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Niewinter 4: Die letzte Grenze

Niewinter 4: Die letzte Grenze

Titel: Niewinter 4: Die letzte Grenze Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R.A. Salvatore
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Lehne.
    »Habe ich dir je von Innovindil erzählt?«, fragte er. »Einer Elfe, die ich einst kannte.«
    Dahlia veränderte weder ihre Position noch ihren Gesichtsausdruck.
    »Wir waren mal befreundet, vor hundert Jahren«, erzählte Drizzt. »Sie war älter als du, auch älter als ich. Als wir uns kennen lernten, ging alles drunter und drüber. Die Orks verwüsteten das Land und bedrängten das Reich meines besten Freundes, eines Freundes, den ich für tot hielt, so wie alle anderen, sogar …«
    »Catti-brie«, fiel Dahlia ihm ins Wort, denn von seiner Frau hatte Drizzt ihr erzählt. »Du hattest sie also verloren und hast dich mit einer Elfe getröstet.«
    Drizzt schüttelte den Kopf. »Ich dachte, ich hätte sie verloren, sie alle, aber das war noch vorher.«
    »Willst du auf etwas Bestimmtes hinaus?«
    Drizzt seufzte erneut. »Es ist ein bisschen kompliziert«, gab er zu. »Du stehst erst am Beginn deines vierten Jahrzehnts, wohingegen Innovindils Lektionen ein Leben erklärten, das Jahrhunderte kommen und gehen sah.«
    »Was interessiert mich das also?«
    »Es würde … mich erklären«, antwortete Drizzt leicht verzweifelt. »Was ich tue. Und was ich nicht tue.«
    »Musst du denn immer alles so wichtig nehmen?«, fragte Dahlia.
    Drizzt lachte leise. »Du bist nicht die Erste, die so etwas zu mir sagt.«
    »Dann solltest du vielleicht mal zuhören.«
    »Ich habe es versucht«, sagte der Drow und wies auf den Platz vor dem Bett, wo er sich Dahlia genähert hatte.
    »Monate«, erwiderte sie eingeschnappt.
    »Innovindil hat mir geraten, mein Leben in kürzere Zeitspannen einzuteilen, in Menschenzeiträume, und dann wieder neu anzufangen. Ganz besonders, wenn ich vorhätte, mich mit den kurzlebigen Menschen anzufreunden oder sie gar zu lieben.«
    »Sie hat dir geraten, deinen Kummer zu überwinden.«
    »So könnte man es auch nennen.«
    »Genau. Womit wir wieder beim Thema sind – sind es wirklich hundert Jahre, seit du diese Menschenfrau verloren hast? Du scheinst den Rat deiner Freundin nicht zu beherzigen.« Sie registrierte, wie Drizzt zusammenzuckte, als sie das Wort »Menschenfrau« wie eine Beleidigung aussprach. Schon das war deutlich genug für sie. »Und das ist der Rat, den du mir geben willst?« Sie schnaubte erneut. »Wie wäre es, wenn du ihn erst einmal selbst befolgst?«
    »Ich gebe mir Mühe!«, fuhr er auf, schärfer, als Dahlia erwartet hatte. Na gut, dachte sie, immerhin hatte sie ihm eine ehrliche Reaktion entlockt.
    »Ist die Schulstunde damit vorbei?«, fragte sie ebenso bissig.
    »Meine hat offenbar gerade erst angefangen«, äußerte Drizzt mit echtem Bedauern. »Das alles ist komplizierter, als du denkst. Wenn du mal älter bist …«
    »Drizzt Do’Urden«, unterbrach sie ihn. Sie kam auf ihn zu und deutete mit dem Finger auf ihn. »Hör gut zu. Du hast sieben Mal so viele Jahre durchlebt wie ich, aber in vielerlei Hinsicht bin ich älter als du, älter als du je sein wirst. In Bezug auf«, sie sah sich um und suchte nach dem richtigen Wort, konnte aber nur mit dramatischer Geste auf das Bett weisen, »bin ich garantiert erfahrener und auch rationaler.«
    »Deine Ohrringe sprechen eine andere Sprache«, sagte er ruhig.
    »Ich jage vielleicht meine eigenen Dämonen, aber wenigstens bin ich nicht in ein Gespenst verliebt«, schimpfte sie, stürmte zur Tür und knallte sie hinter sich zu.
    Draußen betastete sie den schwarzen Diamantstecker in ihrem rechten Ohr, den letzten auf dieser Seite, und erkannte, dass ihr mit dem Drow, den sie gerade zurückgelassen hatte, womöglich schon bald ein Kampf auf Leben und Tod bevorstand.
    Deshalb hatte sie ihn schließlich auserwählt. Endlich hatte Dahlia einen Liebhaber gefunden, der sie fast sicher besiegen würde. Er würde ihr Frieden schenken.
    Aber merkwürdigerweise fand Dahlia diesen Gedanken wenig tröstlich. Drizzt hatte sich von ihr gelöst. Er lehnte sie ab, ohne dies zu wollen. Wenn er ihr sagte, dass er sie damit nicht verletzen wollte, sprach er die Wahrheit, das wusste sie.
    Und dennoch …
    Als Dahlia das Haus verließ, waren ihre leuchtend blauen Augen feucht, und mehr als nur eine Träne rann über ihre zarten Wangen.
    Dahlia betrat die Taverne mit säuerlicher Miene, weil sie nicht damit rechnete, hier den zu finden, den sie suchte; immerhin hatte sie in dieser Gegend von Baldurs Tor schon etliche vergleichbare Häuser durchstöbert. Eigentlich war die Elfe von dieser Stadt gründlich angewidert. Sie war zwar bereits mehrfach

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