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Niemandsland

Niemandsland

Titel: Niemandsland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
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Flugeigenschaften.«
    »In Rückenlage?« sagte ich kläglich.
    »Ich verspreche Ihnen — heute abend
nicht.« Er blinzelte mich an und drehte sich um.
    Ich beobachtete seine lange, schlanke
Gestalt, als er sich bückte und die Kette von der rechten Tragfläche löste,
Benzin- und Ölstand kontrollierte und nach vorn zum Propeller ging, den er mit
erfahrener Hand prüfte. Ripinsky mochte zwar nichts von dem wissen, was ich
über ihn in San Francisco herausbekommen hatte, aber etwas ganz Persönliches
von mir wußte er — ich gebe gern vor, tapferer zu sein, als ich in Wirklichkeit
bin. Hätte ich nicht im Gurt und an den Kabeln des Kopfhörers gehangen, wäre
ich aus der Kanzel geklettert und hätte ihm einen netten kleinen Tritt gegeben
für seinen sichtlichen Spaß daran, mich zu piesacken.
    Er kletterte nun selbst auf den
Pilotensitz, griff an eine Instrumententafel links von mir und sah mich an.
»Fertig?«
    »Ja«, sagte ich möglichst cool. Ich
wollte ganz locker wirken, als ich durch das gläserne Kanzeldach zum Himmel
schaute.
    Er legte ein paar Schalter um.
    Ich zuckte zusammen.
    Er grinste niederträchtig und widmete
seine Aufmerksamkeit den Kontrollinstrumenten.
    Nachdem es bisweilen das Beste ist, zu
ignorieren, was einen nervös macht, konzentrierte ich mich noch mehr auf den
schwarzen Himmel. Hy ließ den Motor an. Er starb ab. Hy versuchte es noch
einmal. Er starb wieder ab. Ein dritter Versuch. Das gleiche Ergebnis.
    Ich klammerte mich an seine Rückenlehne
und starrte jetzt direkt geradeaus.
    »Immer mit der Ruhe, McCone«, hörte ich
seine Stimme über den Kopfhörer. »In dieser Höhe ist die Luft dünn. Da braucht
es ein bißchen, bis er anspringt.«
    Ich ließ seinen Sitz los und legte
meine Hände zwischen die Knie, ohne den Steuerknüppel zu berühren.
    Der Motor zündete und fing an zu
brummen. Der Propeller drehte sich, wurde schneller — ein silbriger Schleier
vor dem nächtlichen Himmel.
    Ich sah auf und versuchte, etwas zu
finden, auf das ich mich konzentrieren konnte, etwas, das nichts mit dem
Startvorgang zu tun hatte. George? O Gott, George...
    Ich hatte versucht, ihn von zu Hause
aus anzurufen, aber ohne Erfolg. Erst wenige Minuten vor dem Abflug aus San
Francisco hatte ich ihn erreicht. Obwohl er vom plötzlichen Umwerfen unserer
Pläne enttäuscht war, hatte er auf seine typisch faire Art darauf reagiert.
    »Du hast mich ja vor den
Unvorhersehbarkeiten deines Jobs gewarnt«, hatte er gesagt.
    Sein ruhiges Verständnis hatte mich
dummerweise ein wenig gereizt. »Ich wäre wütend, wenn du das mit mir machtest.«
    »Das liegt daran, daß du zu den
Unkonventionellen gehörst.« Das war die kleine Gruppe, in die ich seiner
Meinung nach neuerdings am besten paßte. (Verflucht sei der Versuch meiner
Mutter, in Georges Persönlichkeitsklassifikationen herumzupfuschen! Jetzt würde
ich sie mir nie mehr anders vorstellen können.) Zu den eher unglücklichen Zügen
meiner Gruppe gehörten demnach eine äußerst starke Empfindsamkeit, eine
Mißachtung des gesellschaftlichen Sittenkodex und ein Hang zu Depressionen.
    »Nein«, hatte ich gesagt und mich
bemüht, einen lockeren Ton beizubehalten, »du bist deswegen so nett, weil du
etwas vom Helfersyndrom an dir hast.« Die ›Gehilfen‹ waren in seinem Schema die
Versager.
    Normalerweise hätte George jetzt
gelacht, aber er war ein Meister im Heraushören von Untertönen bei mir.
»Sharon, was ist los?«
    Ich hatte gezögert und mit einem Ohr
den ersten Aufruf zum Boarding mitbekommen. Mein Verdruß war so dumm wie
unlogisch. Sicher würde er verflogen sein, bis ich ihn das nächste Mal sah.
»Ich bin nur böse, daß ich absagen mußte«, hatte ich schließlich gesagt.
    Aber es muß sich wenig überzeugend
angehört haben. »Wir müssen darüber reden, wenn du zurück bist«, hatte er
gesagt.
    »Ja, wir reden darüber«, hatte ich
zugestimmt.
    Jetzt gefiel mir die Erinnerung an das
Gespräch so wenig, daß ich mich nicht länger damit beschäftigen wollte. Während
Hy in das Funkgerät der Citabria sprach, wandte ich meine Gedanken meinen
Ermittlungen zu.
    Zuerst Mick Erickson. Er erfuhr von den
Goldvorkommen im Stone Valley von seinem alten Mitarbeiter, Ned Sanderman. Da
er an der Bergbauschule von Colorado studiert hatte, wußte er vielleicht, daß
man über das Einträgen von Claims Bundesland erwerben konnte. Augenblick mal —
könnte Erickson nicht schon vorher über das Stone Valley Bescheid gewußt haben?
Schließlich war sein

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