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Night School 01 - Du darfst keinem trauen

Night School 01 - Du darfst keinem trauen

Titel: Night School 01 - Du darfst keinem trauen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.J. Daugherty
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fieberhaft, was sie antworten könnte.
    Als sie sprach, flüsterte sie fast: »Er hat Angst, ihr zu sagen, was er für sie empfindet, und es macht ihn traurig, dass sie nicht weiß, was er empfindet.«
    »Und warum hat er wohl Angst, ihr seine Gefühle zu offenbaren?«, fragte Isabelle.
    »Weil sie seine Gefühle vielleicht nicht erwidert.« Irgendwie überraschte es Allie nicht, dass Carter die Frage beantwortete. Sie senkte den Blick auf ihr Heft, wo der Stift kleine, ineinandergeschlungene Kreise um den Schmetterling malte. »Deshalb möchte er lieber nie herausfinden, ob das der Fall ist.«
    »An dieser Stelle lohnt übrigens der Hinweis, dass dieses Gedicht genauso gut auch von einem Er für einen anderen Er geschrieben worden sein könnte, aber der Einfachheit halber gehen wir ruhig mal davon aus, dass es sich um eine konventionelle Konstellation handelt. Aber, warum möchte er das lieber nicht? Was ist der tiefere Grund?« Isabelle schritt durch den Raum zu einem unbesetzten Tisch und lehnte sich dagegen. »Immerhin könnte sie seine Gefühle ja auch erwidern, aber wenn er nicht fragt, wird er es nie erfahren.«
    »Er hat Angst, verletzt zu werden«, wisperte Allie, während sie einen weiteren schwungvollen Kreis zu der Kette hinzufügte.
    Isabelle sah neugierig von ihr zu Carter.
    »Das wäre eine Erklärung«, sagte sie. »Apropos verletzt werden, ich habe hier noch ein zweites Gedicht für euch, allerdings ist die Stimmung ein wenig anders. Es stammt von der amerikanischen Dichterin Dorothy Parker …«
    Die Stunde zog sich endlos hin. Als sie endlich vorbei war, sprang Allie auf und stürmte mit gesenktem Kopf zur Tür, entschlossen, mit niemandem Blickkontakt aufzunehmen.
    Besonders nicht mit Carter.
    Sie war als Erste auf der Treppe, und während sie die Stufen hinauflief, zählte sie still ihre Schritte mit.
    … einunddreißig, zweiunddreißig, dreiunddreißig …
    Im Allerheiligsten ihres Zimmers angekommen, schloss sie die Tür hinter sich, lehnte sich mit dem Rücken dagegen und betrachtete die vertraute Ordnung des Raums.
    Was war das denn gerade? Wollte Carter mir sagen, dass er auf mich steht? Oder interpretiere ich da nur was rein? Hat Sylvain vielleicht doch recht?
    Sie war so müde, dass sie sich nicht zutraute, jetzt noch über ernste Dinge nachzudenken. Das Bett, in dem sie letzte Nacht nicht geschlafen hatte, schien sie förmlich zu sich zu rufen. Sie ließ die Büchertasche auf den Boden fallen, stellte den Wecker auf sechs Uhr und schloss den Laden, um das grelle Tageslicht auszusperren. Es gelang ihr gerade noch, die Schuhe abzustreifen, ehe sie sich mitsamt der Klamotten ins Bett legte. Was für ein wunderbares Gefühl, allein zu sein. In der kühlen Dunkelheit dachte sie kurz noch einmal an Carter, bevor sie alles vergaß und einschlief.

Fünfzehn
    Als Allie um halb sieben abends Jos Zimmer betrat, hatten Jo und Lisa bereits den ganzen Raum mit Kleidern drapiert und stapelweise Schuhe ausgeräumt. Allie fühlte sich schon viel besser, fast wieder normal. Irgendwie hatte der Schlaf sie beruhigt. Was immer morgen sein mochte – heute Abend wollte sie sich amüsieren. Einfach den Ball genießen. Was gestern Abend passiert war, war passiert. Na und? Sie hatte schon Schlimmeres überstanden. Was die Leute über sie dachten, war ihr auch egal gewesen, bevor sie nach Cimmeria kam – das würde sie jetzt nicht anders halten.
    Lisa, die mit Lucas auf den Ball ging (»Aber nur so als Freunde, versteht ihr?«), glühte vor Aufregung. »Das ist das perfekte Kleid, finde ich.«
    Ihre Aufregung war ansteckend, und Allie sah alles gleich in positivem Licht. »Das wird bestimmt schön, jede Wette.«
    »Vor allem, weil ich endlich mal ein bisschen Zeit mit Gabe verbringe«, seufzte Jo. »Ich hab ihn die letzten Tage kaum gesehen.«
    »Weiß eigentlich einer, was die da so treiben?«, fragte Allie, während sie ihr weißes Seidenkleid an die Schranktür hängte.
    Jo schüttelte den Kopf. »Null. Ich krieg immer nur zu hören: ›Muss am Projekt arbeiten …‹« Sie verstellte ihre Stimme, sodass sie tiefer klang, und gab ihr einen abweisenden Ton, der so nach Gabe klang, dass Lisa und Allie kichern mussten.
    »Ja genau, Sylvain hört sich ja mehr so an: ›Äs iest seehr wischTIEHSCH was wier ma-chön‹«, äffte Allie Sylvain nach, und sie lachten sich schon wieder schlapp.
    Auf Jos Schreibtisch standen mehrere Saftkrüge und ein Silbertablett mit Sandwiches, die jeweils in vier Dreiecke

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