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Niemandsland

Niemandsland

Titel: Niemandsland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
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verdammt noch mal! Er jagt
sein Dynamit in die Luft -«
    Ong kam auf die Beine und rannte mit
mir weiter.
    Ich hatte die Taschenlampe im
Querschlag auf dem Boden liegengelassen, und als ich jetzt das Seil suchte, das
mich zurückführen sollte, fand ich es nicht. Ong torkelte keuchend vor mir
durch die Dunkelheit. Ich folgte ihm, stolperte, fiel auf ein Knie, prallte
gegen die Wand und dann gegen seinen Rücken. Er stürzte. Ich zog ihn hoch und
zerrte ihn weiter.
    Dann sah ich vorne einen kleinen
Lichtpunkt. Hörte Stimmen. Der Punkt wurde größer: der Eingangsstollen. Draußen
waren Menschen, die uns helfen würden.
    Ich schob Ong in den engen Gang. Er
wehrte sich, und ich schob heftiger. Ong kroch weiter und verdeckte für einen
Moment das Licht. Ich krümmte mich zusammen und tauchte hinter ihm in den Gang.
Felskanten rissen mir die Haut auf. Ongs Fuß trat nach hinten aus und schrammte
mich an der Stirn. Und dann ein Schwall frischer Luft und Hys Stimme, die die
anderen übertönte: »Langsam, langsam.«
    Ich klammerte mich an den Arm, der mich
hochziehen wollte. »Das Dynamit geht gleich hoch!«
    »Himmel!« Es war Hys Arm. Er stellte
mich auf die Füße und faßte meine Hand. »Weg hier!«
    Ich rannte mit ihm, stolpernd und
keuchend. Um uns die Schritte der anderen Rennenden und ihre Gestalten, die in
der Dunkelheit verschwammen. Mein Atem ging schwer. Ich bekam Seitenstechen.
Die Strahlen der Taschenlampen huschten über zackigen Granitbruch. Steine
rollten und polterten. Einer der Männer fluchte wild.
    Ich stolperte wieder, ließ Hys Hand los
und stürzte kopfüber. Er fing mich auf, rollte mit mir weiter. Wir blieben auf
hartem, ebenem Boden liegen. In der Nähe hörte ich Wasser rauschen.
    Ich lag still und keuchte. Hy beugte
sich über mich. Zwischen Atemstößen sagte er: »Sie waren verdammt nah am
Doppelverlust, McCone.«
    Ich sah zu ihm auf. Sein Gesicht war
grimmig. Wilde Locken hingen ihm in die schweißbedeckte Stirn. Ich setzte mich
auf, ließ meine Stirn gegen sein Kinn fallen.
    Hy richtete sich auf. Ich sah, daß wir
auf dem unteren Hang waren, nicht weit vom Bach entfernt. Die Mesa hing schemenhaft
über uns, und die Sicherheitsleuchten brannten.
    »Hopwood«, sagte ich. »Er ist da
drinnen. Wir müssen ihn aufhalten!«
    »Wir können nichts tun. Wir müssen es
ihn in die Luft jagen lassen.«
    Ich versuchte, auf die Füße zu kommen.
Er zog mich herunter.
    »Ich sagte: »Wir könnten — «
    »Auf keinen Fall.«
    »Ich könnte — «
    »Dorthin zurückzugehen, das bedeutet,
Ihre Todessehnsucht ist noch größer als meine.«
    Ich sah ihm in die Augen und dann
zurück zur Mesa.
    To des Sehnsucht.
    Sie hat viele Formen: die Nadel und die
Flasche; Bergsteigen bei Lawinengefahr; spielen, wenn man weiß, daß die Karten
gegen einen gemischt sind; wilde Rasereien mit dem Auto bei Nacht. Aus was für
Gründen auch immer, Hys private Hölle, aus der ihn seine Frau gerettet hatte,
hatte wahrscheinlich auch die Todessehnsucht eingeschlossen. Wie meine Sucht
nach der Gefahr...
    Viele Formen, aber dies hier gehörte
nicht dazu. »Nein«, sagte ich, »so stark ist sie bei keinem von uns.«
    Ich wandte den Blick von der Mesa. Ließ
mir von ihm aufhelfen. Als wir standen, bemerkte ich Ong ein paar Meter
entfernt. Zwei andere Asiaten stützten ihn.
    Ich hoffe nur, dachte ich, daß er euch
armen Schweinen eine fette Extraprämie gibt.
    Langsam gingen wir den Hang hinunter,
eine angeschlagene und verwundete kleine Armee, und folgten dem Bachbett zurück
in die Stadt, in der so viele Träume gestorben waren. Als wir am ersten Haus
ankamen, hörte ich über uns einen Hubschrauber. Ich sah hinauf und dann zu Hy.
    »Vom Sheriff geschickt« sagte er. »Die
Wachen haben oben eine von Hopwoods Dynamitladungen entdeckt und Bridgeport
angefunkt, bevor sie abgezogen sind.«
    Der Hubschrauber kreiste und stieß
herab, als sein Pilot nach einer Stelle zum Landen suchte. Dann hörte ich ein
tiefes Grummeln in der Erde und spürte ein Zittern, wie am Beginn eines
Erdbebens. Es breitete sich aus und nahm zu.
    Eine Serie von Explosionen, heftig,
aber doch gedämpft.
    Ich warf meinen Kopf herum, schaute zur
Mesa hinauf und sah gerade noch den Ausbruch des Feuers. Und dann wurden Mond
und Himmel zu Blut.

29
     
    Ein Hubschrauber der Highway Patrol
brachte Hy und mich nach Bridgeport. Die Hubschrauberflotte des County war
herbeordert worden, um das Transpacific-Personal, Lionel Ong — der sich
inzwischen zum Heldes des Tages

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