Night World - Prinz des Schattenreichs - Night World - Black Dawn
Gemach führen.«
Maggie musterte sie argwöhnisch. »Warum stimmt dich das so heiter? Wer ist es?«
»Oh, du wirst sie bestimmt mögen. Sie heißt Nachttopfentleererin.«
KAPITEL FÜNFZEHN
Maggie schlurfte hinter Nachttopfentleererin her auf den Palas der Burg zu. Sie trug einen Stapel zusammengefalteter Leinenlaken, die Wäscherin ihr gegeben hatte, und sie tat ihr Bestes, um wie eine Sklavin auszusehen. Wäscherin hatte ihr Gesicht künstlerisch mit Schmutz befleckt, um sie zu maskieren. Außerdem hatte sie eine Handvoll Staub auf Maggies Haar gegeben, um den Kastanienton darin zu einem leblosen Braun abzustumpfen, und wenn Maggie den Kopf über die Laken neigte, verbarg das Haar ihr Gesicht noch zusätzlich. Das einzige Problem bestand darin, dass sie ständig Angst hatte, niesen zu müssen.
»Das sind die wilden Tiere«, flüsterte Nachttopfentleererin ihr über die Schulter zu. Sie war ein grobknochiges Mädchen mit sanften Augen, die Maggie an die Augen der Kälber erinnerten, die vor Wäscherins Hütte festgebunden waren. Wäscherin hatte eine Weile gebraucht, um ihr begreiflich zu machen, was sie von ihr wollten, aber jetzt schien sie sich verpflichtet zu fühlen, Maggie herumzuführen.
»Sie werden von draußen hergebracht«, erklärte sie. »Und sie sind gefährlich.«
Maggie schaute zu den Käfigen hinüber, an denen Sylvia und Gavin zuvor vorbeigegangen waren. Aus einem
der Käfige starrte sie ein braungrauer Wolf mit erschreckend traurigem, festem Blick an. In einem anderen ging ein glänzender, schwarzer Panther auf und ab, und er fauchte, als sie vorübergingen. In einem dritten Käfig hatte sich im hinteren Teil etwas zusammengerollt, das ein Tiger sein konnte - es war groß, und es hatte Streifen.
»Wow«, sagte sie. »Den würde ich nicht jagen wollen.«
Nachttopfleererin schien erfreut zu sein. »Und hier ist der Palas. Er heißt Schwarze Dämmerung.«
»Ach ja?«, fragte Maggie, die von den Tieren abgelenkt war.
»So hat ihn jedenfalls mein Großvater genannt. Er hat im Innenhof gelebt und ist dort gestorben, ohne den Palas jemals betreten zu haben.« Nachttopfentleererin dachte einen Moment lang nach und fügte hinzu: »Die alten Leute sagen, dass man früher die Sonne am Himmel sehen konnte - nicht nur hinter den Wolken. Und wenn die Sonne morgens aufging, hat sie auf den Palas geleuchtet. Aber vielleicht ist das nur eine Geschichte.«
Ja, vielleicht war es nur eine Geschichte, dass man die Sonne am Himmel sehen konnte, dachte Maggie grimmig. Wann immer sie dachte, dieser Ort könne sie nicht mehr überraschen, stellte sie fest, dass das ein Irrtum war.
Aber der Palas selbst war beeindruckend... ehrfurchtgebietend. Er war das Einzige hier, das nicht staubigbraun oder bleichgrau war. Seine Mauern waren schwarz und glänzend, an manchen Stellen beinahe wie Spiegel, und man brauchte Maggie nicht erst zu sagen, dass sie nicht aus gewöhnlichem, menschlichem Stein gebaut worden
waren. Wie sie den Stein in dieses Tal bekommen hatten, war allerdings ein Rätsel.
Delos lebt hier, dachte sie, als Nachttopfentleererin sie eine steinerne Treppe hinaufführte, vorbei am Erdgeschoss, das nur aus Lagerräumen zu bestehen schien. Er lebt in diesem schönen, beängstigenden, beeindruckenden Gebäude. Er lebt nicht nur darin, er befehligt es. Es gehört alles ihm.
Sie erhaschte nur einen flüchtigen Blick auf die große Halle, in der gestern Sklaven einen langen Tisch aufgebaut hatten. Nachttopfentleererin führte sie ein weiteres Stockwerk hinauf und durch eine Reihe von gewundenen Gängen, die sich meilenweit hinzuziehen schienen.
Es war dunkel in diesem inneren Labyrinth. Die Fenster waren hoch und schmal und ließen kaum etwas von dem bleichen Tageslicht herein. An den Wänden brannten Kerzen in Wandhaltern und Fackeln in Eisenringen, aber sie schienen die zuckenden, verwirrenden Schatten des Zwielichts nur noch zu mehren.
»Sein Schlafgemach ist hier oben«, murmelte Nachttopfentleererin schließlich. Maggie folgte ihr. Sie dachte gerade darüber nach, dass sie so weit gekommen waren, ohne dass irgendjemand sie angesprochen hatte, als aus einem Nebenflur eine Stimme erklang.
»Wohin geht ihr? Wer ist das?«
Es war ein Wachposten, wie Maggie sah, als sie unter ihrem Haar hervorspähte. Ein richtiger, mittelalterlicher Wachposten, der ausgerechnet eine Lanze in der Hand hielt. Ein weiterer Wachposten, der genauso wie er aussah,
stand im gegenüberliegenden Flur. Trotz ihres Entsetzens war
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