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Nikotin

Nikotin

Titel: Nikotin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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entpuppte sich als eine Frau, die sich von ihrer Tochter in geradezu spaßiger Weise unterschied. Wo Miss Milray herb und hart war, war sie weich; wo Miss Milray eckig war, war sie rund. Ein riesiger Fettkloß, saß sie unbeweglich in einem Lehnstuhl, der so am Fen s ter stand, dass sie alle Vorgänge der Außenwelt beobac h ten konnte.
    »Oh, Sir Charles, Ihr Besuch ehrt mich sehr!«, schna t terte sie. »Ich habe so viel von Ihnen durch meine Violet gehört. Sie ahnen nicht, wie sehr sie Sie bewundert! Welch interessante Jahre hat ihr die Arbeit mit Ihnen verschafft! Wollen Sie nicht Platz nehmen, Miss Lytton Gore? Sie müssen entschuldigen, wenn ich nicht aufstehe. Ich bin seit Langem schon gelähmt. Eine Prüfung, die mir unser Herrgott geschickt hat und über die ich mich nicht beklage. Man gewöhnt sich an alles, sage ich immer. Vielleicht möchten Sie eine kleine Erfrischung haben nach der Fahrt?«
    Sowohl Sir Charles als auch Egg behaupteten, keiner Erfrischung zu bedürfen, aber Mrs Milray setzte sich da r über hinweg. Nach orientalischer Art klatschte sie in die Hände, worauf Tee und Biskuits gebracht wurden. Wä h rend sie knabberten und tranken, lenkte Sir Charles auf den Grund ihres Besuches über.
    »Ich vermute, dass Sie über die traurigen Umstände von Mr Babbingtons Tod Bescheid wissen«, sagte er.
    »Ja, ja. Ich habe alle Zeitungsberichte darüber gelesen. Wer kann ihn nur vergiftet haben? Er war ein netter Mann und so beliebt hier. Seine Frau und die Kinderchen ebenfalls.«
    »Uns bringt das Dunkel, das sich durchaus nicht lichten will, fast zur Verzweiflung. Wir dachten, ob Sie, Mrs Mi l ray, uns vielleicht helfen könnten?«
    »Ich? Aber ich habe die Babbingtons ja seit über fün f zehn Jahren nicht mehr gesehen.«
    »Das weiß ich. Doch liegt die Erklärung für seine E r mordung möglicherweise in der Vergangenheit.«
    »Bewahre! Sie lebten ganz bescheiden und still – mus s ten sich natürlich mächtig einschränken mit den vier Kindern.«
    Hierauf zeigte Sir Charles der umfangreichen Dame die Vergrößerung einer Momentaufnahme des Ehepaares Dacres, ferner ein älteres Bild von Angela Sutcliffe, und eine etwas verschwommene Abbildung von Miss Wills, aus einer Zeitung herausgeschnitten. Mrs Milray betrac h tete sie alle mit großem Interesse, aber ohne ein Anze i chen des Erkennens.
    »Nein, ich erinnere mich an keine dieser Personen. Fünfzehn Jahre sind zwar eine lange Zeit. Aber in uns e rem Dorf gibt’s kein großes Gehen und Kommen. Die Töchter von unserem alten Doktor sind alle verheiratet und ausgeflogen; der gegenwärtige Doktor ist Junggeselle. Dann war da die alte Miss Caylays, die immer in dem großen Kirchenstuhl saß – tot. Die Richardsons – er e benfalls tot und sie nach Wales verzogen. Violet hätte Ihnen dasselbe sagen können wie ich, Sir Charles. Sie war damals ein junges Mädchen und ging häufig ins Pfarrhaus hinüber.«
    Charles Cartwright versuchte, sich Miss Milray als ju n ges Mädchen vorzustellen, doch er vermochte es nicht.
    Er fragte, ob Mrs Milray der Name Rushbridger b e kannt sei, und als sie auch dies verneinte, sah er die Zwecklosigkeit weiteren Verweilens ein und nahm li e benswürdig von der Mutter seiner tüchtigen Sekretärin Abschied.
    Dann folgte ein Lunch im Bäckerladen, obwohl Sir Charles nach Fleischtöpfen in einer größeren Ortschaft Verlangen zeigte. Jedoch Egg wies auf die Möglichkeit hin, hier etwas Dorfklatsch zu hören.
    »Sie werden sich an gekochten Eiern und Weizenk u chen nicht den Magen verderben«, sagte sie streng. »Pfui, wie anspruchsvoll sind doch die Männer!«
    Die Frau, die sie bediente, war mitteilsam genug. Auch sie hatte die Nachricht von der Exhumierung der Leiche in der Zeitung gelesen und sich darüber aufgeregt, dass so etwas dem »alten Vikar« passieren müsse. »Ich war damals ja noch ein Kind, aber ich erinnere mich seiner ganz g e nau.«
    Doch Aufschlüsse irgendwelcher Art konnte sie nicht geben. Nach dem Lunch ging Cartwright mit Egg zur Kirche und sah die Eintragungen von Geburten, Heiraten und Todesfällen durch – ein nutzloses Beginnen! Als sie die Kirche verließen, verweilten sie ein wenig auf dem Friedhof. Egg las die Inschriften der Grabsteine.
    »Was für sonderbare Namen es hier gibt!«, meinte sie. »Sehen Sie: Hier ruht eine ganze Familie von Stavepennys und hier eine Mary Sticklepath.«
    »Kein Name ist so sonderbar wie meiner«, murmelte Sir Charles.
    »Cartwright? Ich finde ihn nicht

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