Zeigefinger behutsam über die Wange zu streichen.
    Carl ging in Richtung Gärdet. Ihm wurde schwindelig, und erst jetzt empfand er so etwas wie Nervosität. Tessie wußte, daß er Eva-Britt treffen würde, um über Dinge zu sprechen, über die unbedingt gesprochen werden mußte, aber sie wußte nicht, daß er mit einem Kinderwagen nach Hause kommen würde.
    Früher oder später mußte es ja doch geschehen, also warum nicht jetzt? Und im übrigen hatte er ohnehin den ganzen Kofferraum voll mit Überraschungen. Er hatte vor dem Treffen mit Eva-Britt ein paar Stunden in Warenhäusern und Markthallen zugebracht.
    Er war es nicht gewohnt, einen Kinderwagen in einen

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