Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Niemandsland

Niemandsland

Titel: Niemandsland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
Vom Netzwerk:
gehabt,
aber ohne Schlüssel kam sie nicht ins Haus.
    Und wessen Schlüssel waren das? Ihre?
Die von Freunden? Wem gehörte das Apartment?
    Ich glaubte, es zu wissen.
    Nach einer Weile zog ich mich in eine
Sitzposition hoch. Bewegte langsam Arme und Beine, um festzustellen, ob etwas
gebrochen war. Alles schien unversehrt. Ich beugte noch einmal meine Gliedmaßen
und tastete dann nach den eher oberflächlichen Verletzungen: eine Beule an der
Stirn, wo ich gegen die Mauer gestoßen war, eine Schwellung auf der
Gesichtsseite, wo ihre Ohrfeige gelandet war, ein schmerzendes Schienbein und
Kratzer überall dort an Beinen und Knien, wo meine lange Hose zerrissen war.
Die Handflächen waren aufgeschürft. Zähne und Kinn taten weh. Die aufgebissene
Stelle im Mund blutete noch immer. Kopfweh, das immer heftiger wurde.
    Verdammtes Weib, dachte ich wütend.
Wohin haut sie ab, nachdem sie mir das angetan hat, wo ich doch nur mit ihr
reden wollte?
    Sie hat Angst, eine wahnsinnige Angst.
    Wovor?
    Du meinst, vor wem. Wer hat sie
aufgescheucht?
    Keine Antwort.
    Endlich kam ich auf die Füße. Hangelte
mich am Geländer die Stufen hoch und fand meine Umhängetasche dort, wo ich sie
fallen gelassen hatte. Dann wankte ich über den Steg zum Eingang des mittleren
Hauses.
    Die Namensschilder neben den drei
Klingelknöpfen waren alle leer. In keinem Stockwerk war Licht hinter einem
Fenster. Einen Moment lang dachte ich daran, trotzdem zu klingeln, entschied
mich dann aber anders. Niemand zu Hause, wozu also die Mühe? Ich konnte
versuchen, die Nachbarn zu befragen, aber in meinem augenblicklichen Zustand
würde ich ihnen nur Angst einjagen.
    Außerdem reichte es mir für heute
abend. Ich schrieb mir die Adresse des Hauses auf und wuchtete meinen
schmerzenden Körper hinauf zu meinem Wagen.
     
     
     

17
     
    Ma saß in meinem Besuchszimmer im
Schaukelstuhl, als ich nach Hause kam. Ralph und Allie saßen auf ihrem Schoß.
Im Kamin brannte das Feuer. Als sie meinen Zustand sah, stand sie auf. Die
Katzen sprangen. Allie maulte indigniert.
    Ich sagte: »Ma, ich bin okay.«
    »Du siehst aber nicht okay aus.«
    »Na ja, nichts, was nicht wieder heilt.
Ich muß mich waschen und telefonieren. Dann erzähle ich dir alles.«
    Sie nickte skeptisch und setzte sich
wieder. Sofort sprangen die Katzen wieder auf ihren Schoß und schmiegten sich
an sie. Sie merkten instinktiv, daß etwas nicht in Ordnung war.
    Ich ging in mein Schlafzimmer und zog
unterwegs die ruinierten Sachen aus. Gott sei Dank, daß der Hosenanzug ein
alter grauer Pendleton war — ich war ihn sowieso furchtbar leid. Nachdem ich
alles hatte zu Boden fallen lassen, zog ich meinen weißen Frotteebademantel an,
setzte mich aufs Bett und rief Rae bei All Souls an.
    »Hallo«, sagte sie. Sie klang ein wenig
aufgekratzt. »Wir haben uns mit deiner Mama großartig amüsiert —«
    »Später! Rae, ich kann nicht lange
sprechen. Kannst du wohl gleich etwas für mich tun?«
    »Sicher.«
    »Schau im Straßenverzeichnis nach, wer
in den Apartments unter folgender Adresse wohnt.« Ich las ihr Straße und
Hausnummer des Gebäudes auf dem Telegraph Hill vor.
    Sie ging in die Bibliothek, wo die
Adreßbücher der Telefongesellschaften standen, und kam nach einer Minute
wieder. »Shar, es ist nichts eingetragen.«
    Kein Telefonanschluß also. Eigenartig —
das Haus hatte nicht unbewohnt gewirkt. Vielleicht waren es Geheimnummern.
»Okay«, sagte ich, »dann mußt du morgen als erstes zum Rathaus gehen und
nachforschen, wem das Haus gehört.«
    »Mach’ ich. Ich wollte ohnehin beim
Personenstandsregister nachfragen, ob ich einen Draht zu dieser Peggy Hopwood
kriege.«
    »Gut. Ich muß Ma um acht am Busbahnhof
abliefern. Danach bin ich wahrscheinlich in meinem Büro. Wenn nicht, versuch
mich hier zu erreichen, sobald du etwas weißt.«
    Rae versprach es, und ich hängte ein.
Dann verarztete ich mich, so gut ich konnte. Anschließend füllte ich einen
Eisbeutel für die geschwollene Wange, goß mir ein Glas schweren Rotwein ein und
ging zurück ins Besuchszimmer.
    Ma sah mich von oben bis unten genau
an, als ich mich in meinem Lieblingssessel niedergelassen hatte. »Nun?« sagte
sie.
    Ich erzählte ihr die halbe Wahrheit.
»Niemand hat mir etwas getan. Ich bin gefallen.«
    »Und?«
    »Sonst nichts.«
    »Sharon, erzähl mir doch nichts.«
    Ich seufzte und dachte: Ach, zum
Teufel. Umständlich begann ich, meine Ermittlungen zu erklären. Am Ende saß
meine Mutter eine Minute schweigend

Weitere Kostenlose Bücher