Nightschool. Du darfst keinem trauen
wollte.
»Mein Russisch ist miserabel – was soll das noch mal heißen?«, brummte er.
Sie lachte, an seine Wange geschmiegt. »Das heißt: nicht so viel quatschen!«
Kurz darauf löste er sich mit einem bedauernden Seufzer von ihr. »Wir sollten jetzt echt dieses Spionage-Ding durchziehen, bevor wir vergessen, was wir eigentlich vorhatten.«
Allie strich ihre Klamotten glatt. »Okay. Dann sollen die sich jetzt mal warm anziehen.«
»Oh, jetzt krieg ich aber Angst.«
»Danke«, sagte sie. »Ich hab ja auch den ganzen Tag lang dran gefeilt.«
Carter öffnete die Tür zum Flur und vergewisserte sich, dass die Luft rein war. Dann ließ er Allie den Vortritt. Auf jedem Treppenabsatz lauschten sie auf Stimmen oder Schritte.
Auch am Hintereingang bezog Carter zunächst einen Spähposten, während Allie im Dunkeln wartete. Als er sicher war, dass niemand herumschlich, kam er sie holen.
Seite an Seite liefen sie um den Ostflügel herum zur Vorderfront des Gebäudes, so, wie sie es vorher besprochen hatten. Am Waldrand duckten sie sich so in den Farn, dass sie ungehinderte Sicht auf die Schule hatten, ohne selbst gesehen zu werden. Eine gute Position – solange das Treffen nicht irgendwo im rückwärtigen Teil des Gebäudes stattfand.
»Jetzt«, flüsterte Carter, »heißt es abwarten.«
Der Vollmond über ihnen tauchte das Gelände in einen gespenstischen blauen Schimmer, die Sicht war dementsprechend gut. Und so bekamen sie auch jede Bewegung mit, als zwanzig Minuten später ein paar schattenhafte Gestalten das Gebäude durch den Vordereingang verließen und den Weg zur Kapelle einschlugen.
Carter gab Allie ein Zeichen, ihm zu folgen, und sie liefen langsam den Pfad entlang, darauf bedacht, Zweigen auszuweichen, deren Knacken sie hätte verraten können. Carter ging etwa drei Meter vor ihr, er achtete darauf, dass die anderen gerade so viel Vorsprung hatten, dass sie ihre Schritte nicht hören konnten.
In der Nähe der Kapelle hörten sie Stimmen. Carter verringerte das Tempo und fasste Allie am Arm. Kurz vor der Friedhofsmauer blieben sie stehen. Das Törchen stand offen. Carter schlich hindurch, drehte sich zu Allie um und bedeutete ihr dann, ihm zu folgen.
»Deine Theatralik ödet mich wirklich an, Nathaniel!«
Isabelles Stimme . Allie konnte sie deutlich hören, obwohl sie niemanden sah. Aber wo ist sie?
Sie folgte Carter um Grabsteine, Felsbrocken und andere Hindernisse herum zu der Eibe.
»Beeil dich«, wisperte er.
»Tu ich doch«, maulte sie.
Er stemmte sich auf den großen, tief hängenden Ast hinauf, beugte sich dann zu ihr herunter und zog sie an der Hand zu sich hoch. Auf diese Weise kletterten sie Ast für Ast den alten Baum hinauf, bis sie ein gutes Stück oberhalb der Mauerkante waren. Carter saß einen Ast über Allie. Sie konnte ihn zwar nicht sehen – dazu hätte sie ihren Kopf recken müssen –, doch sie spürte noch immer die Spannung in seinem Körper. Er war wachsam, bereit.
Durch das Geflecht der Zweige hindurch sahen sie den Bach, der hinter der Kapelle zum Weiher floss. Zum Glück erleuchtete der Mond die Szene.
Ein Mann stand bis zu den Knien im hohen Gras am anderen Ufer. Neben ihm hockte reglos wie eine Statue ein großer Deutscher Schäferhund. Isabelle stand direkt gegenüber, auf der näher liegenden Seite des Baches. Sie hatte die Arme verschränkt, und ihre Körpersprache verriet, wie sehr sie das Ganze nervte.
Von ihrem Hochsitz aus musterte Allie Nathaniel fasziniert. Er war mittelgroß und hatte dichtes, dunkles Haar. Bekleidet war er mit einer dunklen Hose und einem kurzärmeligen, schwarzen Shirt, auf der Nase saß eine modische Brille. Eine in jeder Beziehung gewöhnliche Erscheinung. Und doch strahlte er etwas Machtvolles aus; allerdings hatte er eher etwas von einem Panther als von einem Löwen.
Die Rektorin war ungewöhnlich gekleidet – eine schlichte, schwarze Tunika sowie Leggings und kniehohe Stiefel. Vermutlich will sie tough aussehen .
»Mich interessiert nur eins, Isabelle.« Nathaniel hatte einen nicht unangenehmen Bariton, trotzdem bekam Allie Gänsehaut. »Nämlich, ob du endlich bereit bist, das Richtige zu tun?«
Isabelle ignorierte die Frage. »Wie kommt das auf einmal, Nathaniel? Ich dachte, du wärst mit unserer Abmachung zufrieden.«
Ein Windstoß raschelte in den Bäumen, und einen Augenblick lang konnte Allie nichts mehr verstehen. Als sie die Stimmen wieder hörte, sprach gerade Nathaniel.
»… deshalb habe ich zugestimmt, es
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