Niewinter 02 - Salvatore, R: Niewinter 02 - Neverwinter
bedenkenlos totprügeln.«
Darauf hatte Dahlia nur ein Schulterzucken.
»Das spielt durchaus eine Rolle«, bemerkte Drizzt, während sie weiterliefen.
Seine Worte waren ebenso für sie wie für ihn selbst bestimmt. Schließlich klammerte er sich verzweifelt an die Grundsätze, die ihn hundert Jahre lang im heftigsten Kampf aufrechterhalten hatten, Grundsätze, die ihn vor dem Schmerz über all das Verlorene bewahrten.
Da sah er das Mitleid in Dahlias hübschen Augen. Doch war da nicht noch etwas anderes?
Neid?
Sie gingen ins Entermesser, ließen sich ihr Essen jedoch einpacken, denn sie hatten sich Kurths Warnung zu Herzen genommen. Durch die Schatten von Luskan huschten sie zum Schauplatz ihres Kampfes zurück, wo sie unterhalb der Tür zu Jarlaxles Wohnung vor den Trümmern der Veranda stehen blieben.
»Wie stark und geschickt bist du eigentlich?«, fragte Dahlia herausfordernd. »Mit deinen Säbeln kannst du umgehen, aber beherrschst du auch deinen Körper?«
»Inwiefern?«
»Über den Kampf hinaus, meine ich.«
Drizzt starrte sie an, als hätte er keine Ahnung, was sie meinte. Daraufhin lief Dahlia über den Bretterhaufen direkt unter die Tür und stemmte das Ende ihres acht Fuß langen Stabs auf den Boden. Nachdem sie Drizzt zugenickt hatte, schnellte die Frau empor, kletterte im Sprung mit den Händen an dem Stab in die Höhe und drehte sich ganz oben mit einer Rolle so um, dass ihre Beine perfekt in die Türöffnung passten. Während sie hindurchglitt, ließ sie den Stab los.
Drizzt konnte ihn gerade noch auffangen.
»Und bring ihn bitte mit, ja?«, forderte Dahlia ihn auf, die nun den Kopf aus der Tür streckte.
Drizzt schnallte Gürtel und Rucksack fester und griff entschlossen nach dem Stab. Dann schaute er zu Dahlia hoch und überlegte, ob er noch höher springen konnte, damit er womöglich stehend im Zimmer landete.
Er sprang ab, griff am Stab höher, fand Halt und drehte sich … jedenfalls beinahe.
Doch ehe er sich überschlug, fing der Drow sich wieder, denn seine Instinkte rangen mit seinem Vorhaben, und er konnte sich nicht vollständig drehen. Indem er sich nicht vom Stab löste, konnte er seinen Sturz etwas abfedern und landete immerhin mit einer gewissen Würde am Ausgangspunkt.
Dahlia blickte ziemlich belustigt von der Schwelle aus auf ihn herab.
Stirnrunzelnd stieß Drizzt sich noch einmal hoch. Mit einem Knurren federte er sich noch schneller und noch weiter in die Höhe.
Wieder rebellierte sein Instinkt, als er sich dem Punkt seines Überschlags näherte, und obwohl er seinen Widerstand dieses Mal überwand und sich dazu zwang, die Bewegung zu vollenden, reichte dieser winzige Bruch in der Abfolge aus, um seinen Schwung und den Winkel des Auftreffens zu verändern. Er richtete sich zwar senkrecht auf und streckte dabei die Füße nach oben, prallte aber neben der Tür gegen die Wand, und es gelang ihm nicht, sich festzuhalten.
Nur mit Mühe konnte Drizzt sich ausreichend abstoßen, um zumindest mit den Füßen aufzukommen. Der Stab landete polternd neben ihm.
»Willst du der ganzen Stadt verraten, wo wir sind?«, zog Dahlia ihn auf.
Drizzt rieb sich den wunden Ellbogen und funkelte die gut gelaunte Elfe wütend an.
»Das war zu erwarten«, lenkte Dahlia ein.
Aber Drizzt hatte es nicht erwartet, und es irritierte ihn. Immerhin war er der Krieger, der auf einer Lawine den Berg hinuntergefegt war, indem er sich auf einem rollenden Stein gehalten hatte. Er war ein Krieger, dem ein freier Salto mitten im Kampf nicht fremd war, selbst wenn er dabei über einen Gegner springen und beim Landen kampfbereit umgedreht sein musste.
Diese Bewegung eben war ihm nicht schwer erschienen. Dahlia hatte sie mit Leichtigkeit und großer Perfektion ausgeführt.
»Mit ein bisschen Anlauf geht es leichter«, bemerkte Dahlia.
Drizzt betrachtete die zerstörte Veranda. »Ich bräuchte eine ganze Stunde, um das wegzuräumen«, murmelte er und ging kopfschüttelnd zu seinem Rucksack. »Ich werfe dir ein Seil hoch, das kannst du festbinden.«
»Nein«, antwortete Dahlia, noch ehe Drizzt auch nur den Rucksack geöffnet hatte. Er schaute sie fragend an.
»Du bist stark genug und allemal geschickt genug«, sagte Dahlia. »Nur deine Angst hält dich davon ab, die Bewegung zu vollenden.« Sie lächelte noch breiter. »Und du fürchtest, dich zu blamieren, weil dir nicht gelingt, was ich vermag«, fügte sie lachend hinzu, ehe sie in der Wohnung verschwand.
Drizzt schnappte sich den Stab und sprang
Weitere Kostenlose Bücher