Night World - Prinz des Schattenreichs - Night World - Black Dawn
auf.
»Hast du ein Problem?« Sylvias Stimme schien aus weiter Ferne zu kommen.
Der Weihrauch.
Er stieg ihr direkt ins Gesicht. Und jetzt...
»Was machst du mit mir?«, keuchte Maggie. Sie prallte zurück, weg von dem Rauch, aber es war zu spät. Ihre Knie waren schrecklich schwach. Ihr Körper schien weit fort zu sein, und das blitzende Muster blendete sie völlig.
Sie war zurückgewichen und spürte jetzt, dass ihre Beine gegen ein Bett stießen. Dann trugen sie sie einfach nicht länger; sie glitt zu Boden, außerstande, sich mit ihren nutzlosen Armen abzustützen. Ihre Lippen waren taub.
»Weißt du, einen Moment lang dachte ich wirklich, ich könnte in Schwierigkeiten sein«, hörte sie Sylvia gelassen sagen. »Aber ich habe mich geirrt. Die Wahrheit ist, dass du eben doch nur ein gewöhnliches Mädchen bist. Schwach und machtlos - und gewöhnlich. Wie konntest du überhaupt auf den Gedanken kommen, du könntest es mit mir aufnehmen? Mit meinen Leuten?«
Sterbe ich? fragte Maggie sich. Ich verliere mich. Ich kann nichts sehen, und ich kann mich nicht bewegen...
»Wie konntest du hierher kommen und mich angreifen? Wie konntest du denken, du hättest auch nur die leiseste Chance?« Selbst Sylvias Stimme schien sich immer
weiter zu entfernen. »Du bist jämmerlich. Aber jetzt wirst du herausfinden, was geschieht, wenn du mit echter Macht herumspielst. Du wirst erfahren...«
Die Stimme war fort. Da war nurmehr ein Rauschen in endloser Schwärze.
Miles, dachte Maggie. Es tut mir leid...
Dann dachte sie überhaupt nichts mehr.
KAPITEL VIER
Maggie träumte. Sie wusste, dass sie träumte, und das allein war schon seltsam. Aber noch seltsamer war die Tatsache, dass sie wusste, dass es kein gewöhnlicher Traum war.
Dies war etwas... das nicht aus ihrem Geist kam, dies wurde ihr... geschickt. Irgendein verborgener Teil ihres Geistes suchte orientierungslos nach den richtigen Worten, während der andere Teil ihrer Selbst damit beschäftigt war, sich umzuschauen und Angst zu haben.
Nebel. Nebel überall, weiße Schwaden, die sich anmutig um sie herum wanden wie Geister, die soeben aus ihren Lampen befreit worden waren. Sie hatte das Gefühl, dass es in diesem Nebel dunkle Gestalten gab; sie glaubte, sie aus den Augenwinkeln heraus aufragen sehen zu können, aber sobald sie den Kopf drehte, waren sie wieder verborgen.
Maggie bekam eine Gänsehaut auf den Armen. Es war nicht nur die Berührung des Nebels. Da war ein Geräusch, das ihr die feinen Härchen im Nacken zu Berge stehen ließ. Sie konnte es gerade eben noch hören, verzerrt von der Entfernung oder etwas anderem, und irgendjemand oder irgendetwas schien wieder und wieder zu rufen: »Wer bist du?«
Jetzt ist es aber gut, dachte Maggie. Sie schüttelte heftig
den Kopf, um das kribbelnde Gefühl im Nacken loszuwerden. Das ist einfach viel zu... zu schaurig. Habe ich immer so klischeehafte Träume?
Aber im nächsten Moment geschah etwas, das sie erneut frösteln ließ, und der Grund für diesen Schauder war ganz gewöhnliche Angst. Etwas kam durch den Nebel, und es kam schnell.
Sie drehte sich um und erstarrte. Und plötzlich schien sich auf seltsame Weise alles gleichzeitig zu verändern.
Der Nebel zog sich zurück. Sie sah eine Gestalt, die sich dunkel davor abzeichnete, zuerst nicht mehr als eine Silhouette. Für einen winzigen Moment dachte sie an Miles - aber der Gedanke war beinahe so schnell wieder fort, wie er gekommen war. Es war ein Junge, doch es war ein Fremder, das konnte sie an seiner Gestalt erkennen und an der Art, wie er sich bewegte. Er atmete stoßweise und rief mit verzweifelter Stimme: »Wo bist du? Wo bist du?«
Das war es also. Nicht »Wer bist du«, durchzuckte es Maggie.
»Wo bist du? Maggie! Wo bist du?«
Der Klang ihres eigenen Namens verblüffte sie. Aber noch während sie scharf die Luft einsog, drehte der Junge sich um und sah sie.
Und erstarrte. Der Nebel hatte sich inzwischen fast vollkommen aufgelöst, und sie konnte sein Gesicht sehen. Es spiegelte Staunen und Erleichterung und Glück wider.
»Maggie«, flüsterte er.
Maggie stand wie angewurzelt da. Sie kannte ihn nicht. Sie war sich sicher, dass sie ihn noch nie zuvor gesehen
hatte. Aber er schaute sie an, als sei sie... als sei sie für ihn das Wichtigste im ganzen Universum, und als habe er jahrelang nach ihr gesucht, bis er die Hoffnung beinahe aufgegeben hatte. Sie war zu erstaunt, um sich zu bewegen, während er plötzlich seine Reglosigkeit abschüttelte.
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