Night World - Prinz des Schattenreichs - Night World - Black Dawn
sie fasziniert.
Aber Nachttopfentleererin mit ihrem nicht allzu schnellen Verstand reagierte wunderbar. Sie nahm sich die Zeit für einen Knicks, dann sagte sie bedächtig und fest: »Das ist Falterin aus der Wäscherei, Herr. Wäscherin hat sie mit den Laken hergeschickt, und mir hat man gesagt, sie könne mir helfen. Wegen der Gäste haben wir im Moment mehr Arbeit.«
»Es ist Zimmermädchens Arbeit, die Laken aufzuziehen«, erwiderte der Wachposten gereizt.
Nachttopfentleererin knickste abermals und sagte genauso bedächtig wie zuvor: »Ja, Herr, aber wegen der Gäste gibt es mehr Arbeit, versteht Ihr...«
»Schön, schön«, unterbrach der Wachposten sie ungeduldig. »Warum geht ihr nicht und erledigt sie, statt nur darüber zu reden?« Er fand diese Bemerkung offensichtlich komisch, drehte sich um und stieß dem anderen Wachposten den Ellbogen in die Rippen.
Nachttopfentleererin knickste ein drittes Mal und ging ohne Hast weiter. Maggie versuchte, den Knicks nachzumachen, wobei sie das Gesicht in die Laken drückte.
Es folgte ein weiterer endloser Gang, dann eine Tür, und Entleererin sagte: »Wir sind da. Und es ist niemand in der Nähe.«
Maggie nahm das Gesicht aus den Laken. »Du bist absolut wunderbar, weißt du das? Oscarreif!«
»Oskar... was?«
»Vergiss es. Aber du warst großartig.«
»Ich habe nur die Wahrheit gesagt«, entgegnete das Mädchen ruhig, aber in den Tiefen seiner sanften Kälbchenaugen, schimmerte ein Lächeln. »Es gibt immer mehr Arbeit, wenn Gäste kommen. Bis vor drei Jahren hatten wir nie welche hier.«
Maggie nickte. »Ich weiß. Hör mal, ich schätze, du gehst jetzt besser. Und, ähm - Entleererin?« Sie konnte sich nicht dazu überwinden, den vollen Namen auszusprechen. »Ich hoffe sehr, dass du deswegen keine Schwierigkeiten bekommst.«
Nachttopfentleererin erwiderte ihr Nicken, dann griff sie unter das Bett und holte einen Keramiktopf hervor. Den Behälter vorsichtig vor sich hertragend, verließ sie den Raum.
Maggie sah sich in dem Gemach um, das sehr groß und sehr kahl war. Es war ein wenig besser beleuchtet als die Flure, da mehrere schalenförmige Öllampen auf Ständern im Raum verteilt waren. Das Bett war das einzige richtige Möbelstück darin. Es war riesig, mit einem schweren Holzrahmen und geschnitzten Bettpfosten. Darauf lag ein Stapel Decken und etwas, das wie Felle aussah, und es war vollkommen von Leinenvorhängen umgeben.
Ich soll wahrscheinlich das ganze Zeug runternehmen und die frischen Laken auflegen, überlegte Maggie. Sie tat es nicht.
Bei dem Rest der Möbel handelte es sich um große Truhen aus einem exotisch aussehenden Holz und um einige Tische und Hocker. Nichts, was ein Versteck geboten
hätte. Aber an einer Seite des Raumes war eine durch einen Vorhang verdeckte Tür.
Maggie trat hindurch und fand sich in einem kleinen Vorzimmer wieder - in einem der Kleiderschränke, die Jeanne erwähnt hatte. Er war viel größer, als sie erwartet hatte, und schien ebenso als Lagerraum zu dienen wie als Schrank.
Also schön. Ich werde mich einfach hinsetzen.
Neben einer Figur, die entfernt an eine Schneiderpuppe erinnerte, standen zwei Hocker. Maggie ließ ihre Laken auf eine Truhe fallen und zog sich einen der Hocker dicht an die Tür heran. Durch die Lücke zwischen den Leinenvorhängen konnte sie fast das ganze Schlafgemach überblicken.
Perfekt, dachte sie. Jetzt brauche ich nur noch zu warten, bis er allein hereinkommt. Und dann...
Sie versteifte sich. Irgendwo jenseits des riesigen Schlafraums wurden Stimmen laut. Nein, sie konnte eine Stimme hören, eine melodische Mädchenstimme.
Oh bitte, dachte sie. Nicht sie . Lass ihn nicht mit ihr hereinkommen. Ich werde hinausspringen und sie mit etwas schlagen müssen; ich werde mich nicht beherrschen können...
Aber als zwei Personen den Raum betraten, verspürte sie nicht den leisesten Wunsch, aufzuspringen.
Es war tatsächlich Sylvia, aber sie kam nicht in Begleitung von Delos. Sie war mit Hunter Redfern zusammen.
Ein eisiger Schauder kroch Maggies Rücken hinunter. Was taten die beiden in Delos’ Schlafzimmer? Was es
auch war, wenn sie sie erwischten, war sie tot. Sie saß absolut reglos da, aber sie konnte sich nicht von dem Vorhang losreißen.
»Er unternimmt einen Ausritt und wird noch eine halbe Stunde fort sein«, sagte Sylvia nun. Sie trug ein dunkles, stechpalmengrünes Gewand und hielt einen Korb in der Hand. »Und ich habe alle Diener weggeschickt.«
»Trotzdem«, erwiderte
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