Niklas Pettersson - Im Labyrinth der Finsternis (German Edition)
verlassen konnte,
überlegte, wie sie es am Schlauesten anstellte, diesen kleinen Jungen mit sich
zu locken. Hatte sie doch vergessen, sich Flügel zu zaubern, sie ärgerte sich
über diesen Fehler. Sie wusste, dass dieser Junge Niklas hieß. Er kam als
Findelkind zu Thor und war ein Mensch. Trotz seiner menschlichen Gestalt sollte
er einmal Herrscher über alle Trolle im Norden werden. Das hatte ihr das
magische Auge in ihrer Kristallkugel verraten. Hera beunruhigte das sehr, denn
dieser Knabe würde sicher ihre bösen Pläne zunichtemachen.
„Du kannst ruhig mit mir kommen, es passiert dir nichts.“ Niklas war
unbehaglich zumute. Woher kam dieses Wesen, und wieso hielt es sich gerade
jetzt im Wald auf. Er sagte leise:
„Nein danke, ich suche lieber selbst den Weg“, und wollte fortlaufen,
doch es gelang ihm nicht. Es schien, als ob diese Kreatur ihn mit unsichtbaren
Händen festhielt. Unerwartet erklang da die Stimme des Baumes. Mit tiefer,
dröhnender Stimme brüllte er so laut, dass der Waldboden bebte:
„Lass den Jungen gehen, du böse Hexe.“ Erschrocken
hielt Hera inne, das war der Moment, als Niklas sich losreißen konnte. Er
rannte, als hetzten wilde Tiere hinter ihm her und konnte kaum noch etwas
erkennen, doch das war ihm gleichgültig, nur weg von dieser Hexe. Hera war
überrascht, fassungslos stand sie noch immer am selben Fleck. Sie konnte sich
nicht erklären, woher dieses Gebrüll kam. Wütend sah sie sich um, kein Wesen
weit und breit. Sie schrie:
„Impedimentus“
Jedoch geschah nichts, Niklas lief unbehelligt zwischen den Bäumen weiter.
Binnen kurzer Zeit verwandelte sie sich wieder in ein Gespenst und schwebte mit
wehenden Haaren verärgert davon. Hera, die nicht real war, sondern nur eine
Täuschung, schwor, dem Jungen bald einen Besuch abzustatten oder ihn zu sich in
ihre Höhle zu locken. Da sie ein magisches Auge besaß, konnte sie ihr Scheinbild
lenken.
Niklas wusste nicht, wie lange er schon gerannt war, immer wieder hatte
er sich umgesehen. Glücklicherweise verfolgte das Gespenst ihn nicht. Nun war
er außer Atem, blieb einen Moment stehen und sah sich um. Da entdeckte er in
der Ferne plötzlich ein helles Licht. Mutig tastete er sich voran und stand
bald vor dem Baum, aus dessen mächtiger Krone die Helligkeit kam. Er musste
seinen Kopf in den Nacken legen, um etwas zu erkennen. Da oben schien ein
Baumhaus zu sein. Die Leiter aus geflochtenen Kletterpflanzen an dem dicken
Stamm führte bis zur Hütte. Er beschloss, hinaufzusteigen. Eigentlich hatte er
ein bisschen Angst, was wäre, wenn ein Riese dort oben lebte? Er kletterte und
kletterte und traute sich nicht, nach unten zu sehen, denn er glaubte, er müsse
schon fast im Himmel sein. Endlich erreichte er das Ende der Leiter, krabbelte
über Äste und Zweige und stand vor einem wunderschönen Baumhaus. So eines
wollte er schon immer haben, und Papa hatte ihm versprochen, ihm eines Tages eines
zu bauen. Er sollte nur immer in der Schule fleißig sein. Bei diesem Gedanken
traten ihm wieder Tränen in die Augen. Er würde nie so ein Haus bekommen, da er
verloren war und nicht mehr in die Schule gehen konnte. Nie mehr würde er
seinem Vater zeigen können, wie fleißig er war. Bei diesem Gedanken wurde er
traurig. Da ertönte eine helle Stimme, die unsicher fragte:
„Ist da jemand?“ Niklas erschrak, er hatte nicht gedacht, hier jemanden
zu treffen. Er war zu müde, um sich weiter zu verstecken. Vor ihm zeigte sich
eine Gestalt, die kleiner und zierlicher war als er. Noch nie hatte er so ein
Geschöpf gesehen, ob das eine Fee war? Sie sah ganz anders aus, als das Wesen
im Wald. Sein Vater hatte ihm einmal eine Geschichte erzählt, die von guten
Feen handelte. Eigentlich sah dieses kleine Etwas so ähnlich wie er aus – wenn
man einmal von seinen strubbeligen Haaren absah. Außerdem hatte es am Rücken
zwei Flügel, die in vielen Farben schimmerten. Wovor sollte er also Angst haben?
„Ich bin Niklas“, antwortete er und krabbelte auf Händen und Füßen, da
ihm das Ganze etwas wackelig vorkam. Das kleine Wesen wäre vor lauter Schreck
fast gestolpert. Hier in seinem Baumhaus hatte es nie einen Besucher erwartet.
Nachdem es sich von dem Schreck erholt hatte, ging es vorsichtig auf ihn zu.
„Du heißt Niklas?“, fragte es erstaunt.
„Ja, und ich bin ein Troll“, erwiderte er stolz und zitterte immer noch
vor Aufregung. „Wer bist du denn, etwa eine Fee?“
„Wie kommst du darauf, hast du schon mal eine Fee
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