NIGHT WORLD - Jägerin der Dunkelheit
brettervernagelten Fenstern - oder ganz fensterlos - und Eingangstüren aus Stahl.
Die Sicherheitsmaßnahmen machten Rashel keine Sorgen. Sie wusste, wie man Maschendraht aufschnitt und Schlösser öffnete. Was ihr Sorgen machte, war der Umstand, dass sie keine Ahnung hatte, wo sie anfangen sollte.
Die Nachtleute konnten jedes der Lagerhäuser benutzen. Nicht einmal das Wissen, wo Steve und Vicky gegen Quinn gekämpft hatten, brachte sie weiter, denn er hatte sich auf sie gestürzt. Er hatte sie offensichtlich in ihrem Hinterhalt entdeckt und sich ihnen bewusst genähert. Was bedeutete, dass sein wahres Ziel jedes der Gebäude in dieser Straße sein konnte - oder keines davon.
Also schön. Hier war Geduld angesagt. Sie würde einfach an einem Ende anfangen müssen...
Abrupt riss der Gedanke ab, und Rashel drückte sich tiefer in den Schatten, noch bevor ihr bewusst wurde, warum sie es tat. Sie hatte etwas gehört -ein tiefes Knurren, das von irgendwoher auf der anderen Straßenseite kam.
Sie presste sich flach gegen die Ziegelsteinmauer und hielt sich dann vollkommen reglos. Ihr Blick huschte von Gebäude zu Gebäude, und sie hielt den Atem an, um besser hören zu können. Da. Das Geräusch kam aus dem Lagerhaus am anderen Ende der Straße. Und sie konnte es jetzt identifizieren - es war das Brummen eines Motors.
Dann hob sich das große Rolltor in der Vorderfront des Lagerhauses. Scheinwerferlichter durchstachen die Nacht. Ein Lastwagen kam auf die Straße gerollt.
Kein sehr großer Lastwagen. Ein Möbelwagen. Als er ganz aus dem Gebäude heraus war, hielt er an. Jemand zog das stählerne Rolltor wieder herunter. Dann ging er auf die Fahrerkabine des Möbelwagens zu und kletterte hinein.
Rashel versuchte angestrengt, in den Bewegungen der Gestalt irgendwelche Zeichen von Vampirismus auszumachen. Sie glaubte, eine gewisse verräterische Geschmeidigkeit des Gangs zu erkennen, aber sie war zu weit entfernt, um sicher sein zu können. Und nichts anderes konnte ihr einen Hinweis darauf geben, was da im Gange war.
Es konnte ein Mensch sein, dachte sie. Ein Lagerhausbesitzer, der nach einem Abend über seinen Büchern nach Hause fuhr.
Aber ihr Instinkt sagte ihr etwas anderes. Die feinen Härchen in ihrem Nacken stellten sich auf.
Und dann, als der Lastwagen davonrollte, geschah etwas, das ihre Zweifel bekräftigte und sie dazu trieb, die Straße hinunterzufliegen. Die hinteren Türen des Möbelwagens wurden einen Spaltbreit geöffnet, und ein Mädchen fiel heraus. Es war schlank, und das Licht einer Laterne fing sich auf seinem blonden Haar. Es landete auf der müllübersäten Straße und lag einen Moment lang wie benommen da. Dann sprang es auf, sah sich wild um und kam auf Rashel zugerannt.
Kapitel Sieben
Als Rashel das Mädchen abfing, hatte der LKW bereits gebremst, um zu wenden. Jemand rief: »Sie ist draußen! Wir haben eine verloren!«
»Hier entlang!«, sagte Rashel, dann griff sie mit einer Hand nach dem Mädchen und bedeutete ihr mit der anderen, in welche Richtung sie laufen sollte.
Aus der Nähe sah sie, dass das Mädchen klein war und ihr das zerzauste blonde Haar in die Stirn fiel. Die Brust des Mädchens hob und senkte sich schnell. Statt dankbar zu wirken, schien Rashels Erscheinen es in panischen Schrecken zu versetzen. Das Mädchen starrte Rashel einen Moment lang an und versuchte dann wegzurennen.
Rashel hielt es fest, bevor es einen Schritt weit gekommen war. »Ich bin deine Freundin! Komm! Wir müssen zwischen den Straßen weiterlaufen, wo der Lastwagen uns nicht folgen kann.«
Der Möbelwagen hatte inzwischen gewendet. Scheinwerferlicht ergoss sich in ihre Richtung. Rashel legte dem Mädchen einen Arm um die Taille und rannte los.
Das blonde Mädchen musste ihr zwangsläufig folgen. Es wimmerte, aber es rannte.
Rashel bewegte sich auf den Bereich zwischen zwei Lagerhäusern zu. Eines wusste sie mit Sicherheit: Wenn in diesem LKW tatsächlich Vampire saßen, bestand ihre einzige Überlebenschance darin, mit dem blonden Mädchen ihren Wagen zu erreichen. Die Vampire rannten viel schneller als jeder Mensch.
Sie hatte sich für die beiden Lagerhäuser entschieden, weil der Maschendrahtzaun hinter ihnen nicht allzu hoch und nicht von Stacheldraht gekrönt war. Als sie den Zaun erreichten, versetzte Rashel dem Mädchen einen kleinen Stoß. »Klettere hinauf!«
»Ich kann nicht!« Das Mädchen zitterte und keuchte. Rashel musterte es und begriff, dass dies wahrscheinlich die reine
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