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Niemandsland

Niemandsland

Titel: Niemandsland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
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einen
überkommt, wenn man von der Erde abgeschnitten ist. Mehr noch: wenn man
losgelöst ist von den Fesseln der Gegenwart, der Vergangenheit und sogar der
Zukunft...
    Gott, ich hatte vergessen, wie gern ich
flog!
    Hy sagte: »Auf dieser Route können Sie
da vorne Lake Tahoe ausmachen, wenn Sie genau hinsehen. Direkt vor uns, das ist
Carson City. Und von dort aus folgen wir einfach der Straße bis nach Hause.«
    »Sie meinen dem Highway 395?«
    »Hm. Zwischen Carson City und
Bridgeport gibt es kaum Orientierungspunkte, nur ein paar kleine Städte. Der
Highway ist dagegen deutlich zu erkennen. Warum sollten wir ihn also nicht
nutzen?«
    Ich lehnte mich zurück, genoß den Flug.
    »So, und jetzt wollten Sie mir
berichten, was Sie in San Francisco herausgefunden haben?« sagte Hy.
»Anne-Marie glaubt anscheinend, wir hätten die Nuß geknackt.«
    »...Ich würde es gern nachher euch
beiden zugleich erzählen.«
    »Wie Sie meinen.«
    Wir flogen eine Weile schweigend. Ich
schweifte in Gedanken von dem Fall ab, sah zu, wie die Lichter von Carson City
vor uns auf tauchten und hinter uns wieder verschwanden. Dann herrschte unter
uns nur noch Dunkelheit, hin und wieder durchbrochen von schwachen
Leuchtfeuern. Ab und zu rüttelte uns ein Aufwind durch. Beim ersten atmete ich
scharf ein, und Hy sagte: »He, das macht nichts.« Für ihn war das alles nur ein
Kinderspiel. Als gerade die Lichter von Bridgeport auftauchten, traf uns ein
besonders heftiger Schlag, und ich lachte. Hy antwortete mit einem Lachen. Er
war wohl angenehm überrascht.
    »Kriegen Sie wieder Spaß am Fliegen?«
    »Besser nicht — es ist ein zu teurer
Spaß. Deswegen hatte ich ja aufgehört.«
    »Himmel, ich habe einen Kumpel, der ist
Fluglehrer und schuldet mir noch etwas. Ich könnte Ihnen Gratisstunden
verschaffen.«
    »Aber dann würde ich Ihnen etwas schulden.«
    Er lachte.
    Ich wurde ein bißchen wehmütig. Unsere
lockere Plauderei war amüsant, aber ich wußte, Flugstunden würde es für mich
nie geben. Und auch keine munteren Gespräche mehr zwischen Ripinsky und mir.
Sobald ich mit meinen Ermittlungen fertig war -
    Er sagte: »Übrigens, hat Ihnen die Rose
gefallen, die ich geschickt habe?«
    »...Das waren Sie ?« Ich war
verblüfft.
    »Hm. Ich wette, Sie dachten, sie war
von Ihrem Freund.«
    Ein Glück, daß ich vergessen hatte,
mich bei George dafür zu bedanken, vor allem angesichts der Enttäuschung, die
ich ihm ohnehin bereitet hatte. »Stimmt. Woher wissen Sie von ihm?«
    »Anne-Marie hat es mir erzählt. Scheint
ein kluger Bursche zu sein.«
    »Das ist er. Warum haben Sie mir die
Blume geschickt?«
    »Himmel, McCone, warum schickt ein Mann
einer Frau eine Rose?«
    Ich gab keine Antwort. Doch nachdem
Bridgeport wieder in der Dunkelheit versunken war, fragte ich ihn: »Warum eine
gelbe?«
    »Für eine rote sind Sie nicht
konventionell, für eine pinkfarbene nicht sentimental genug. Und jungfräulich
sind Sie schließlich auch nicht, also entfällt Weiß.«
    »Na gut, danke. Gelb ist meine
Lieblingsfarbe.«
    »Irgendwie habe ich mir das gedacht.«
    Danach redeten wir eine Weile nicht
mehr. Ich starrte auf seinen Hinterkopf. Meine Gedanken und Gefühle wirbelten
durcheinander. Dann griff er nach hinten, berührte mein Knie und zeigte nach
links.
    Unter uns breitete sich nach Süden der
Tufa Lake aus, und nah am Ufer reihten sich die Lichter der Stadt aneinander.
Am Ende der Landzunge erkannte ich Zelda’s Leuchtschrift. Die rote Farbe
verlief im Wasser wie Blut. Die Rollbahn des Flugfeldes war im Westen mit
gelben Begrenzungslichtem gekennzeichnet. In der Ferne schimmerte die
Kalisalz-Ebene weiß im Mondlicht, überragt von den schemenhaften schwarzen
Kegeln der Vulkane.
    Das Flugzeug senkte die Nase und setzte
zu einem steilen Sinkflug an. Hy sagte: »Tufa Tower, hier
sieben-sieben-zwei-acht-neun. Bitte um Landeerlaubnis.«

22
     
    Als wir auf Hys Ranch ankamen, holte er
meine Reisetasche aus dem Kofferraum seines Morgan und stellte sie neben den
Landrover. »Sie wollen ganz bestimmt nicht hereinkommen und sich auf wärmen?«
fragte er.
    Ich schüttelte den Kopf. »Es ist schon
spät. Anne-Marie wird sich Sorgen machen.«
    »Wie Sie meinen.« Er fummelte an seinem
Schlüsselbund und reichte mir einen Schlüssel. »Links unter der Stoßstange ist
ein Reserveschlüssel in so einem magnetischen Kästchen. Wagenpapiere im
Handschuhfach. Streicheln Sie ihn ein wenig, wenn Sie ihn morgens früh starten
— er ist genausowenig ein Frühaufsteher

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