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Nimm Platz und stirb

Nimm Platz und stirb

Titel: Nimm Platz und stirb Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Gruhl
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gewesen.
    »Ich sagte: Fang doch erst mal an. Sie
werden die drei Tage zugeben. Vorher jammern sie immer.«
    »Was heißt zugeben! Nichts geben sie
zu! Serkoff will nicht finanzieren, wenn ich seine Änderung nicht akzeptiere.
Sie sind blödsinnig, aber wenn ich sie mache, brauche ich zweiunddreißig Tage!
Mindestens! Und Nathan will den Film nicht machen, wenn ich ihm nicht
neunundzwanzig Tage garantiere. Zwei Verrückte! Zwei Idioten! Zwei komplette
Idioten!«
    Ich nahm die Flasche in die Hand, aber
ich kam nicht zum Einschenken. Mit dem Stichwort Idioten öffnete sich die Tür.
Serkoff und Kirschbaum kamen herein.
    Serkoff war der Chef unseres
Filmverleihs. Das bedeutete, daß er die Filme an die Kinos verlieh und von dem
eingespielten Geld neue Filme machen ließ. Wenn die Filme schlecht waren und
nichts einspielten, machte er trotzdem neue. Wie er das auf die Dauer aushielt,
war sein Geschäftsgeheimnis. Kirschbaum war der Besitzer unserer
Produktionsfirma, einer der Leute, die für Serkoff die Filme machten. Er lebte
im wesentlichen davon, daß er von Serkoff mehr Geld herausholte, als er für die
Herstellung des Filmes brauchte. Deshalb war es ihm auch gleichgültig, ob der
Film gut oder schlecht wurde; die Hauptsache war, daß er nicht zuviel kostete.
So hatten die beiden immer reichlich Gründe, sich zu streiten. Im Augenblick
aber schienen sie eine geschlossene Front zu bilden. Sie sahen aus wie zwei
Gefährten von François Villon, die gerade mit ihm gehängt werden sollten.
    Valentin Serkoff war fünfzig; demnach
sieben Jahre alt gewesen, als er Rußlands heilige Erde hatte verlassen müssen,
weil der Genosse Lenin sie brauchte. Er war für einen Filmverleiher erstaunlich
schlank und trug meistens einen Filzhut, den er tief in die Stirn schob, wie
ein amerikanischer Rekrut beim ersten Ausgang. Darunter hatte er das Profil des
Teufels, mit Teufelsaugen und einer teuflischen Stimme. Sonst war nichts
Teuflisches an ihm, nur daß er immer genau wußte, wenn ihn jemand betrügen
wollte. Er hatte überall in der Welt fürchterlich reiche Verwandte, aber er
mußte sich ausgerechnet bei uns herum treiben und uns die Nerven auf
Zwirnsrollen ziehen. Wenn er bei Lenin geblieben wäre, wäre er wahrscheinlich
Minister für die Filmindustrie geworden und hätte Sibirien mit seinen
Untergebenen angefüllt. Dennoch wäre er ein netter Bursche gewesen, wenn er
sich nicht für einen Dichter gehalten hätte. Er dichtete jedes Drehbuch um und
wunderte sich dann über seine Mißerfolge. Ich kam mit ihm aus, weil ich längst
aufgegeben hatte, mich für einen Dichter zu halten, das ist unerläßlich für
einen Drehbuchautor.
    Nathanael Kirschbaum wirkte wie ein
Kreisel, den die Kinder auf der Straße tanzen lassen. Alles an ihm flatterte in
ständiger Bewegung, und mit seiner Energie hätte er ein Kraftwerk in Betrieb
halten können. Er hatte klein anfangen müssen und jeden Pfennig umgedreht, das
tat er auch heute noch. Von Rechts wegen hätte er Blutblasen an den Daumen
haben müssen. Aber sein Laden lief. Keiner seiner Angestellten im ganzen Bau
ließ das Licht länger brennen als unbedingt nötig, weil man nie wissen konnte,
ob Nathan auf tauchte und einen Vortrag hielt über Stromsparen. Von
filmgerechter Bekleidung hielt Nathan nichts. Er trug die ältesten Anzüge auf
und hätte auch einen Kaftan getragen. Seine braunen Augen sahen sämtliche Dinge
im ganzen Gelände zugleich.
    Die beiden Ritter ohne Furcht und
Mitleid steuerten auf unsere Runde zu. Reinhold blickte ergeben zu Gaby
hinüber.
    »Gaby, Kindchen, laß uns einen
Augenblick allein, ja?«
    Das Kindchen trippelte auf leisen
Sohlen über den Teppich hinaus.
    Kirschbaum stieß seinen Beduinenkopf
gegen mich, bevor er sich hingesetzt hatte.
    »Drehbuch fertig?«
    Drehbücher«, antwortete ich. »Drei
waren schon fertig. Nur am vierten, da fehlt noch ein wenig.«
    Serkoff fühlte sich in keiner Weise
getroffen. Seine Augen unter dem Filzhut, den er nicht abgenommen hatte,
schielten zu Reinold.
    »Weiß er, was er ändern soll?«
    »Er weiß es. Aber ich weiß nicht, wie
ich es drehen soll in neunundzwanzig Tagen.«
    Kirschbaum hob die Hände wie ein
Derwisch.
    »Gut, gut, gut! Wollen wir von vom
anfangen, Stefan? Er ändert und du drehst in neunundzwanzig Tagen. Es wird
gehen, es geht alles. Alles geht!«
    Reinold blickte wieder zur Decke.
    »Dann sprechen wir von zwei verschiedenen
Filmen, Nathan. Dieser Film geht nicht in neunundzwanzig Tagen.«
    Serkoff nahm

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