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Niemandsland

Niemandsland

Titel: Niemandsland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
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gehört: ›Das ist
absurd!‹ Dann hat er ihn in den Wagen geschoben und chloroformiert.«
    »Mein Gott.« Hy trat von der Tür
zurück. »Ich wünschte, der Lieferwagen hätte früher hier gestanden.«
    »Wo mag er jetzt stecken?«
    »Wer weiß? Bei so einem Verrückten.«
    »Wir sollten uns diese Karten ansehen.«
    Unsere Schritte klangen wie
Pistolenschüsse, als wir über die durchhängenden Planken des Gehsteigs gingen.
Also wechselten wir schnell auf den weichen Boden der Straße. Schweigend
erreichten wir die falsche Fassade des Ladens vom gehängten Chinesen. Als ich
die Tür öffnete, wurde ich wieder von der eingeschlossenen Hitze und der
Dunkelheit umfangen. Ich nahm die Taschenlampe, die Hy mir hinhielt, schaltete
sie ein und leuchtete durch den Raum.
    Hopwoods chaotische
Antiquitätensammlung hatte bei Tag schon bizarr gewirkt, die Nacht ließ sie
surrealistisch erscheinen. Das in Felle verpackte Klavier verwandelte sich in
ein großes Untier mit einem Dutzend Tatzen und glasigen Augen. Über die Wand im
Hintergrund breitete sich der schreckenerregende Schatten eines Riesen. Mir
stockte der Atem, bis ich merkte, daß es sich nur um den Indianer vom
Zigarrenladen handelte. Auch Geräusche hörte ich: das Kratzen von
Nagetierpfoten, die über den Holzfußboden huschten, und ein Rascheln und
Seufzen, wenn der leichte Wind zur offenen Tür hereinfuhr. Hinter mir war Hy
wie erstarrt stehengeblieben. Als ich mich umsah, glitzerten seine Augen hart
im Licht der Taschenlampe, und sein Gesicht war äußerst angespannt. Ich fragte
mich, wie die Szene vor uns wohl durch den Filter seiner ganz persönlichen
Sichtweise erscheinen mochte.
    Ich lenkte seine Aufmerksamkeit auf
mich und bewegte mich auf den Gang weiter vorn zu. Er schenkte mir ein kurzes,
schiefes Lächeln und folgte mir. Die Karten der Mesa hingen unberührt an der
Wand. Ich zog die neuere Zeichnung herunter. Hy tat das gleiche mit den
zerfetzten und braun gewordenen. Wir breiteten sie auf dem Fußboden aus und
richteten unsere Taschenlampen darauf.
    »Hier ist der Hauptschacht«, flüsterte
er und fuhr mit seinem Zeigefinger über das Papier. »Es heißt, daß er schon
seit Jahrzehnten zugeschüttet ist. Dieser Stollen und dieser hier sind auch
schon lange wieder zu.«
    »Welche Seite der Mesa zeigt die
Karte?«
    »Soweit ich das sehe, ist das eine
Übersichtskarte. Warten Sie — die hier ist besser.« Er zog eine zweite Karte
über die erste. »Dieser Stollen hier und die anderen beiden finden sich auch
auf der neuen Karte, die Sie da haben.«
    »Ich kann noch immer nicht... Ist das
die Stampfmühle?«
    »Hm.«
    »Jetzt verstehe ich. Dann verläuft
dieser Tunnel... dieser Stollen« — ich verfolgte ihn auf Hopwoods neuer Karte —
»in der Nähe der Zufahrtsstraße.«
    »Und ist wahrscheinlich beim Planieren
eingestürzt.«
    »Und dieser zusammen mit dem kleineren
— «
    »Die kleineren nennt man Querschläge.
Sie gehen im rechten Winkel von den Stollen ab und führen dorthin, wo die
Goldadern lokalisiert wurden.«
    »Okay, dieser Stollen und dieser
Querschlag verlaufen auf der Nordseite der Mesa. Wenn Hopwood sich von außen
dorthin Vorarbeiten wollte, konnte er das außerhalb des Sichtbereichs der
Wachhütte und der Wohnwagen tun.«
    »Wahrscheinlich hat er sich auf die
Weise Zugang verschafft.«
    »Wohin kann er gegangen sein, wenn er
erst einmal drinnen war?«
    Hy zuckte mit den Schultern. »Wie diese
alte Karte zeigt, war die Mesa einmal voll von Stollen und Querschlägen, und es
ist einfach unmöglich zu sagen, welche noch existieren. Zudem gibt es dort noch
hunderte Strossen — das sind Ausgrabungen, die stufenförmig vom Stollen nach
oben oder nach unten zu den Erzablagerungen führten. Er kann sich überall hier
in einer dieser Höhlen verkrochen haben.«
    »Und wie können wir ihn dann finden?«
    »Aufs Geratewohl und mit Beten, McCone.
Raten und beten.«
    Wir waren gerade auf der Höhe von Lily
Nickles’ verlassenem Haus angekommen, da wurde mir klar, was mich verfolgte,
seit wir den Laden des Chinesen verlassen hatten. Ich winkte Hy, und wir traten
unter das Schutzdach der Veranda.
    »Ich mache mir Sorgen um die Leute auf
der Mesa.«
    »Die Transpacific-Wachen?«
    »Ja. Da sind zumindest drei
Menschenleben in Gefahr — «
    »Die Typen wußten, worauf sie sich
einließen.«
    »Wirklich?«
    »...Dies hier bestimmt nicht.«
    »Hy, wenn etwas schiefgeht, wenn dieser
Unsinn mit dem fünften Tag gar nicht so unsinnig ist — «
    »Das ist

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