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Nightshifted

Nightshifted

Titel: Nightshifted Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cassie Alexander
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auf die Knie fallen.
Mein Instinkt befahl mir, zwei Finger an ihren Hals zu legen und nach einem
Puls zu suchen, aber … wenn ich das tun wollte, würde ich meine Finger in eine
der vielen, tiefen Wunden legen müssen. »O mein Gott, Sike …« Stattdessen hielt
ich eine Hand vor ihre Nase und prüfte, ob ihre Brust sich hob.
    Â»Mister Weatherton?«, fragte sie.
    Â»Nein, ich bin’s, Edie. Bleib liegen«, befahl ich
ihr, auch wenn keine Gefahr bestand, dass sie aufstehen könnte. Ich rannte ins
Badezimmer zu dem Plastikeimer, in dem ich alles aufbewahrte, was ich im
Krankenhaus so »zusammengeklaut« hatte. Über einem dichten Kern aus
Verbandsmull häuften sich ungefähr hundert Alkoholtupfer, halb aufgebrauchte
Rollen mit Tape und diverse andere Krankenhausutensilien. Auf dem Weg zurück
schnappte ich mir noch ein Handtuch.
    Â»Wir sollten das auswaschen, Sike.« Sie wirkte
weniger ausgeblutet, sondern eher angenagt. Die stichförmigen Wunden waren so
zahlreich, dass sie stellenweise ineinander überzugehen schienen – als hätte
Anna sie gebissen und dann wie ein gnadenloser Hund geschüttelt. Jede
Karrierechance, die Sike in der Modelbranche vielleicht gehabt hatte, war nun
dahin.
    Â»Sie hat es gebraucht«, meinte Sike. »Ich habe ihr
gesagt, dass es okay sei.«
    Ich versuchte, das kleine Mädchen, das sich im Schlaf
an mich gekuschelt hatte, gedanklich mit dem Ding überein zu bringen, das diese
Spuren hinterlassen hatte. Es gelang mir nicht. »Such bloß keine
Entschuldigungen für sie. Sie ist so gut wie unsterblich – du nicht. Kannst du
dich aufsetzen?«
    Sie versuchte zu nicken, zischte schmerzerfüllt und neigte
sich dann fast unmerklich nach vorne. Ich schob das Handtuch unter ihren Kopf,
auch wenn es jetzt nicht mehr viel bringen würde, meine arme Couch war bereits
ruiniert. Dann holte ich einen Waschlappen, tränkte ihn mit Kochsalzlösung –
die ich absolut vorsätzlich in der Klinik gestohlen hatte, nachdem ich einmal
eine wirklich fiese Wunde am Knie gehabt hatte – und tupfte damit ein paarmal
ihren Hals ab, wobei ich mir wünschte, der Waschlappen wäre ebenfalls steril
gewesen.
    Â»Es wird verheilen. Mr. Weatherton wird mir helfen.«
    Â»Helfen? Wie denn? Mit noch mehr Blut?« Ich riss
jedes Mullpäckchen auf, das ich hatte, und befeuchtete die Verbände mit der
Kochsalzlösung. Das Thema Anna hatten wir noch nicht angeschnitten. Ich konnte
sie ja auch nicht einfach so hier zurücklassen.
    Sike lächelte schwach. »Ich fühle mich wieder wie ein
Mensch.«
    Ich schnaubte. Gleichzeitig faltete ich die nassen
Verbände und drückte sie auf die offenen Stellen an ihrem Hals. Anschließend
suchte ich mir eine Rolle Druckverbandstape und riss einige Streifen ab, die
lang genug waren, um alles an Ort und Stelle zu halten.
    Ich machte meinen Job nicht schlecht. Als ich fertig
war, sah sie einigermaßen gut aus. Zwar immer noch blasser als gewöhnlich, was
wirklich verdammt blass war, doch jetzt wirkte sie nicht mehr wie ein
Mordopfer, sondern eher wie die Überlebende eines Unfalls.
    Â»Du hättest mich auch einfach wecken können, weißt
du«, meinte ich, als alles getan war. Wann war das passiert? Bevor Anna sich an
mich geschmiegt hatte, oder danach?
    Â»Tja, weißt du, ich war ziemlich beschäftigt«,
erwiderte sie im selben Tonfall.
    Â»Mit Bluten?«
    Sike zog einen Schmollmund, dann stützte sie sich auf
die Rückenlehne der Couch und stemmte sich hoch. Das Handtuch wollte ihr
folgen, doch ich riss es ab.
    Â»Tja«, meinte ich dann und sah mich im Zimmer um.
»Sie steckt wohl nicht im Backofen, oder?«
    Â»Was?«
    Â»Vergiss es.« Hätte ich meine alten Esszimmermöbel noch gehabt, hätte
ich mich jetzt auf einen der freien Stühle gesetzt, die dort gestanden hätten.
Nun setzte ich mich im Schneidersitz auf den Boden. »Und, wo ist sie?«
    Â»Sie ist ausgegangen.«
    Â»Ausgegangen … wohin?«
    Â»Du hast ja keine Ahnung. Das kannst du unmöglich
verstehen«, begann Sike. »Sie war seit ungefähr einem Jahrhundert nicht mehr
richtig frei …«
    Â»Was?« Ich stützte den Kopf in die Hände. Plötzlich
hatte ich das Gefühl, als hätte mir jemand in den Magen geschlagen. »Soll das
ein Witz sein? Sie ist weg? Wieso?«
    Â»Jemandem wie mir steht es nicht zu, das

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