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Night School 03 - Denn Wahrheit musst du suchen

Night School 03 - Denn Wahrheit musst du suchen

Titel: Night School 03 - Denn Wahrheit musst du suchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.J. Daugherty
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sich aufhielt – aber was hätte ich machen sollen? Ich hatte ja keine Handhabe. Er hatte nichts verbrochen. Alles, was er mitgenommen hat, hätte ich ihm auch so gegeben, wenn er mich darum gebeten hätte. Und er war ja wie ein Sohn für mich. Ich wollte … einfach nur mit ihm reden. Ihm sagen, wie viel er mir bedeutet. Dass ich ihm verzeihe. Aber er hat sich geweigert.« Müde rieb sie sich die Augen. »Als ich mitbekommen habe, dass er gegen mich intrigiert und sich mit Teilen des Aufsichtsrats gegen mich verbündet – da dachte ich erst: Wie verzweifelt muss er sein … Aber dann …« Ein Anflug von Traurigkeit huschte über ihr Gesicht. »Dann ist auf einmal Christopher verschwunden.«
    Allie hatte einen ganz trockenen Mund. »Er hat also die ganze Zeit nur …«
    »Abgewartet«, vollendete Lucinda ihren Satz. »Er hat zugesehen und einfach abgewartet, bis Christopher alt genug war. Er wusste, dass es mir das Herz brechen würde, wenn er – mein ›falscher‹ Sohn, wie er sich sah – mir meinen echten Enkelsohn wegnahm. Und dass es meine Beziehung zu deiner Mutter weiter vergiften würde. Er wusste, welchen unermesslichen Schaden er damit anrichten konnte. Darum hat er es ja gemacht. Auf seine Weise war es ja auch ein brillanter Schachzug.« Sie sah Allie an. »Tja. Und jetzt bist du das letzte fehlende Puzzleteil. Die Letzte aus meiner Familie, die noch übrig ist. Die letzte Figur auf seinem Schachbrett. Dich möchte er auch noch auf seine Seite ziehen. Und dann …« Sie machte eine ausdrucksvolle Geste. »Schachmatt!«
    Über den Schreibtisch hinweg streckte sie Allie die Hand entgegen. Zögernd legte Allie ihre eigene hinein. Lucinda packte zu. »Er konnte ja nicht wissen, dass er uns damit nicht auseinanderdividieren, sondern nur näher zusammenbringen würde. Dass ich alles tun würde, um dich vor ihm zu schützen. Und dass wir zurückschlagen würden.«
    Ein warmes Gefühl von Stolz durchflutete Allie. Herzlich drückte sie die Hand ihrer Großmutter, doch sie wählte ihre Worte mit Bedacht.
    »Du hast gesagt, dass wir in Schwierigkeiten sind – und dass wir in der Falle stecken. Glaubst du wirklich, dass wir den Kampf gewinnen können?«
    »Wir haben keine Wahl.« Allie erschrak, als sie Lucindas Ausdruck sah. Jede Wärme war aus ihren Augen verschwunden – ihr Blick war schonungslos. »Weil er es auf dich abgesehen hat.«

[zurück]

Neunundzwanzig
    Als Allie schließlich das Büro verließ, schwirrte ihr der Kopf von all den Neuigkeiten. Über eine Stunde hatte sie sich mit ihrer Großmutter unterhalten – vor allem über Nathaniel und Christopher. Doch manchmal hatte Lucinda auch faszinierende Einblicke in ihr Leben und ihre Arbeit gewährt.
    Sie hatte gerade erst begonnen, von einem Meeting mit dem japanischen Ministerpräsidenten zu erzählen, als Isabelle anklopfte.
    »Ich wollte dich nur daran erinnern, dass du in fünf Minuten einen Termin mit Raj hast«, sagte sie entschuldigend zu Lucinda.
    Allie verstand den Wink und stand auf. »Na, dann geh ich mal …«
    Lucinda kam hinter dem Schreibtisch hervor und baute sich vor ihr auf. Mit einer sanften Berührung schob sie Allie einige Haarsträhnen hinter die Ohren. Die unbewusst mütterliche Geste versetzte Allies Herz einen Stich.
    »Es hat mir große Freude bereitet, mich mit dir zu unterhalten«, sagte Lucinda. »Ich hoffe sehr, dass wir das bald einmal wiederholen.«
    Allie, die nicht wollte, dass Lucinda ging, und auch nicht wusste, wann sie einander wiedersehen würden, gehorchte einem Impuls und warf sich ihr spontan in die Arme.
    »Danke, Großmutter.« Es war das erste Mal, dass sie Lucinda so ansprach; es fühlte sich seltsam an, aber
gut
. »Ich bin so froh, dass ich dich jetzt kenne.«
    Lucinda erwiderte die Umarmung – ihr Parfum duftete nach exotischen Blumen.
    »Und ich dich, Allie.«
    Bei der Vorstellung, dass sie später den anderen all das erzählen musste, wurde ihr ganz flau: Wo sollte sie bloß anfangen? Zumindest einen Teil mussten sie aber erfahren. Damit sie begriffen, wie ernst die Lage war.
    Dafür musste sie ihre Freunde jetzt aber erst mal finden.
    Sie wusste, dass die anderen sich in einer der Studierzellen hinten in der Bibliothek verabredet hatten, deshalb versuchte sie es zuerst dort. Doch als sie an die mit Eichel- und Laubschnitzereien verzierte Tür klopfte, stand sie plötzlich einem von den älteren Schülern, den sie flüchtig kannte, gegenüber.
    »Was willst du?«, blaffte der Schüler sie

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